Kita-Gebühren in München:Pauschal und ungerecht

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Die Stadt sollte bei der Gewährung von Zuschüssen nicht zuerst an Kitas und Förderprogramme denken, sondern an die einzelnen Familien.

Kommentar von Jakob Wetzel

Der Streit schwelt in München seit Jahren. Darf die Stadt Zuschüsse verteilen und damit die Gebühren in einem Großteil der Kinderkrippen und Kindergärten deutlich senken, in anderen aber nicht? Das Verwaltungsgericht München hat nun entschieden: Nein. Ein Träger kann sich demnach zwar nicht einfach so in die Gebührenermäßigung einklagen. Doch so, wie die Stadt seit rund zwei Jahren verfährt, geht es auch nicht. Dieses Urteil ist überfällig. Denn die Art und Weise, wie die Stadt die Gebühren gesenkt hat, war nicht nur rechtswidrig. Sie ist auch ungerecht. Es ist Zeit, dass sich daran etwas ändert.

Die Stadt hat die Ermäßigung für die Eltern 2019 daran geknüpft, dass deren Kita der Münchner Förderformel beigetreten ist, einem städtischen Zuschuss-System. In dieser Formel steckt viel Gutes, und die Stadt will, dass möglichst viele Kitas dieser Formel beitreten. Das alles ist legitim; dahinter steht letztlich das Ziel, allen gleiche Chancen auf Bildung zukommen zu lassen. Insofern ergibt das Kalkül Sinn: Eltern geben ihre Kinder eher dorthin, wo sie weniger Gebühren zahlen. Wer die Gebühren nur in einem Teil der Kitas senkt, setzt damit die anderen unter Druck.

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In München aber geht das nicht auf. Und wer es ernst meint mit der Bildungsgerechtigkeit, sollte ohnehin nicht zuerst an Kitas und an Förderprogramme denken, sondern an die einzelnen Familien. Wem es wirklich um diese geht, der darf keinen Unterschied danach machen, ob die Kinder in eine teure oder eine günstige Kita gehen. Die Idee, in teuren Kitas seien nur Kinder reicher Eltern, ist genauso falsch wie die, Kinder reicher Eltern gingen allesamt in teure Kitas. In München haben Eltern allzu oft schlicht keine Wahl: Weil es zu wenige Plätze gibt, müssen sie auch teurere annehmen.

Natürlich sind die Bedenken berechtigt: Profitieren womöglich die Falschen? Aber wer vermeiden will, dass am Ende nur der Gewinn von Investoren steigt, kann darauf bestehen, dass der Zuschuss an die Eltern weitergereicht wird. Wer vermeiden will, dass nur privilegierte Familien profitieren, kann Einkommensgrenzen ziehen. Nur auf die Kita zu sehen, wird der Realität nicht gerecht. Es ist pauschal und ungerecht.

© SZ vom 29.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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