Kinos in München:"Wegen gutem Popcorn kommt keiner"

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Zeigt her eure Handys: Überprüfung der 3G-plus-Regel im Arena Kino in der Hans-Sachs-Straße. (Foto: Stephan Rumpf)

Nach eineinhalb Jahren Pandemie liefern Blockbuster wie James Bond den Kinos endlich die ersehnten Erfolge. Doch die Freude wird von einer gewissen Skepsis getrübt. Wie die kommenden Monate werden, kann niemand vorhersagen.

Von Niccolò Schmitter

"Keine Zeit zu sterben" - einen passenderen Titel für den neuen James-Bond-Film hätte es für die leidgeprüfte Kinobranche kaum geben können. Der britische Geheimagent im Ruhestand tritt bei seiner neuesten Mission nicht nur auf der Leinwand als Retter auf. Auch abseits der Säle wird Bond als Erlöser gefeiert, wenn auch aus anderen Gründen: Der Blockbuster lockte allein in den ersten 14 Tagen mehr als drei Millionen Besucher in die deutschen Kinos. Das hatte es, wie der Hauptverband deutscher Filmtheater (HDF) euphorisch verkündete, seit dem Beginn der Pandemie nicht mehr gegeben. James Bond liefert den Lichtspielhäusern nach über eineinhalb Jahren der Einschränkungen und einer zeitweiligen Schließung von acht Monaten also endlich eine lang ersehnte Erfolgsmeldung.

Auch Markus Eisele, Co-Geschäftsführer der Münchner Kinos Arena, Monopol und Rio-Filmpalast, freut sich über die Rettungsaktion von 007: "Der kam genau richtig." Der Film reiht sich neben "Dune", "Venom" oder "The French Dispatch" in ein starkes Programm ein, das den diesjährigen Beginn der Kinosaison den Betreibern zumindest etwas versüßt. Bei den "gehypten Filmen" läuft es einfach, so Eisele. Der Oktober bewege sich heuer wieder im Durchschnitt eines normalen Oktobers.

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Matthias Stolz, Leiter der Museum-Lichtspiele, zeigt sich mit dem Saisonstart ebenfalls zufrieden. Der sei, nach einem langsamen Beginn, dank einiger beliebter Filme jetzt deutlich besser geworden. Stolz sagt, er habe am Anfang noch große Bedenken gehabt: Haben die Menschen nach acht Monaten der Entwöhnung überhaupt noch Lust auf Kino? Die Antwort: Ja, sie haben Lust. "Ich habe mich zum Glück eines Besseren belehren lassen müssen", gibt er zu. Wie auch andere Betreiber spürt Stolz bei den Zuschauern Begeisterung über den Neustart.

"Wirtschaftlich schwierig, dauerhaft mit einer Zwei-Drittel-Kapazität zu fahren"

Der wird von der seit Anfang Oktober geltenden 3-G-Regelung begleitet, die sowohl den Betreibern als auch den Zuschauern ein klares Hygienekonzept vorgibt. Ins Kino darf nur, wer gegen das Coronavirus geimpft, von einer Infektion genesen oder negativ getestet ist. Den Kinos steht darüber hinaus frei, die 3-G-plus-Regel anzuwenden, bei der Antigen-Schnelltests nicht ausreichen und ein negativer PCR-Test vorgelegt werden muss. Dann dürfen drinnen die Masken fallen und auch die Säle voll besetzt werden.

"Bis auf vielleicht mal Freitag- oder Samstagabend ist es nie wirklich voll": Warteschlange vor dem Rio-Palast am Rosenheimer Platz. (Foto: Stephan Rumpf)

Zu diesem Schritt haben sich auch Arena, Monopol und Rio entschieden. "Die meisten Gäste wollen wieder einen möglichst normalen Kinobesuch erleben", sagt Co-Geschäftsführer Eisele. Dazu gehöre es nun mal, einen zwei- oder gar dreistündigen Film ohne Maske schauen zu können. Auch in den Museum-Lichtspielen gilt die 3-G-plus-Regel, rund die Hälfte lasse die Masken aber trotzdem auf, berichtet Kino-Chef Stolz. Gewisse Bedenken sind den Besuchern trotz aller Euphorie noch anzumerken.

Bezüglich der Auslastung der Säle halten sich viele Betreiber deshalb noch zurück. Die Museum-Lichtspiele lassen mindestens 20 Prozent der Plätze immer frei, und auch Eisele plant mit leeren Sitzen zwischen verschiedenen Gruppen, so gut das geht. Die Frage einer vollen Auslastung stelle sich derzeit ohnehin nicht: "Bis auf vielleicht mal Freitag- oder Samstagabend ist es nie wirklich voll."

Anders die großen Kinos: Das Cinemaxx am Isartor, das Cineplex in Neufahrn und auch der Mathäser-Filmpalast am Stachus haben die 3-G-plus-Regelung bewusst nicht eingeführt. In den Sälen herrscht also nach wie vor vollständige Maskenpflicht. Das sei angesichts hoher Inzidenzen "eine Entscheidung für die Gäste" gewesen, argumentiert Gregory Theile. Theile ist geschäftsführender Gesellschafter der Kinopolis GmbH und damit auch für den Mathäser verantwortlich. Dort halten sie nach wie vor an den Sicherheitsabständen im Kinosaal fest - auch wenn es "wirtschaftlich schwierig ist, dauerhaft mit einer Zwei-Drittel-Kapazität zu fahren."

Die grundsätzliche Zufriedenheit über den erfolgreichen Saisonstart wird daher von einer gewissen Skepsis getrübt. Wie die kommenden Monate werden, kann nun mal niemand vorhersagen. Die Frage, ob zusätzliche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie im Winter getroffen werden, ist für die Kinobetreiber entscheidend.

Und genau davon hängt letztlich auch das Programm ab, wie Stolz erklärt. Denn wenn die Politik den Kulturbetrieb mit neuen Einschränkungen belegt, könne es sehr gut sein, dass die Filmverleiher ihre besten Titel zurückhalten und auf bessere Zeiten warten. Das wäre für die Lichtspielhäuser, die mehr denn je auf Blockbuster angewiesen sind, fatal. "Wegen gutem Popcorn kommt keiner ins Kino", stellt Stolz klar. In der Zeit zwischen Oktober und März müssen sich die Kinos einen finanziellen Puffer aufbauen, der sie über den Sommer bringt. Ob das in den kommenden Monaten gelingen wird, darüber herrschen bei den Betreibern gehörige Zweifel. Um die auszuräumen, dürfte James Bond gerne ein zweites Mal aus dem Ruhestand zurückkehren.

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