Sanierung des Grünwalder Stadions:Geht es nicht eine Nummer kleiner?

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Ein traditionsreiches Fußballstadion mitten in der Stadt, mit neuem Dach für die Zuschauer, ohne großen zusätzlichen Lärm für die Anlieger - für knapp 80 Millionen Euro. Angebracht oder unvernünftig? (Foto: imago images/Ulrich Wagner)

Eine Sanierung des Grünwalder Stadions für nahezu 80 Millionen Euro verträgt sich nicht mit den anstehenden Milliarden-Ausgaben der Stadt in täglich benötigte Infrastruktur. Zumal mit dem TSV 1860 eigentlich nur ein Verein profitiert.

Von Heiner Effern

Was für eine gefährliche Verlockung: ein wunderbares und traditionsreiches Fußballstadion mitten in der Stadt, mit neuem Dach für die Zuschauer, ohne großen zusätzlichen Lärm für die Anlieger. Darin spielt eine Mannschaft, die ihre Anhänger leiden lässt und doch immer wieder glücklich macht, nahezu egal in welcher Liga.

Man muss kein Sportromantiker sein, um sich an einem solchen Szenario zu erwärmen - gerade in einer Stadt, in der so sehr der Glanz und der Erfolg zählen. Wie hartherzig muss man sein, wenn man nicht gerne die knapp 80 Millionen Euro in Kauf nimmt für die Sanierung des Stadions an der Grünwalder Straße, die der Stadtrat am Mittwoch aller Voraussicht nach auf den Weg bringen wird?

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Oder muss die Frage lauten: Wie unklug und unvernünftig muss man sein, um eine solch große Sanierung gerne auf den Weg zu bringen?

Denn ohne romantische Anwandlung zeigt sich ein anderes Bild: Eine Stadt, die in den kommenden fünf bis zehn Jahren vor enormen Investitionen in ihre täglich benötigte Infrastruktur steht und dafür Milliarden Euro Schulden machen wird, saniert ein altes Stadion, um Zweitliga-Fußball darin zu ermöglichen.

In den Jahren zuvor wird sie eine zweite Arena mit Tradition, das Olympiastadion, für noch viel mehr Geld sanieren. Auch darin könnte sie Zweitliga-Fußball ermöglichen. Diese Stadt hat sich erklärtermaßen zum Ziel gesetzt, den Breitensport zu fördern. Nicht den Profisport. Und diese Stadt hat zumindest bis jetzt keinerlei Aussicht, dass sich ihre Investition in das Grünwalder und damit den Berufsfußball irgendwann einmal durch Mieteinnahmen amortisiert.

Ein Nutzer ist pleite, der andere abgestiegen

Denn die Ausgangslage hat sich seit Beginn der Planungen drastisch geändert. Damals drängelten sich drei Mannschaften um Spielzeiten an der Grünwalder Straße, also auch drei Mieter. Nun ist die Situation so: Einer der Vereine ist pleite (Türkgücü München), einer ist abgestiegen (FC Bayern München Amateure), und der dritte (TSV 1860 München) klagt jetzt schon ständig über zu hohe Mieten.

Nur für diesen will die Stadt de facto knapp 80 Millionen Euro ausgeben, wenn es denn so kommt. Nicht für den gemeinnützigen Verein, sondern für eine Profiabteilung, die sich auf Gedeih und Verderb einem Investor ausgeliefert hat, von dem niemand weiß, wie er sich künftig verhalten wird. Einem Investor, der noch vor Kurzem ein eigenes Stadion bauen wollte mit - im Ernst - einem echten Löwengehege.

Lokalpolitiker sollen und müssen immer auch berücksichtigen, was den Bürgerinnen und Bürgern auf der Seele brennt. Da kann diese irrationale Liebe für diesen Verein und diesen Sport auch übergroßes Gewicht erlangen. Ein vernünftiger Mensch könnte sich aber zumindest noch einmal fragen: Geht es nicht eine Nummer kleiner bei der Sanierung? Eine Risikoinvestition in einen Risikoverein bleibt es ohnehin.

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:Wie die Zukunft des Grünwalder Stadions aussehen könnte

Der Sportausschuss stimmt am Mittwoch über die Sanierung ab. Eine Mehrheit wird sich wohl für die mit 77 Millionen Euro teuerste Variante entscheiden - obwohl nur noch zwei Klubs das Stadion nutzen wollen.

Von Joachim Mölter

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