Josephsplatz:Ein Ort zum Wohlfühlen

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Viel Geld hat es gekostet, den Josephsplatz attraktiver zu gestalten. Nun treffen sich tatsächlich mehr Menschen gerne dort, tagsüber wie abends. Aber nicht alle Anwohner wollen das aushalten

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Nüchtern besehen, ist es kaum verwunderlich, dass der Josephsplatz jetzt zum beliebten Treffpunkt trinkfreudiger junger Münchner avanciert ist. Vor einigen Jahren hat die Stadt viel Geld in die Hand genommen, um auf diesem Platz zwischen der Kirche St. Joseph und der Hiltenspergerstraße "attraktive Aufenthaltsflächen zu schaffen", wie es in einer Projektbeschreibung auf der städtischen Homepage heißt. Bei der Eröffnung im Sommer 2017 war die Rede von einem "Juwel im öffentlichen Raum" - doch zum Missvergnügen der Anwohner finden nun, verstärkt durch die Corona-Lockerungen, viele Menschen, dass das neue Schmuckstück ein attraktiver Ort zum lautstarken Feiern in den Abend- und Nachtstunden ist. Ein Anwohner beschreibt es in einem Schreiben an den Bezirksausschuss so: "In den letzten zwei Jahren hat sich der Josephsplatz in eine Partyzone analog zum Gärtnerplatz verwandelt."

Zwei Nachbarn haben jetzt in der Sitzung des Bezirksausschusses vorgesprochen und baten das Gremium um Hilfe. "Ich bitte Sie um ernsthafte Bemühungen", formulierte es eine 74-jährige Anwohnerin. Sie berichtete von lauter Musik bis spät in die Nacht und überhaupt "lärmenden Aktivitäten". Sie habe nichts gegen geselliges Beisammensein, nichts gegen Lachen, "aber es muss nicht Kreischen sein". Ihr Nachbar sprach von sehr viel Müll, den die Feiernden hinterließen, sowie von vielen schlaflosen Nächten. "Man hat als Anwohner keine Chance, zur Ruhe zu kommen", sagte er und präzisierte: "Bis mindestens ein Uhr nachts ist Rambazamba, und zwischen fünf und sechs Uhr morgens rückt dann der Reinigungsdienst an."

Damit erhält der andauernde Unfriede um die Nutzung des Platzes eine weitere Komponente. Denn auch tagsüber gibt es auf dem Josephsplatz seit Längerem Gäste, die so manchem Anwohner unwillkommen sind: jugendliche Skater, die vor allem den denkmalgeschützten Franziskusbrunnen als Parcourselement entdeckt haben und auch rege nutzen. Das laute Gebretter und auch die Schäden am Brunnen führten eine Anwohnergruppe namens "Freunde des Franziskusbrunnens" vergangenes Jahr dazu, in einer Art Guerillaaktion Pflanzentröge an dem Bauwerk zu platzieren, sodass man über die Stufen nicht mehr drüberschlittern kann.

Die städtischen Konfliktschlichter von Akim (Allparteiliches Konfliktmanagement) schalteten sich ein, scheiterten aber zunächst, weil die Anwohnergruppe anonym blieb und nicht auf Gesprächsangebote reagierte. Erst kürzlich meldete sich ein anderer Josephsplatz-Anwohner in der BA-Sitzung und signalisierte, gerne an einem konstruktiven Dialog mit den Skatern mitwirken zu wollen. Einen solchen regt der Bezirksausschuss nun auch aufgrund der Beschwerden über die abendlichen Freiluft-Partys an, Akim wird sich dem sicher nicht verschließen. Doch derzeit dürfte den Profi-Schlichtern die Situation noch nicht so brisant erscheinen wie am viel zitierten Feier-Hotspot Gärtnerplatz.

Denn die örtliche Polizeiinspektion schätze den Platz, was die Nachtstunden angeht, als "verhältnismäßig" ein, berichtet ein Akim-Mitarbeiter in einer E-Mail an Felix Lang (SPD), den mit dem Knatsch um die Skater betrauten Gremiumspolitiker. Zwar seien viel mehr Menschen auf dem Platz zugegen, es gebe aber wenig Anrufe. Und mehr Menschen im öffentlichen Raum werden derzeit überall in München beobachtet, wird die Bewertung der Inspektion wiedergegeben. Als drastisch mochte auch der anwesende Polizeibeamte in der Bezirksausschusssitzung die nächtliche Lage am Josephsplatz nicht einschätzen. Mitunter würden Streifenbesatzungen wegen nächtlicher Ruhestörung gerufen, einige Platzverweise habe man ausgesprochen, sagte er knapp. "Aber wir können da auch nicht dauerhaft präsent sein."

Dauerhaft präsent könnte hingegen doch vielleicht der Kommunale Außendienst (KAD) der Stadt auf dem Platz sein, regen die Maxvorstädter Politiker nun an. Dessen Einsatzgebiet ist allerdings bisher auf das Hauptbahnhof-Umfeld beschränkt, wie das Gremium laut Auskunft der BA-Geschäftsstelle schon vergangenes Jahr zu hören bekam. Damit können die Stadtviertelpolitiker also wohl eines der Anliegen der 74-jährigen Anwohnerin nicht erfüllen. Ernsthaft bemühen will sich der BA aber um ihren zweiten Wunsch: Der zuständige Unterausschuss wird sich eingehend damit befassen, ob zumindest ein Schild auf dem Platz aufgestellt werden soll, auf dem um Rücksichtnahme auf die Anwohner gebeten wird.

© SZ vom 29.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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