Wie viel mächtiger ein Geschichtenschreiber im Vergleich zu einem Geschichtsschreiber ist, hat wohl kein Dramatiker so selbstbewusst demonstriert wie Peter Shaffer. Sein Theaterstück "Amadeus" und die gleichnamige Verfilmung von Miloš Forman aus dem Jahr 1984 haben das Bild von Mozart als manischem Popstar wohl mehr geprägt als alle faktentreuen Biografien des Komponisten zusammen.
Shaffer hatte sein Stück selbst fürs Kino adaptiert und bekam für dieses Drehbuch einen Oscar. Seine Story funktionierte so gut, weil er wusste, dass man sich dem Mythos eines Genies wie Mozart nicht nur mit lexikalem Wissen nähern darf - sondern vor allem mit der Raffinesse der Dramaturgie. Shaffer stellte Mozart nicht aufs Podest, wie es so viele Biopics mit ihren Helden tun, sondern erzählte dessen Geschichte aus der Perspektive seines schlimmsten Feindes: des minderbegabten Komponisten Antonio Salieri.
Zum Zeitpunkt seines "Amadeus"-Triumphs war Shaffer längst einer der begehrtesten britischen Theaterautoren. Besonders sein Stück "Equus" aus dem Jahr 1973, über einen jungen Mann mit einer obskuren Pferdeleidenschaft, machte ihn bekannt. Auch diese Geschichte wurde verfilmt, 1977, mit Richard Burton in der Hauptrolle.
Die Leidenschaft fürs Drama lag bei den Shaffers in der Familie. Mit seinem Zwillingsbruder Anthony, der später unter anderem für Hitchcock schrieb, erfand er erste Storys, vor allem fürs Radio. Das Geschichtenerzählen wurde für Shaffer im Lauf der Jahre dann immer existenzieller, und zwar wortwörtlich: "Zu Beginn meines Lebens habe ich mich quasi unsichtbar gefühlt. Wenn ich aber 100 werde und es bis dahin schaffe, möglichst viele Stücke zu schreiben - dann kann ich sie alle am Stück durchlesen und bekomme vielleicht ein ungefähres Verständnis dafür, wer ich gewesen bin."
Am Montag ist Peter Shaffer im Alter von 90 Jahren gestorben.