Nahost-Konflikt in München:Gemeinsames Friedensgebet in München abgesagt

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Anderer Anlass, ähnliche Absicht: Bei der Lichterkette für Frieden, Toleranz und Versöhnung unter den Religionen im Jahr 2015 trafen sich (von links) unter anderem Imam Benjamin Idriz, die evangelische Stadtdekanin Barbara Kittelberger, Petra und OB Dieter Reiter auf dem Marienplatz. (Foto: Robert Haas)

Juden, Christen und Muslime sollten ursprünglich auf dem Marienplatz ein Zeichen setzen. Laut Oberbürgermeister Dieter Reiter sei die Zeit dafür aber "derzeit offenbar nicht reif".

Das geplante interreligiöse Friedensgebet unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wird nicht stattfinden, die für Montagabend angekündigte Veranstaltung wurde abgesagt. Das teilte der OB am Montag mit. "Es war Voraussetzung für die Übernahme meiner Schirmherrschaft, dass auch ein Vertreter der jüdischen Glaubensgemeinschaft ein Gebet spricht. Das ist nun leider nicht mehr der Fall. Das bedauere ich, habe aber auch Verständnis dafür. Die Zeit ist derzeit offenbar nicht reif, um in und für München ein gemeinsames Friedensgebet zu ermöglichen."

Er habe die Idee eines interreligiösen Friedensgebetes gerade in dieser hochemotionalen Zeit, die auch in der Münchner Stadtgesellschaft zu spüren sei, für unterstützenswert gehalten.

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Das "Linke Bündnis gegen Antisemitismus" hatte das geplante Friedensgebet vorab scharf kritisiert. Das Bündnis störte sich vor allem an der Teilnahme des Muslimrats. Ihm wirft es Nähe zu islamistischen Gruppierungen wie Ditib, Milli Görüs und Muslimbruderschaft vor.

"Schockiert" und "enttäuscht" seien nun "viele Muslime und andere Menschen" in der Stadt über die Absage, sagte der Penzberger Imam Benjamin Idriz, Vorsitzender des Vereins Münchner Forum für Islam, der die Veranstaltung mit weiteren Imamen der Stadt initiiert hatte. Die Vorwürfe gegen den Muslimrat, dem er selbst nicht angehöre, seien nicht neu. Dessen Vorsitzender Sokol Lamaj sei bei der Vorbesprechung mit dem Oberbürgermeister dabei gewesen. "Der OB hätte sagen können, wenn er nicht will, dass der Muslimrat mitmacht, der einmal gegründet worden ist, als Verbindung zwischen den Muslimen und der Stadtgesellschaft."

Zumindest 2018 hatten dem Verein nach Angaben der Stadt München auch Moscheevereine mit Verbindungen zur Deutschen Muslimischen Gesellschaft (DMG) angehört, die laut dem bayerischen Verfassungsschutz "als Zweig der ägyptischen Muslimbruderschaft bekannt ist". Der Verein Muslimrat München selbst war den damaligen Angaben der Stadt zufolge aber kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes.

Der Reihe nach sagten am Sonntag mehrere geplante Redner ab

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Grünen-Politiker Volker Beck, hatte nach einem Bericht der "Jüdischen Allgemeinen" zu den Verbindungen von DMG und Muslimrat ebenfalls die Absage des Gebets für Frieden in Nahost gefordert. "An sich ist es ein schöner Gedanke, wenn Muslime, Christen und Juden gemeinsam für Frieden beten", sagte Beck. "Ich halte das Friedensgebet in dieser Konstellation für eine Veranstaltung, die nur dazu dient, hamasverharmlosende und islamistische Positionen zu hofieren und zu schützen."

Beck begrüßte nun die Absage, zeigte sich aber irritiert von Reiters Begründung. "Gestern hatte sich als Erstes ein Kirchenvertreter bei uns gemeldet und mitgeteilt, dass man dort über eine Absage nachdenkt. Nun spricht Herr Reiter davon, dass der Rückzug eines jüdischen Vertreters Grund für die Absage sei. Damit schiebt er die Verantwortung auf die jüdische Gemeinde ab." Die Stadt habe versäumt, für das Friedensgebet glaubwürdige muslimische Akteure auszuwählen. Die Israelitische Kultusgemeinde München selbst hat sich bisher öffentlich noch nicht erklärt.

Eigentlich hätte bei der Veranstaltung auf dem Marienplatz neben Idriz auch ein Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Gebete sprechen sollen. Der evangelische Landesbischof Christian Kopp und der katholische Münchner Dompfarrer Monsignore Klaus Peter Franzl sollten ebenfalls teilnehmen. Evangelische und jüdische Vertreter hätten, erzählt Idriz am Montag, am späten Sonntagabend wegen "Terminschwierigkeiten" ihr Kommen abgesagt. Am Montag um zehn Uhr habe dann der Oberbürgermeister Bescheid gegeben, dass er auch nicht teilnehme, weil die jüdische Gemeinde abgesagt habe. Der Muslimrat sei kein Thema gewesen.

Die Münchner Muslime hätten "ein Zeichen des Friedens" setzen wollen, sagte Idriz. "Dass dies in München nicht möglich sein soll, bleibt eine sehr bittere Erfahrung, nicht nur für Muslime."

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