Der Münchner Uni-Professor Michael Meyen muss wegen seiner Tätigkeit für die "Querdenker"-Zeitung Demokratischer Widerstand zeitweise auf zehn Prozent seines Gehalts verzichten. Das ist das Ergebnis eines Disziplinarverfahrens gegen den Beamten, wie die Landesanwaltschaft auf Anfrage mitteilt. Sie ist eine Behörde des Freistaats, die mögliche Dienstvergehen von Beamten prüft und diese auch sanktionieren kann. Gegen Meyen hat sie im Sommer 2023 ein Verfahren eingeleitet. Über die verhängte Sanktion hatte zuerst die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet.
Die Entscheidung der Landesanwaltschaft, die sie nach einem nicht-öffentlichen Verfahren in einer sogenannten Disziplinarverfügung festgehalten hat, ist aber nicht rechtskräftig. Meyen, der eine Professur für Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) innehat, kann innerhalb eines Monats vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen die Entscheidung der Landesanwaltschaft erheben. Deshalb gilt für ihn weiterhin die Unschuldsvermutung.
Eine Anfrage der SZ, wie er die Sanktion bewerte und ob er dagegen vorgehen werde, ließ Meyen am Freitagnachmittag unbeantwortet. Die dpa berichtet, Meyen habe auf mehrere Anfragen nicht reagiert. Die Sanktionierung Meyens ist ein ungewöhnlicher Vorgang, weil er sich als Professor nicht nur auf die Meinungsfreiheit, sondern auch auf die im Grundgesetz verankerte Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre berufen kann.
Einige Details zum Ausgang des Verfahrens bleiben offen. Die Landesanwaltschaft macht etwa keine Angaben dazu, was sie dem Beamten Meyen vorwirft und gegen welche Dienstpflicht er verstoßen haben soll. Ebensowenig teilt sie mit, wie lang genau ihm das Gehalt gekürzt werden soll. Sie schreibt lediglich, dass es sich um einen "zeitlich mittleren Bereich" handele.
Die Kürzung der Dienstbezüge darf höchstens ein Fünftel betragen und längstens drei Jahre andauern. Die möglichen Sanktionen in Disziplinarverfahren sind in fünf Stufen aufgeteilt: Verweis, Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge, Zurückstufung, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Es handelt sich also auch insgesamt um eine mittelschwere Sanktion, die gegen Meyen ausgesprochen wurde.
Ihren Anfang hat die Geschichte im März 2023, damals machten die Herausgeber der in Berlin erscheinenden Wochenzeitung Demokratischer Widerstand bekannt, dass Meyen fortan Mit-Herausgeber und Kolumnist sei. Die Publikation stammt aus Kreisen radikaler Gegner der Corona-Politik, die Impfkampagne gegen das Virus wurde darin als "Injektionsgenozid" bezeichnet.
Auch Meyen ist seit Langem ein Kritiker der Corona-Politik wie auch des Mediensystems in Deutschland. Nachdem mehrere Medien, darunter auch die SZ, über Meyens Engagement bei der Zeitung berichtet hatten, bat die LMU den bayerischen Verfassungsschutz um eine Prüfung. Kurz danach gab Meyen die Herausgeberfunktion auf, seine Kolumne zu Medienthemen behielt er bei. Als der LMU eine Rückmeldung vom Verfassungsschutz vorlag, übergab sie die Sache der Landesanwaltschaft.
Im Sommer 2023 führte der Berliner Verfassungsschutz die Zeitung und die dahinterstehende "Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand" (KDW) erstmals in seinem Bericht auf. Diese habe sich "zum maßgeblichen Akteur der ,verfassungsschutzrelevanten Staatsdelegitimierung in Berlin' entwickelt", heißt es da. Sie habe "Verschwörungserzählungen und demokratiefeindliche Propaganda" verbreitet. Demokratischer Widerstand sei "das wichtigste Sprachrohr" der Gruppierung.
Ob Meyen noch für die Zeitung schreibt, blieb am Freitagnachmittag unklar. Er selbst äußerte sich nicht, auch die LMU antwortete zunächst nicht auf eine Anfrage. In vier Ausgaben zwischen Ende März und Mitte April schrieb aber jemand anders die Medienkolumne in Demokratischer Widerstand, als "Urlaubsvertretung Prof. Meyen".