Neuhausen:Warum das Kreativlabor mit der Stadt streitet

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Die Künstlerinnen und Künstler im Kreativlabor an der Dachauer Straße wissen die Lokalpolitik auf ihrer Seite - und beide ärgern sich über die Stadtverwaltung. (Foto: Catherina Hess)

Die Künstlerinnen und Künstler ärgern sich über zu hohe Mieten und zu wenig Mitsprache. Ein Workshop sollte Versöhnung bringen - doch stattdessen antwortet die Stadtverwaltung nun mit einer Beschlussvorlage, die viele Fragen offen lässt.

Von Ellen Draxel

Auf das Kreativquartier als einen Spielplatz der Ideen ist man in München stolz. Als Experimentierraum der Stadtentwicklung sollen Wohnen, Kunst und Arbeiten auf dem Gelände der ehemaligen Luitpoldkaserne zwischen Neuhausen und Schwabing harmonisch miteinander vernetzt werden - und damit das gelingen kann, hat die Kommune eine fast fünf Hektar große Fläche für Ideen und Projekte reserviert.

In dem Teil des Kreativquartiers, der zwischen Dachauer und Schwere-Reiter-Straße liegt und "Labor" genannt wird, finden sich deshalb Theater und Ateliers, Künstler und Künstlerinnen betreiben offene Werkstätten und Designer ihre Studios, es gibt Bildungsinitiativen und sozioökologische Start-ups. Die kulturelle und kreative Szene, so Hoffnung und Ziel zugleich, soll zur Identitätsbildung des neu entstehenden Quartiers beitragen.

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Nur: Auf dem Weg dahin haben sich Nutzer, der künftige Eigentümer, Lokalpolitiker und Stadtverwaltung kräftig verhakt - und das nicht zum ersten Mal. Denn schon seit Jahren knistert es zwischen den kreativen Nutzern, die die Bezirksausschüsse an ihrer Seite wissen, und der Verwaltung. Dabei geht es um mangelnde Mitsprache-Kultur, um Kritik an der Flächenvergabe, um aus Künstler- und lokalpolitischer Sicht zu hohe Mieten. Ein Workshop "mit allen Beteiligten", so sahen es auch Stadtratsmitglieder, sollte klären, wie ein Übergang in die Selbstverwaltung der Mieter gelingen kann.

Die Reaktion beider betroffenen Bezirksausschüsse: strikte Ablehnung

Doch statt eines Termins erreichte die Lokalpolitiker aus Neuhausen-Nymphenburg und Schwabing-West nun eine 55-seitige Beschlussvorlage für die letzte Stadtratssitzung des Jahres an diesem Mittwoch. Das gemeinsame Papier von Wirtschafts-, Kultur- und Kommunalreferat trägt die Überschrift "Kreativlabor stärken" und will Grundlage einer "prozesshaften Transformation" sein.

Die Reaktion der beiden betroffenen Bezirksausschüsse: strikte Ablehnung. "Das ist eine schwierige Beschlussvorlage, weil da alles zusammengemixt wird", erklärte Felix Meyer (FDP) in der jüngsten Sitzung des Gremiums in Neuhausen-Nymphenburg. Folgen könnten die Lokalpolitiker lediglich dem Vorschlag, die bisher bloß als Flächenverwalter eingesetzte Münchner Gewerbehof- und Technologiezentrumsgesellschaft (MGH) endlich zur Eigentümerin der Grundstücke des Labors zu machen.

Das "Schwere Reiter" an der gleichnamigen Straße ist eine der Spielstätten im Kreativlabor. (Foto: Catherina Hess)

Denn inzwischen gibt es auf dem Gelände mit seinen zahlreichen alten Hallen einen Sanierungsstau, der so immens ist, dass irreparable Schäden befürchtet werden, sollte sich dieser Prozess noch weiter verzögern. Diese Eigentumsübertragung an den bisherigen Verwalter, so der Vorschlag der gewählten Vertreter aus den beiden Stadtbezirken, will man möglichst bald im neuen Jahr auf den Weg bringen.

Erst wenn die Eigentumsfrage geklärt ist, soll nach dem Willen der Bürgervertreter Teil zwei der aktuellen Beschlussvorlage debattiert werden, in der es um Partizipation, Kommunikation und Mieten geht - dann aber gründlich. In dem jetzt präsentierten Papier sehen die Bezirksausschüsse diese Komplexe nicht zufriedenstellend abgehandelt. Zu viele Fragen bleiben nach Ansicht der Lokalpolitiker offen: etwa wie bezahlbare Mietpreise garantiert werden können, wie Umbauplanungen aussehen und mit welchen Ersatzflächen Nutzer dann rechnen können, mit welchen konkreten Schritten schließlich die Selbstverwaltung durch die Mieter sichergestellt werden kann.

Einen Workshop mit Vertretern der Verwaltung sieht zwar auch das jetzt vorgelegte Beschlusspapier vor. Doch schon durch diese vom Kulturreferat zu organisierende Planungsrunde sehen die Lokalpolitiker das angestrebte Grundprinzip verletzt, die Ideenfindung von der Basis her anzugehen und nicht umgekehrt. Zumal die momentane Vorlage "noch keine überzeugenden Vorschläge" biete. Die könnten nur unter "Einbeziehung der Nutzer und Nutzerinnen entstehen" - und bisher wurden die Kreativen zu den 55 Seiten noch nicht einmal angehört.

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