Kritik:Mordsfidele Opernrevue

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Spannungsreiche Beziehung: Peter Neustifter (unten) als Mozart und Erwin Windegger als Antonio Salieri. (Foto: Christian Pogo Zach)

Die Premiere von "Mozart muss sterben" im Gärtnerplatztheater gibt dem Ensemble die Gelegenheit zu glänzen.

Von Paul Schäufele

In der Großen Aula des Justizpalastes fand der Prozess statt. Seitdem ist die Sache eigentlich klar. Nach einem ordentlichen Prozess vor dem Appellationsgericht in Mailand, an dem Zeugen, Ankläger und Verteidiger zusammenkamen, um zu ermitteln: War er's oder war er's nicht? Das Urteil der Beamten: Antonio Salieri ist unschuldig am Tod Mozarts. Der kuriose Prozess fand 1997 statt, aber Ruhe hat der Wiener Hofkapellmeister bis heute nicht.

Zum Abschluss der Saison zeigt das Gärtnerplatztheater eine stark an Peter Shaffers "Amadeus" angelehnte Version der Mord-Legende, die zwar dramaturgisch wenig Neues bietet, aber dem Ensemble die Chance gibt, musikalisch zu glänzen. Und wer die (nach wie vor herausragende) Verfilmung von Miloš Forman kennt, wird viel davon in dem vom Intendanten Josef E. Köpplinger konzipierten "Mozart muss sterben" entdecken.

Mozarts Pferdelachen, die extravaganten Perücken, Salieris Patronage der Mittelmäßigen. Doch es ist vor allem diesem Salieri zu verdanken, dass der Abend zusammenhält, trotz der Übernahme vieler bekannter Motive und den nur zaghaften Versuchen, die alte Geschichte gegen den Strich zu lesen. Erwin Windegger spielt den neidischen Komponisten mit trockenem Minimalismus, was natürlich den Gegensatz zum überdrehten Mozart (Peter Neustifter) markiert. Er macht das so überzeugend, dass man ihn bald gar nicht mehr als Gegenspieler Mozarts mit Vernichtungsphantasien wahrnehmen möchte - eher als einen seriösen Conférencier, der mit der ihm eigenen Eleganz zwischen den Nummern moderiert.

Man will zeigen, was man hat, und damit lässt sich legitim angeben

Den fulminanten Einstieg in diese Mozart-Revue bietet Jennifer O'Loughlins "Martern aller Arten", der Bravour-Arie der Konstanze aus der "Entführung aus dem Serail", con brio gesungen und so raumfüllend, dass das Orchester unter Anthony Bramall kräftig aufspielen muss, um seine konzertanten Einwürfe hörbar zu machen. Nicht weniger dramatisch trumpft Mária Celeng als Donna Elvira auf. Ihr dunkel timbrierter, voluminöser Sopran verleiht dem "Me tradì" aus "Don Giovanni" die nötige Glut. Hellen, sprudelnden Charme versprüht dagegen Anna-Katharina Tonauers Cherubino und ihre Zerlina mit gleichfalls beliebten Mozart-Schlagern. Klar, dass die letzte Premiere der Spielzeit auch eine Ensembleschau ist. Man will zeigen, was man hat. Und damit lässt sich legitim angeben: ein glänzendes Sopranistinnen-Trio, das jeweils verdienten Szenenapplaus bekommt.

Nicht anders ergeht es Lucian Krazneks strahlendem Tamino samt Bildnis-Arie und Daniel Gutmann, der zur Mandoline an einem imaginierten Fenster eine schmeichelnde Canzonetta singt. Doch am schönsten sind vielleicht die turbulenten Opern-Finali, weil hier das ganze junge Ensemble bestens gelaunt zusammenkommt und sich gegenseitig anfeuert. So etwa in dem komplex dynamischen Gruppengesang, den das Endstück des vierten "Figaro"-Akts bietet. War er's oder war er's nicht? Die Frage spielt dann doch keine so große Rolle. Man vergisst das schnell, wenn man ein Ensemble vor sich hat, das durch Spielfreude und Sängerlust jedes Opernpotpourri beleben kann. Case closed.

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