Klimaschutz:"Hört zu, wir haben Traktoren"

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Festgeklebt, aber diesmal mit Traktor: Aktivisten der "Letzten Generation" blockieren die Sonnenstraße am Stachus. (Foto: Robert Haas)

Aktivisten der "Letzten Generation" blockieren am Stachus. Sie wünschen sich von der Politik, genauso respektvoll behandelt zu werden wie protestierende Bauern.

Von Bernd Kastner

Heißt von den Bauern lernen, gehört zu werden? Die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" (LG) wollen es zumindest einmal versuchen. "Hört uns zu, wir haben Traktoren", steht auf ihren Tafeln auf der Sonnenstraße am Karlsplatz. Tatsächlich, sie blockieren mit Traktoren, wie die Bauern, die am Montag damit die halbe Republik in den Stau protestierten. Allein, die Klima-Traktoren muss man suchen, zwei Spielzeuggefährte stehen verloren auf dem Asphalt am Stachus, dahinter fünf angeklebte Menschen.

Ernst Hörmann, Münchner Klebe-Senior, sitzt daneben, auf seiner festgeklebten Hand liegt eine Wärmflasche. Wie die Politik mit dem Bauernprotest umgegangen sei, so "respektvoll", das finde er gut. "Das hätten wir uns auch gewünscht." Die Letzte Generation sieht sich bekanntlich der Strafverfolgung ausgesetzt, Durchsuchungen, Verurteilungen, Gefängnis. Woher der Unterschied? Das fragt Hörmann und antwortet selbst: "Es kann kaum am Thema liegen", Klimaschutz sei ja nicht weniger relevant als die Forderung der Bauern nach Subventionserhalt. Also müsse es an den Traktoren liegen, sagt Hörmann grinsend, weshalb man "im Rahmen unserer Möglichkeiten" die Gefährte einsetze. Wirklich Eindruck machen die Mini-Fahrzeuge aber weder auf die Polizei, die ihre Kleber-Löse-Routine abspult, noch auf die Menschen in den gestoppten Autos.

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Eine junge Frau steigt aus ihrem VW-Bus und ruft denen am Boden zu: "Wenn ihr was fürs Klima tun wollt, pflanzt Bäume!" Alternativ könnten sie auch Müll sammeln oder Geld spenden, für die Meere, das fände sie gut. Und ja, der Bauernprotest sei gut, "das geht uns alle an", sagt sie, "auf jeden Fall supporte ich das". Klima sei schon auch wichtig, aber doch nicht so: "Das ist einfach nur: Ich mache mich wichtig." Eine Klebe-Unterstützerin sucht die Diskussion, das macht die junge Frau eher noch wütender. Im Auto warten Baby und Hund, ihr Mann steigt jetzt auch aus. Der Protest, sagt er, bringe jene Leute, die offen seien für Klimaschutz, eher dagegen auf, mancher mache aus Trotz erst recht Dreck.

Nach ein paar Minuten hat die Polizei die Autos rückwärts herausgelotst. Die Unterstützerin verweist auf Protestforscher, die sagten: Protest müsse stören. Aber wo ist ein Erfolg der Klebe-Aktionen zu sehen oder zu spüren? Kein Rückhalt in der Bevölkerung, keine Reaktion der Politik. Nutzt sich die Protestform nicht ab? Die Frau wird nachdenklich. Man diskutiere intern, wie es weitergehen solle, wer eine gute Idee habe, sei willkommen. "Ich bin ratlos." Eine Lehre aus der Stachus-Blockade dürfte sein: Baby-Traktoren bringen dem Klima auch nicht wirklich etwas.

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