Namensstreit:Zoff um die Bayernkaserne

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Kasernen-Konversion: Wo früher Soldaten zu Hause waren, sollen einmal 15 000 Münchner wohnen. (Foto: Robert Haas)

Wird das neue Wohnquartier Heidemannviertel heißen? So beschließt es zwar der Bezirksausschuss, muss aber unmittelbar danach zurückrudern. Denn Johann Nepomuk Heidemann war nicht nur ein Wohltäter, sondern auch ein Pulverfabrikant.

Von Benjamin Stolz

18 Monate und eine vierstündige Sitzung hat es gedauert, bis sich der Bezirksausschuss (BA) Schwabing-Freimann mehrheitlich darauf einigen konnte, das neue Quartier auf dem Areal der ehemaligen Bayernkaserne künftig "Heidemannviertel" zu nennen. Die Einigkeit im Plenum war jedoch nur von kurzer Dauer. SPD und Grüne kritisierten wenig später das Verfahren und die Entscheidung grundlegend. "Laienhaft" sei die Aktion laut Petra Piloty (SPD) vonstatten gegangen. Der satteste Vorwurf: Johann Nepomuk Heidemann, nach dem auch die benachbarte Heidemannstraße benannt ist, sei nicht nur ein 1913 verstorbener Philanthrop, sondern auch Schießpulverfabrikant gewesen.

Begonnen hat der Prozess der Namensfindung schon vor anderthalb Jahren. "Zum ersten Mal in München haben sich Bürgerinnen und Bürger aktiv bei der Namensgebung eines Stadtviertels einbringen können", sagt BA-Vorsitzender Patric Wolf (CSU). Im Juni 2021 hatten die Lokalpolitiker dazu aufgerufen, Namensvorschläge einzureichen. Aus 269 Ideen wählte eine Jury 14 Favoriten aus, über die die Freimanner abstimmten.

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Der Vorschlag "Friedenspark" unterliegt

Die Namen auf der Liste seien "in vielen Fällen etwas banal" gewesen, formuliert Barbara Epple (Grüne) ihre Kritik. Man habe sich einen gewünscht, "der über das Lokale hinausgeht". Der Vorschlag der Grünen, das Gelände in "Europaviertel" umzutaufen, schaffte es nicht einmal auf den Stimmzettel. In der Endabstimmung setzte sich das Heidemannviertel knapp gegen "Friedenspark" durch - "ein Kriegsgewinnler-Name gegen einen Friedensnamen", kommentiert Ekkehard Pascoe (Grüne) gallig.

Das Münchner Stadtarchiv bestätigt bis dato lediglich, dass es sich beim möglichen Namensgeber des künftigen 15 000-Einwohner-Viertels um den Industriellen handelt. Heidemann steht nicht auf der städtischen Liste ideologisch belasteter Namen. Genauer überprüft wurde die Auswahl, in der er gleich zweimal zu finden ist, trotzdem nicht. "Während der Sitzung wurde gegoogelt", sagt Pascoe. Das Planungsreferat sieht die Untersuchung durch das Stadtarchiv als "Routineüberprüfung". Eine dynamitgeschwärzte Vergangenheit sei "ja auch bei einem Schweden bekannt", sagt Steffen Kercher, und meint den Wissenschaftsmäzen und Sprengstoff-Erfinder Alfred Nobel. Der Beschluss des rechtlich bindenden Namens für die Bayernkaserne wird nun zurückgehalten, bis das Stadtarchiv mit einer gesicherten historischen Auskunft aufwartet - vermutlich bis zum Frühjahr.

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