Auch ohne Zuschuss:Veranstalter halten an Friedenskonferenz fest

Lesezeit: 3 min

Kritiker der Münchner Sicherheitskonferenz finden sich nicht nur auf der Friedenskonferenz, sondern regelmäßig auch auf Münchens Straßen, wie hier im Jahr 2020. (Foto: Robert Haas)

Kurzfristig will die Stadt ihren seit Jahren gezahlten Zuschuss zur Gegenveranstaltung der Münchner Sicherheitskonferenz streichen. Die Organisatoren sind schwer irritiert. Auch, weil keiner mit ihnen gesprochen hat.

Von Heiner Effern und Joachim Mölter

Die internationale Friedenskonferenz wird auch in diesem Jahr parallel zur Münchner Sicherheitskonferenz vom 16. bis 18. Februar stattfinden - obwohl die Finanzierung in Gefahr ist, weil die Stadt München ihren bisherigen Zuschuss kurzfristig streichen will. "Wir werden die Friedenskonferenz definitiv abhalten", versichert die Projektleiterin Maria R. Feckl.

Unter dem Motto "Wohin treibt Europa?" wird also am übernächsten Wochenende in der Freiheizhalle und der Hochschule für Philosophie über Möglichkeiten für eine friedlichere Welt diskutiert, unter anderem mit dem früheren griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis als prominentestem Referenten. "Die Verträge für die Räumlichkeiten und mit den Rednern bestehen, Flüge und Hotels sind gebucht", sagt Feckl. Eine Absage komme deshalb nicht mehr infrage: "Wir hoffen halt jetzt auf ganz, ganz viele Spenden."

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Stadträte von Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt hatten Ende der vorigen Woche beantragt, den bisher stets vom Kulturreferat ausgezahlten Zuschuss für die Veranstaltung zu streichen, und zwar ab sofort. Begründet wurde das mit einem fehlenden kommunalen Bezug sowie mit Sparmaßnahmen im städtischen Haushalt. "Dass dies nicht ernst gemeint sein kann, zeigt die symbolische Höhe der Förderung", findet die Fraktion Die Linke/Die Partei, die am Dienstag einen Gegenantrag in den Stadtrat eingebracht hat, nämlich die Friedenskonferenz weiterhin zu fördern.

Bei dem finanziellen Zuschuss geht es um 6500 Euro - für das Kulturreferat "weniger als 0,01 Prozent am Budget für Förderung von Kunst und Kultur", wie der Trägerkreis der Friedenskonferenz in einer Medienmitteilung vom Montag ausgerechnet hat. Für die Veranstalter allerdings ein Viertel ihres Etats, wie Feckl sagt: "Die Gründe, die jetzt für die Streichung genannt werden, gibt es seit 20 Jahren."

Was sie besonders enttäuscht, ist der Umstand, dass von der Regierungskoalition im Rathaus niemand mit den Organisatoren gesprochen hat, ehe der Antrag formuliert und eingebracht worden ist. Von dem erfuhren die Organisatoren aus den Medien, "entsprechend schockiert" seien sie gewesen, sagt Feckl: "Wir hätten gern ein Gespräch geführt. Wir hoffen, es erbarmt sich noch jemand und erklärt uns, was wirklich das Problem ist."

Die Stadträtinnen Mona Fuchs (Grüne) und Julia Schönfeld-Knor (SPD) hatten auf Nachfrage die Entscheidung ihrer Parteien noch damit begründet, dass es seit Längerem "Irritationen" über das Auftreten und die Ausrichtung der Friedenskonferenz gegeben habe. Darüber ist nun wieder Feckl irritiert.

Inoffiziell werden inhaltliche Bedenken gegen die Friedenskonferenz genannt

Zwar hatte es vor vier Jahren eine Kontroverse gegeben, weil die damaligen Organisatoren den jüdischen SPD-Stadtrat Marian Offman als Überbringer eines Grußworts der Stadt abgelehnt hatten, woraufhin die Veranstaltung 2020 komplett abgesagt wurde. Aber dass dieser Eklat noch nachwirkt, kann sich Feckl nicht vorstellen: In den Jahren danach habe es mit einem neuen Organisationsteam wieder eine gute Zusammenarbeit mit der Stadt gegeben. So sprach 2022 die damalige Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) das Grußwort, und gemeinsam mit Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sei in jenem Jahr auch ein Appell zur Abschaffung aller Atomwaffen verfasst worden.

Hinter den Kulissen waren im Rathaus dennoch inhaltliche Gründe für die Streichung zu hören. Zum Beispiel die Sorge, dass Rednerinnen oder Redner den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine relativieren und damit auch Münchens Beziehungen zur Partnerstadt Kiew belasten könnten. Oder die Nähe mancher Redner zu Verschwörungstheorien. Oder die Sorge, dass die Distanzierung zur Terrororganisation Hamas fehlen könnte, auf einer Veranstaltung, bei der die Stadt mit ihrem Logo als Sponsor auftritt. Und die Ausladung Offmans hänge bis heute nach.

Die Streichung des Zuschusses kann daher als demonstrativer Akt verstanden werden. Das Kulturreferat hätte einen so kleinen Posten ohne wirklichen kulturellen Bezug wohl auch ohne Beschluss des Stadtrats auslaufen lassen können. Durch den Antrag ist die Zustimmung der Rathausmehrheit nach außen hin politisch dokumentiert.

Für Feckl bleibt das "alles Spekulation". Offiziell habe es keine Kritik gegeben, sagt sie. Die Linke-Stadträtin Brigitte Wolf fordert deshalb: "Wenn Grün-Rot etwas gegen die Friedenskonferenz haben, dann sollen sie sich inhaltlich kritisch mit ihr auseinandersetzen, in die Diskussion gehen und nicht einfach die Fördermittel streichen."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusJunge Menschen über Rassismus
:"Wer verteidigt mich? Wer ist wirklich solidarisch?"

Die Enthüllungen über Abschiebungspläne in Teilen der rechten Szene haben junge Menschen mit Migrationshintergrund verunsichert. Drei Münchner erzählen.

Von Rashidah Hassen

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: