Die Aussicht ist phantastisch. Ein idyllischer Bergsee, hinter dem eine Tanne und ein Wipfel emporragen. Doch wir befinden uns nicht auf einer einsamen Berghütte, sondern in einer Kneipe mitten im verschneiten Gärtnerplatzviertel: im Trachtenvogl in der Reichenbachstraße. Das Alpenpanorama hängt als Gemälde an der Wand, daneben eine Kuckucksuhr und ein Hirschgeweih. Auf einem Bildschirm flimmert künstliches Kaminfeuer. Die Sessel sind rot, grün, grau, ziemlich durchgesessen. Die Tische im Raum unterscheiden sich alle in Form und Höhe.
Wegen Umbaus war der Trachtenvogl geschlossen, nun hat er seit fünf Wochen wieder geöffnet. Sofort fällt positiv auf: Die unkonventionelle Einrichtung hat sich kaum verändert. Dafür aber das Konzept. Es hatte seit längerem Ärger mit den Anwohnern gegeben, mittlerweile muss bereits um 22 Uhr der letzte Gast den Trachtenvogl verlassen. Ein Lokal in einem Viertel, in dem die Mieten so hoch sind wie fast nirgends in Deutschland, lohnt da nicht mehr. Deswegen haben die Betreiber das Angebot erweitert: Der Trachtenvogl ist nicht mehr in erster Linie Bar, sondern nun Café-Restaurant. Es wird nicht mehr nur Bier getrunken, sondern richtig gekocht.
An diesem Morgen schreibt die Bedienung gerade die Mittagsgerichte an eine Tafel. Couscous mit Gemüse, Quiche mit Salat, Gnocchi mit Tomaten-Salsicciasauce. Die frühen Gäste bestellen einen Yoghurt mit Früchten oder ein Sandwich mit Ziegenkäse. Und auch das geht gut um diese Uhrzeit: Latte Macchiato zum Mitnehmen. Die Musik ist sanft, über die Lautsprecher läuft Jack Johnson.
Abends wird es dann lauter - und voller. Szene-Gänger in Röhrenjeans und Leggins, mit Jute-Beutel und großen Brillen drängen in die populäre Kneipe, Freitag- und Samstagnacht beschlägt schon mal von innen die große Fensterfront.
Impressionen aus dem Trachtenvogl:Winterlich, gemütlich
Wegen Umbaus war der Trachtenvogl geschlossen, nun hat er seit fünf Wochen wieder geöffnet. Die gemütliche und unkonventionelle Einrichtung hat sich kaum verändert. Dafür aber das Konzept.
Seit mehr als zehn Jahren gibt es nun den Trachtenvogl. Einst war er mit seinem Berliner Flair ein Vorbote der Gentrifizierung im Viertel. Nun, seit die meisten alten Lokale dicht gemacht und die meisten ehemaligen Bewohner ihre Wohnungen verlassen haben, ist er zu einer Konstante am Gärtnerplatz geworden. Während andere Szenebars nach ein paar Monaten wieder verschwinden, ist der Trachtenvogl nur ein wenig braver geworden. Wunderbar für einen Winternachmittag oder gemütlichen Abend, nur eben nicht mehr für eine wilde Partynacht.