In München gibt es ja viele bayerische Wirtshäuser, in denen sich vor allem die Einheimischen wohlfühlen. Viele Münchner haben da so ihren Lieblingsbayern, in den sie dann gerne auch Besucher von jenseits des Weißwurstäquators mitnehmen, wenn die mal so richtig bayerisch tafeln wollen. Der Donisl am Marienplatz, also im Herzen der Stadt, zählte da lange Jahre nicht dazu. Kaum ein Münchner (erst recht keine Münchnerin), der oder die etwas auf sich hielt, ging dort freiwillig hinein, erst recht nicht, nachdem in den 1980er Jahren Gäste von einer als Personal getarnten Räuberbande systematisch betäubt und ausgeraubt wurden.
So hielten eben die Touristen den Laden am Laufen. Als das Lokal dann abgerissen und 2015 neu eröffnet wurde, sollte es wieder ein Wirtshaus für die Münchner werden. Dies ist dem ersten Pächter des neuen Donisl, Karlheinz Reindl, nur leidlich gelungen. Und nachdem er wegen der durch die Corona-Pandemie ausbleibenden Gäste aufgegeben hatte, übernahm nun Peter Reichert das Lokal, ebenfalls mit dem Anspruch, wieder ein echtes Münchner Wirtshaus zu betreiben.
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Nach etwas Feintuning an der Einrichtung ist der Donisl tatsächlich wieder gemütlicher geworden. Und Details der Speisekarte dürften viele Besucher der "Realen Bierwirtschaft zur alten Hauptwache" schon von der Oiden Wiesn kennen, wo der Wirt und Musikant Reichert das Zelt "Zur Schönheitskönigin" betrieb. Von der nächsten Wiesn an ist er nun zusätzlich Wirt der Bräurosl, das Zelt hat die Hacker-Pschorr-Brauerei nur im Doppelpack mit dem Donisl abgegeben.
Ein "authentischer Ort der Begegnung mit geselligem Genuss und Musikantenstammtischen" will der Donisl jetzt sein. Den Bogen zur Moderne schlägt der Wirt dabei mit einer (derzeit noch geschlossenen) Wein- und Gin-Bar im Obergeschoss und einem kulinarischen Angebot, das von Altmünchner Küche bis hin zum vegetarischen und veganen Angebot reicht. Höchst erfreulich liest sich diese Karte, die der Gast gerne auch mit nach Hause nehmen darf. Dort kann er dann auch gleich diverse bayerische Liedtexte studieren, die in der Karte abgedruckt sind, die "Rittersleut" von Karl Valentin etwa oder "Die Schönheitskönigin von Schneizlreuth". Wir kamen freilich nicht zum Singen, sondern zum Speisen, mit freudiger Erwartung. Denn zum Beispiel das "König Ludwigs Hechtenkraut" hatten wir noch von der Wiesn in angenehmer Erinnerung.
Bei der Lektüre der Karte also fiel uns die Auswahl angesichts des interessanten Angebots nicht leicht. Sollte es etwas mit "Aktivgemüse" sein, das mit etwas Salz und Zucker im Vakuum "aktiviert" wird? Oder lieber Fisch oder Fleisch? Wir entschieden uns zunächst für eine klassische Leberspätzlesuppe (6,90 Euro) und eine Kürbissuppe (6,50) als Vorspeise. Beides schmeckte zum Glück nicht nach Packerl, wenn auch die Kürbissuppe für unseren Geschmack etwas zu dünn war. Eine angenehme Überraschung war die halbe Bauernente mit Blaukraut und Kartoffelknödel, die uns angesichts der üppigen Portion mit 23,90 Euro für ein Innenstadtlokal recht günstig vorkam. Und noch dazu vorzüglich schmeckte: Außen knusprig, innen weich, so soll es sein.
Auch das gebratene Saiblingsfilet (22,90) mit einem als "bayerische Frittata" titulierten Gemüse-Kartoffelauflauf überzeugte, nicht zuletzt weil zum Fisch eine rauchig-süßliche "bayerische Teriyaki-Soße gereicht wurde. Kann man sich gerne ein anderes Mal wieder bestellen. Der Schweinsbraten (15,50 die wirklich große Portion) war zart, die Soße klassisch würzig, der Krautsalat wie es sich gehört. Leider kam das Fleisch mit einer dazugelegten Kruste und einer Art Schweineschwarten-Chip obendrauf, das ist nicht Jedermanns Sache. Hätte nur noch gefehlt, dass in der Speisekarte dies als "bayerisches Topping" angepriesen wird.
Den Zwiebelrostbraten (24,50) zierten leider auch etwas Chips-artige Röstzwiebeln, das Fleisch war dagegen okay, die dazu gereichten Kässpatzn auch, auch wenn durch letztere das Gericht schon ein wenig üppig geriet. Normale Spätzle passen normalerweise besser. Aber immerhin hatte der Käse auch was Gutes, lenkte er doch von der arg dominierenden Rosmarin-Note der Soße ab. Letztere irritierte auch bei der Kalbshaxe (21), die ebenfalls schön saftig auf dem Teller lag und mit Kartoffeln und knackigem Gemüse serviert wurde - über den Fenchel, der dabei war, haben wir uns rein geschmacklich sehr gefreut.
So weit, so solide das alles. Der Service war mal flott, mal - bei vollem Haus - etwas konfus, aber immer freundlich und bemüht. Umso enttäuschter waren wir bei der Nachspeise: Bei der "Münchner Dampfnudel" (6,50) vermisste die Dampfnudel-Expertin am Tisch sowohl Geschmack als auch Fluffigkeit, beim Kaiserschmarrn (11,90) der laut Karte "mit Rosinen, Butter, Zucker und Mandeln karamellisiert" sein sollte, hatten wir mit dem Beikoch eher Mitleid.
Dem Schmarrn hätte vielleicht das ein oder andere Ei mehr gutgetan, und beim Karamellisieren hatte sich ein harter süßer Crunch in der Pfanne gebildet, der nur schwer zu knacken war. Wahrscheinlich kommen wir mal wieder in den Donisl, um beim musikalischen Sonntagsfrühschoppen frisch gebrühte Weißwürste zu genießen und auf die Musikanten anzustoßen (4,90 die Halbe Helles; 5,30 die Weinschorle 0,3; 4,90 für 0,1 Liter Grauburgunder). Für die Desserts kommen wir aber eher nicht.
Adresse: Weinstraße 1, 80333 München, Telefon: 089/2429390, www.donisl.com, Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 10.30 bis 22 Uhr, Sonntag 10.30 bis 15 Uhr.