Der Deutsche Alpenverein (DAV), der eine weitere Kletter- und Boulderhalle auf dem Gelände des Kletterzentrums München Süd (Thalkirchen) errichten will, hat in der vergangenen Woche seinen Bauantrag zurückgezogen. Denn die Lokalbaukommission habe Ablehnung signalisiert, berichtet Michael Düchs, Mitglied im Vorstand des Vereins "Kletter- und Boulderzentrum München", der von den Mitgliedern der Münchner Sektionen des DAV getragen wird. Das heißt allerdings nicht, dass das Projekt, das von Anwohnern scharf kritisiert wird, vom Tisch ist. Denn der Münchner Alpenverein will nun über seine Mitglieder Druck aufbauen, damit die Stadt doch noch auf seine Pläne einschwenkt.
Seit dem 1. August läuft eine Postkartenaktion und Online-Petition "Ja zum Kletter- und Boulderparadies" (#BoulderStattBeton), die binnen sechs Tagen mehr als 1500 Unterstützer gefunden hat und an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gerichtet ist. Der Alpenverein ist Münchens zweitgrößter Verein. Die 200 000 Mitglieder erfuhren über Facebook von der Unterschriften-Aktion. "Wir wollen das Projekt erklären und der Stadt vermitteln, dass viele Kletterer dahinterstehen", sagt Michael Düchs. Bouldern sei "massiv am Boomen". Es gebe viele Gruppen, die von der neuen Halle stark profitieren würden: vor allem Familien, Menschen mit Behinderung und Leistungssportler.
Bei der Haltung der Stadt hätten sich die Bedenken der Gegner des Bauprojekts durchgesetzt, so Düchs: Der Bezirksausschuss (BA), der Eingriffe in die Frischluftschneise und mehr Verkehr befürchtet, und die Fans des "Schreins", wie die bestehende Freiluft-Boulderanlage genannt wird, die für die Halle abgerissen werden soll. Laut Düchs vertreten sie "Partikularinteressen" und "wollen in ihrem Biotop ihre Ruhe haben".
Beim DAV registriert man einen "Stimmungsumschwung" auf Seiten der Stadtverwaltung. Die Signale seien positiv gewesen, sagt Düchs. Die Neubau-Pläne hätten bei den Gesprächen mit den Fachreferaten zunächst Unterstützung erfahren. Trotzdem habe die Lokalbaukommission nun aufgezeigt, dass das Planungsreferat den Neubau wegen der Eingriffe in Natur und Landschaft ablehnen werde. Wäre der DAV dem nicht mit der Rücknahme des Bauantrags zuvorgekommen, hätte er klagen müssen, so Düchs. "Wir haben bereits eine Dreiviertelmillion Euro verplant."
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hatte in einem Schreiben im November an den Sendlinger BA dargestellt, dass der Bereich der jetzigen Freiluft-Boulderanlage im Flächennutzungsplan für Sportanlagen vorgesehen ist. Sofern es planungsrechtlich zulässig sei und Belange des Naturschutzes erfüllt seien, habe der Bauherr einen Rechtsanspruch auf eine Genehmigung. Nach der Prüfung im Juni weist das Referat aber auch auf sich früher abzeichnende Probleme hin: Die Freiluft-Kletteranlage wurde 1988 genehmigt und dem DAV übertragen. Der fügte 1998 eine Indoor-Kletteranlage hinzu. Im Jahr 2010 wollte der DAV nochmals um eine größere Halle erweitern. Deren Genehmigung musste mit dem Abriss von Gebäuden der SpVgg Thalkirchen zumindest teils kompensiert werden. Die Untere Naturschutzbehörde kritisierte schon damals Grünverlust, Eingriffe in übergeordnete Grünbeziehungen, in die Frischluftschneise.
Diese Problematik stelle sich mit dem Neuantrag erneut, so das Münchner Planungsreferat: Auch wenn das Vorhaben auf der schon genutzten Fläche errichtet werden solle, seien durch den Neubau erneut Eingriffe in Natur und Landschaft fällig. Mangels Fläche könnten diese nur zu 20 Prozent am Ort ausgeglichen werden. Mit dem Neubau der Halle sei mit Auswirkungen auf das Klima, auf das Grundwasser, auf das Landschaftsbild und den Artenschutz zu rechnen. Auch käme es zu Eingriffen in den Baumbestand.
Strittig dürfte sein, was und wie viel der Alpenverein überhaupt bauen darf, welche Dichte eine "Fläche für Sportanlagen" zulässt. Für den DAV ist das klar, jedenfalls hieß es dazu in seiner Stellungnahme an den BA: Sportstätten, Gebäude zur Sportausübung - schließlich gebe es ja nahe dem geplanten Bauplatz schon die Traglufthalle des Tennisvereins und den Kunstrasenplatz des benachbarten Fußballvereins, samt Vereinsgebäude. Doch auch beim DAV ist man sich nicht sicher, dass die eigene Interpretation vor Gericht in jedem Fall Bestand hat. Im Artikel 35 im Baugesetzbuch gebe es "möglichen Spielraum", befürchtet Michael Düchs.