Herabsetzung des Wahlalters:"Vor ein paar Jahren hätte ich noch gesagt, mit 16 will ich nicht wählen"

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Miriam Sulubika, Amanpreet Singh Dhillon, Antonius Bußmann und Henrike Ludwig (von links im Uhrzeigersinn). (Foto: privat)

Wie Münchner Jugendliche über das Wählen mit 16 denken.

Von Kathrin Aldenhoff

Esma Mert, 16 Jahre, Auszubildende zur Kauffrau für Büromanagement, aus Schwabing-Nord

Vor ein paar Jahren hätte ich noch gesagt, mit 16 will ich nicht wählen. Aber das hat sich geändert: Wenn ich sehe, wie viele die AfD wählen würden, dann will ich unbedingt wählen, um diese Partei zu stoppen. Ich habe türkische Wurzeln, bin aber in Deutschland geboren und aufgewachsen, und ich fühle mich wohl in diesem Land und in München. Ich will sehr gerne hier bleiben! Deshalb will ich mich einbringen und mich beteiligen. Ich will etwas verändern. Denn die Politik betrifft ja auch mein Leben. An der Realschule hatte ich Sozialkunde, ich kenne mich aus, und auch die anderen Jugendlichen, die ich kenne, würden gerne wählen und ihre Meinung zum Ausdruck bringen.

Antonius Bußmann, 16 Jahre, Schüler am Werner-von-Siemens-Gymnasium, aus Perlach

Antonius Bußmann ist für das Wählen ab 16. (Foto: privat)

Die Bedürfnisse von Jugendlichen werden im Moment in der Politik viel zu wenig berücksichtigt. Deshalb will ich unbedingt wählen! Mit 16 Jahren haben Jugendliche ähnlich viel Ahnung von Politik wie 18-Jährige, aber sie haben einen anderen Blick. Sie gehen noch zur Schule oder ihre Schulzeit ist gerade erst vorbei. Bildung ist eines der wichtigsten Themen überhaupt, neben Umwelt- und Klimaschutz. Wir sollten in der Schule viel früher lernen, wie man sich politisch engagieren kann und wie das politische System funktioniert, damit wir mehr ändern können, für uns und die Generationen nach uns. An meiner Schule habe ich mit einer Lehrkraft eine AG Politik gegründet, wir treffen uns alle zwei Wochen und reden über Politik. Ich kenne viele, die gerne wählen wollen. Wir Jugendliche wollen berücksichtigt werden!

Miriam Sulubika, 16 Jahre, Schülerin an der Fachoberschule, aus Feldmoching-Hasenbergl

Miriam Sulubika möchte selbst noch nicht wählen, fände es aber gut, wenn 16-Jährige das selbst entscheiden könnten. (Foto: privat)

An der Schule habe ich sehr viel über die Hitler-Zeit gelernt, aber wenig über die heutigen Parteien. Es würde mir schwer fallen, mich für eine Partei zu entscheiden, und deshalb möchte ich auch noch nicht wählen. Aber andere 16-Jährige, die besser Bescheid wissen und das möchten, die sollten wählen können. In zwei Jahren kenne ich mich bestimmt besser aus, dann will ich auch wählen. Ich glaube nicht, dass sich Politiker für Jugendliche und ihre Bedürfnisse interessieren. Die interessieren sich eher für die Wirtschaft. Das Schulsystem in Bayern finde ich zum Beispiel nicht gut. Nach der Grundschule bin ich auf die Mittelschule gegangen, mein Weg ist viel schwieriger als der für Kinder am Gymnasium. Es wäre viel besser, wenn die Schüler erst später aufgeteilt werden, ab der sechsten Klasse, oder gar nicht.

Amanpreet Singh Dhillon, 16 Jahre, Auszubildender zum Kaufmann für Büromanagement, aus Eichenau

Amanpreet Singh Dhillon ist gegen das Wählen ab 16. (Foto: privat)

Dass man erst wählen darf, wenn man volljährig ist, finde ich völlig okay. Ich glaube, dass Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren sehr viele Erfahrungen sammeln. Entweder machen sie Abitur oder ihr Arbeitsleben beginnt - in diesem Alter macht man große Fortschritte, und ich glaube, die sind nötig, um bei der Wahl eine gute Entscheidung treffen zu können. Wichtig fände ich es aber, in der Schule früher und mehr über das Thema Politik zu lernen, vielleicht schon ab der siebten Klasse. Es gibt so viel zu lernen, zu den Grundrechten zum Beispiel, und so würden sich bestimmt mehr Jugendliche für Politik interessieren - und sie wären besser informiert. Mit Freunden und der Familie spreche ich selten über Politik. Aber bevor ich das erste Mal wähle, will ich mich auf jeden Fall mit anderen dazu austauschen.

Henrike Ludwig, 16 Jahre, Schülerin am Maria-Ward-Gymnasium, aus Neuhausen

Henrike Ludwig, 16, Schülerin aus München, ist gegen das Wählen ab 16. (Foto: privat)

Persönlich möchte ich noch nicht wählen. Um eine wirklich kluge und fundierte Wahlentscheidung treffen zu können, müsste ich mich noch mehr in politische Themen einlesen. Trotzdem kann ich die 16-Jährigen verstehen, die sich an einer Wahl beteiligen möchten. Jede und jeder sollte sich der möglichen Folgen bewusst sein, die das eigene Handeln bewirken kann. Dazu zählt auch die persönliche Parteiwahl. Meiner Auffassung nach wäre ein Teil der Jugendlichen mit dieser Aufgabe überfordert. Mitunter handeln einige, nicht alle, Jugendliche leider auch verantwortungslos - dafür ist das Wählen zu wichtig. Zwar hatte ich im vergangenen Schuljahr Sozialkunde, aber mir fällt es immer noch schwer, das politische System zu begreifen. Um den Anliegen von Jugendlichen trotzdem Gehör zu verschaffen, engagiere ich mich als Schülersprecherin und in der bildungspolitischen Stadtschülerinnenvertretung München.

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