Die Party-Nächte im legendären Kytaro, dem einstigen In-Griechen Münchens, sind längst vorbei. Das Lokal existiert nicht mehr. Und für Leonidas A., den ehemaligen Geschäftsführer des Kytaro, kam es noch schlimmer. Steuerfahnder des Finanzamtes München waren ihm auf den Fersen. Sechs Jahre lang wurde gegen A. ermittelt. Am Montag verurteilte das Landgericht München I den 63-Jährigen zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren. Nach Überzeugung der Richterinnen und Richter der 6. Strafkammer hat A. Steuern in Höhe von 1,65 Millionen Euro am Fiskus vorbeigeschleust. Der Steuerschaden ist erheblich, sagte die Vorsitzende, Richterin Andrea Wagner. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
2018 war es bei Leonidas A. zu einer Durchsuchung gekommen. Die Steuerfahnder stellten neben Unterlagen, ein komplettes Kassensystem und eine Reihe USB-Sticks sicher. Letztere lagen in einem braunen Kästchen von Gucci. Die Ermittler mussten einen Berg an Daten sichten. Dabei fiel ihnen auf, dass das Lokal weit mehr Waren eingekauft hatte, als in der Buchhaltung vermerkt - unter anderem schwarzen Kaffee. Die entsprechenden Rechnungen sollen anschließend auf Anweisung des Angeklagten "geändert" worden sein. Außerdem müsse sich in der Kasse des Kytaro eine "Manipulationssoftware" befunden haben, die keine Spuren hinterlassen habe, stellte Richterin Wagner bei der Urteilsbegründung fest. Getränke und Speisen sollen im Nachhinein storniert worden sein, obwohl sie einen Tag zuvor verkauft worden waren.
Staatsanwalt Klaus Liebl rechnete Leonidas A. und seinen beiden Verteidigern Lars Kopp und Maximilian Krämer vor, dass ihr Mandant jährlich ein Drittel seines Umsatzes dem Fiskus nicht gemeldet habe. Das Gros der Steuerverkürzungen entfalle auf "Schwarzeinkäufe" für das Kytaro, zeigte sich der Anklagevertreter überzeugt. Insgesamt gehe es um 15 Fälle der Steuerhinterziehung, so Liebl. Er forderte viereinhalb Jahre Haft.
Die Verteidiger des ehemaligen Kytaro-Geschäftsführers indes forderten einen Freispruch für ihren Mandanten. Es gebe keinerlei stichhaltige Beweise für den Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Weder in Deutschland noch im Ausland seien irgendwelche "Vermögenswerte" gefunden worden, die mit den angeblich hinterzogenen Steuern angeschafft worden seien, sagte Rechtsanwalt Lars Kopp. "Der Schatz von Monte Christo", den die Steuerfahnder irgendwo vermuteten, "existiert nicht", sagte er bei seinem Plädoyer und verwies auf den bescheidenen Lebenswandel von Leonidas A., der einen Pkw "Baujahr 2008" fahre. Rechtsanwalt Maximilian Krämer hielt den Steuerfahndern vor, sie hätten ihre Vorwürfe konstruiert - nach dem Motto von Pippi Langstrumpf "Ich mach´mir die Welt wie sie mir gefällt", ätzte der Verteidiger. Alle privaten Ausgaben des Angeklagten seien mit dessen Einnahmen gedeckt.
Welche Strafen bei einem Schaden wie im vorliegenden Fall zu verhängen seien, sei aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe eindeutig, befand Richterin Wagner. Es gehe um Strafen im "nicht mehr bewährungsfähigen Bereich." Dass sich das gesamte Verfahren über sechs Jahre hingezogen habe, sei angesichts der Datenmenge, die die Fahnder haben sichten müssen, nachvollziehbar. Eine rechtsstaatswidrige Verfahrensdauer liege nicht vor.
Leonidas A. steht vor den Scherben seines Lebens. Nach Angaben seiner Anwälte habe er einen Antrag auf Bürgergeld gestellt.