Gasteig-Zwischennutzung:Kulturelle Baustelle

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Vor 2024 wird die Sanierung des Kulturzentrums wohl nicht beginnen. (Foto: Florian Peljak)

Künstler sollen den Gasteig bespielen, bis frühestens 2024 die Sanierung beginnt. Die Stadtverwaltung legt einen Plan dafür vor. Der wichtigste Teil fehlt aber - die Philharmonie.

Von Anna Hoben und Michael Zirnstein

Bis am Gasteig die Sanierungsarbeiten beginnen, wird noch einige Zeit vergehen - vor 2024 wird es wohl nicht soweit sein. Die Rathauskoalition aus Grünen und SPD hat deshalb bereits im vergangenen Herbst ein Konzept zur kulturellen Zwischennutzung der Räume gefordert. Das Referat für Arbeit und Wirtschaft hat nun ein solches entwickelt, an diesem Mittwoch soll der Stadtrat darüber abstimmen. Die nicht-öffentliche Vorlage liegt der SZ vor. Eine Zwischennutzung sei mindestens bis Ende 2023 möglich, heißt es darin. Dann soll die Generalsanierung des Kulturzentrums im Investorenmodell vergeben werden.

Im Gasteig finden sich verschiedene Räume in ganz unterschiedlicher Größe: Säle, Unterrichts- und Übungsräume, Bibliotheksräume, Ladenflächen, Cafeteria, Freiflächen im Außenbereich, Dachflächen. Um den Aufwand bei der Gasteig München GmbH möglichst gering zu halten, sieht der Vorschlag des Referats vor, die Räume an einen oder mehrere, höchstens aber drei Hauptnutzer zu vergeben. Dieser Hauptmieter soll dann die Möglichkeit haben, die Räume bis zu einer noch festzulegenden Grenze unterzuvermieten. Zu den Konditionen schlägt das Referat zwei Optionen vor: neben der Vermietung zu sieben Euro pro Quadratmeter auch die kostenfreie Überlassung. Beides soll für kulturelle Nutzungen gelten; bei einer gewerblichen Nutzung soll neben einer Mindestmiete auch eine Umsatzpacht zu zahlen sein.

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Die Hochschule für Musik und Theater sowie die Volkshochschule werden bis zum Ende der Zwischennutzung weiterhin Flächen in ihren Bereichen anmieten. Städtischen Nutzungen, etwa Festivals, soll ein Vorbuchungsrecht eingeräumt werden. In diesen Zeiträumen müssen die Zwischennutzer auf die jeweiligen Flächen verzichten. Auch die Flächen, die das Gesundheitsreferat aktuell nutzt, etwa für das Impfzentrum und das Contact Tracing Team, stehen bis auf Weiteres nicht für eine kulturelle Zwischennutzung zur Verfügung. Diese Nutzungen sind bis Ende 2022 vorgesehen, mit der Option auf Verlängerung bis Ende 2023. Das Referat geht für die Zwischennutzung von Kosten zwischen 5,2 und 6,7 Millionen Euro aus, je nachdem, welche Option bei den Mietpreisen gewählt wird.

Die Gasteig München GmbH soll die verfügbaren Flächen bekannt machen. Bis zu einem festgelegten Datum sollen Bieter die Möglichkeit haben, Projekte und Vorhaben inklusive eines Finanzierungsmodells einzureichen. Während der Bekanntmachung soll es Besichtigungstermine vor allem für die freie Szene geben. Eine Jury soll die Projekte und Vorhaben nach mehreren festgelegten Kriterien auswählen. Der Fokus der Zwischennutzung soll auf Proben von Musikern und der Erarbeitung von Produktionen liegen. Mit dem Verfahren zur Vergabe soll laut der Vorlage "sofort" begonnen werden, damit die Zwischennutzungen möglichst bald starten können.

Wie wird der Saal genutzt? Die grün-rote Rathauskoalition wird im Stadtrat Fragen zur Philharmonie haben. (Foto: Florian Peljak)

Was in der Vorlage allerdings fehlt: die Philharmonie. Wie man auch diesen Saal nutzen kann, das Herzstück des Gasteigs, wird in der Vollversammlung auf jeden Fall zum Thema werden, wie aus der grün-roten Rathauskoalition zu hören ist. Der Antrag von Grünen und SPD zielte schließlich explizit auf Zwischennutzungen für das gesamte Gebäude ab. Da könnte es also einen Ergänzungsantrag geben - und einen solchen fordert die Veranstalterbranche auch. "Die Philharmonie soll Teil des Konzeptes werden und das muss schnell passieren", sagt zum Beispiel Andreas Schessl, Chef des großen Klassikveranstalters Münchenmusik. Gasteig-Insider haben allerdings eine Menge Bedenken. So sei es sehr kostspielig, die Philharmonie im gegenwärtigen Zustand weiter zu betreiben, sie sei ein Energiefresser, Brandschutzklappen müssten akut ausgetauscht werden, das Impfzentrum müsse dann als Mieter von den Flächen im Foyer weichen, technisches Personal sei in der angespannten Lage nicht zu bekommen, und gerade in ihrer ersten Saison befürchtet man eine Konkurrenz zur Isarphilharmonie.

In einer "kulturinteressierten Stadt wie München" könne es durchaus zwei große Säle geben, zumal diese ja auch nach der Sanierung gefüllt und bespielt werden müssten, hält Schessl entgegen. Er wolle nur Konzerte in der alten Philharmonie anbieten, die dem Programm im Interimssaal keine Konkurrenz machten. Kosten für die Ertüchtigung sollten ihm oder anderen Veranstaltern dabei aber nicht entstehen: "Es muss ein unterstützendes Wohlwollen der Stadt dabei sein, damit das stemmbar ist", sagt der Veranstalter. Es sei Aufgabe der Verwaltung, "die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, um der Kulturszene die Möglichkeit zu geben, sich weiterzuentwickeln - dann kann eine Stadt nur gewinnen".

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