Ehemalige Viehmarktbank:Karl Valentin soll umziehen

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Der Brandschutz gewährt für den Betrieb des Valentin-Karlstadt-Musäums wohl nur noch eine Frist bis September. (Foto: Stephan Rumpf)

Weil das "Musäum" in der Innenstadt marode ist, schlägt die Valentin-Karlstadt-Gesellschaft die alte Viehmarktbank als Ausweichquartier vor. Was das mit Humor zu tun hat.

Von Oliver Hochkeppel

Renovierungsstau, Planungshürden, Finanzierungslöcher - viele städtische Kulturinstitutionen sind chronische Baustellen. Ein neuer Vorschlag soll nun den gordischen Knoten bei gleich zwei Problemkindern zerschlagen. So plädiert die Valentin-Karlstadt-Gesellschaft in einem am Montag an die Stadtspitzen, einige Stadtratsfraktionen und die Presse versandten Brief für die Einrichtung eines "Valentin-Karlstadt-Zentrums" in der ehemaligen Viehmarktbank.

Hintergrund des Vorschlags ist die dramatische Situation des Valentin-Karlstadt-Musäums im Isartor. Seit Jahren hängt die Umsetzung aktueller Brandschutzverordnungen wie ein Damoklesschwert über der lange privaten, seit 2018 städtischen Einrichtung. Der Brandschutz gewährt für den Betrieb wohl nur noch eine Frist bis September. Kulturreferent Anton Biebl berichtete dem Kulturausschuss, dass ohne entsprechende Umbauten "ein Museumsbetrieb nicht mehr möglich ist".

Das Problem ist, dass auch und gerade die geforderten Umbauten einen Museumsbetrieb eher unmöglich machen: Abgehängte Decken, Brandschutztüren, ein "Fluchtloch" mit Rettungsleiter und die Einhausung des Treppenhauses würden unter anderem die ohnehin extrem beengten Ausstellungsflächen um mindestens ein Drittel reduzieren. Museumsdirektorin Sabine Rinberger und das Kulturreferat haben daher als Ausweg den Anbau jeweils einer mit einem Wehrgang verbundenen zusätzlichen Turmkonstruktion vorgeschlagen, für die es einen fertigen Entwurf gibt.

"Identitätsprägendes Wahrzeichen der Landeshauptstadt"

Dazu hat freilich die Denkmalschutzbehörde, die über das 1337 vollendete Isartor als "Baudenkmal von überregionaler Bedeutung" und "identitätsprägendes Wahrzeichen der Landeshauptstadt" wacht , mitgeteilt: "Nicht abschließend geprüft, kann aber bereits jetzt gesagt werden, dass denkmalfachlich keine Möglichkeit zur Zustimmung zu dem ... Vorhaben besteht."

Die Valentin-Karlstadt-Gesellschaft - vor 26 Jahren vom Karl-Valentin-Biografen Alfons Schweiggert für alle Valentin-Freunde als "Schutzgemeinschaft" zur Verteidigung von dessen Erbe gegen "falsche Deuter, unerträgliche Schwätzer und Epigonen" gegründet - sieht den Ausweg nun im Umzug in die ehemalige Viehmarktbank. Ein städtisches Gebäude, das - wie oft in der SZ berichtet - seit 25 Jahren weitgehend leer steht und verfällt. Und in das vor ein paar Jahren der Verein "Forum Humor und komische Kunst" einziehen wollte, mit einem fertigen, umfangreichen Konzept samt Investor in der Tasche. Was die Stadt allerdings zugunsten einer öffentlichen Ausschreibung ablehnte. Eine Nutzung hat sich aber seitdem immer noch nicht gefunden.

Die ehemalige Viehmarktbank ist ein städtisches Gebäude, das seit 25 Jahren leer steht und verfällt. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Valentin-Karlstadt-Gesellschaft sieht in einem dort zum Zentrum erweiterten Musäum in Kooperation mit dem "Forum Humor und komische Kunst" die Lösung. Schon alleine, weil man in der Viehmarktbank endlich auch für das umfangreiche, bislang nur lagernde Valentin-Archiv oder das filmische Werk reichlich Platz vorfände. Die mit dem Brief vorgestellte Ideensammlung geht jedenfalls in die Vollen: Von der Auferstehung des "Panoptikums", dem ersten, von Valentin selbst eingerichteten Museum reicht sie bis zur Rekonstruktion des originalen Isartor-"Turmstüberl".

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Die mit dem Maler Hannes König verknüpfte Geschichte des Musäums im Isartor könnte ebenso einen eigenen Platz finden wie die Geschichte der Münchner Volkssängerinnen und -sänger, die vielen Facetten des Künstlers Karl Valentin und seine heutige Bedeutung bis hin zu Valentineskem in aller Welt. Wechselnde Sonderausstellungen, ein Kinosaal und eine Bühne stehen außerdem auf der Liste.

Gerhard Polt hat schon einen Brief an den OB geschrieben

Das "Forum Humor und komische Kunst" steht jedenfalls grundsätzlich hinter der Idee, wenn auch "die Details noch auszuarbeiten wären", wie dessen Vorsitzender Reinhard G. Wittmann betont. Der "Co-Inspirator" des Vereins Gerhard Polt hat sogar schon vor ein, zwei Wochen einen Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter geschrieben, in dem er sich vehement dafür einsetzt, "unser Forum Humor-Projekt mit dem Valentin/Karlstadtprojekt vereint in der Viehmarktbank zu verwirklichen". Man hört, dass Reiter inzwischen alle beteiligten Referate um die Vorlage des Sachstands gebeten hat. Freilich setzt Polt in seinem Brief auch auf die Bereitschaft der Museumsleitung. Sabine Rinberger, die für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, scheint aber den Kampf ums Isartor noch nicht aufgeben zu wollen.

Ein wenig erinnert das Ganze an die Geschichte des Volkstheaters. Auch das war beliebt, aber marode, und musste schließlich umziehen. Was sich am Ende als großer Glücksfall erwies. Wie man heute im Schlachthof-Viertel erleben kann - direkt ums Eck vom Viehmarktbank-Gebäude.

In einer früheren Version dieses Textes, wurde die Viehbank als leerstehend bezeichnet. Das ist nicht ganz korrekt. In einem Teil der Parterreräume des mehrstöckigen Gebäudes ist ein privates Architekturbüro eingemietet.

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