Netzwerk für Ärztinnen:"Alles ist sehr männerlastig"

Lesezeit: 3 min

Marion Subklewe ist Professorin, Oberärztin und Mutter von vier Kindern. (Foto: Berli Berlinski/LMU)

Frauen haben es noch immer schwer, an Universitätskliniken Karriere zu machen und Führungspositionen zu bekommen. Weil die Männer daran offenbar nichts ändern wollen, helfen sich die Akademikerinnen jetzt gegenseitig.

Von Nicole Graner

Im Jahr 2021 waren laut einer Studie der München Klinik in Deutschland 61,7 Prozent der Absolventen in der Humanmedizin weiblich. An der medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität studierten 2020 an allen Standorten wie Innenstadt, Großhadern und Martinsried 4278 Studentinnen und 2297 Studenten. Auch gibt es dort mit 64 Prozent erheblich mehr Doktorandinnen als Doktoranden. Doch klettert man höher auf der Karriereleiter, dann kippt die Zahl: Von 203 Professorenstellen an der LMU waren im Jahr 2021 nur 54 mit Frauen besetzt.

Ob Chefarzt, Oberarzt oder in der Forschung - Führungspositionen an Universitätskliniken sind bundesweit fest in Männerhand. Nur 13 Prozent davon sind laut dem deutschen Ärztinnenbund mit Frauen besetzt.

Marion Subklewe möchte das ändern. "Noch immer sind Frauen in der akademischen Medizin unterrepräsentiert, alles ist sehr männerlastig", sagt die Professorin und Oberärztin des LMU Klinikums. Auch sie habe immer wieder die Erfahrung machen müssen, dass Stellen, auf die sie sich beworben hat, ausschließlich mit Männern besetzt wurden.

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Die 55-Jährige ist Mutter von vier Kindern. Als ihr Sohn sechs Monate und ihre Tochter drei Jahre alt waren, arbeitete sie auf der Intensivstation und schrieb ihre Habilitation. So vieles habe sie allein gestemmt. "Ich habe viel dafür aufgegeben, damit ich das alles schaffe", sagt sie heute. "Ich bin trotzdem dankbar, dass ich das hinbekommen habe."

Subklewe wünscht sich, dass sich mehr Frauen trauen, diesen Weg zu gehen, und eine medizinische Karriere einschlagen. Frauen - das zeigen viele Studien und die Erfahrung vieler Gleichstellungsbeauftragter an Kliniken - gehen oft davon aus, dass sie nicht qualifiziert genug sind. Sie schlössen eine medizinische oder akademische Karriere oft von vornherein aus, sagt Subklewe. Und zum mangelnden Selbstbewusstsein kämen häufig Zweifel, wie sich die eigene Karriere mit der Gründung einer Familie vereinbaren lasse. "Das schaffe ich doch gar nicht", heiße es oft, sagt Subklewe.

Im Jahr 2016 startete sie eine Umfrage an der Uni-Klinik. Die Resonanz der Frauen war nicht groß, die Antworten überraschten Subklewe: Die meisten Teilnehmerinnen erklärten, dass sie sich gleichberechtigt behandelt fühlten. Dabei habe es zu diesem Zeitpunkt zum Beispiel keine einzige Frau in Deutschland an einem Lehrstuhl für Onkologie gegeben, erklärt die Oberärztin. Inzwischen seien es zwei.

Frauen sollen "die Zukunft in der Medizin viel mehr mitgestalten"

Zwei Jahre später geht Subklewe das Thema erneut an. Viel hat sich an den Universitätskliniken im Hinblick auf Frauen in Führungspositionen nicht getan. Deswegen will sie nun ein Netzwerk in der medizinischen Fakultät der LMU aufbauen, weil sie davon überzeugt ist, dass sich Frauen besser austauschen müssten, dass es mehr Solidarität untereinander geben müsse. Und man müsse sichtbarer machen, wie viele "tolle Frauen es bei uns gibt". Dass eine medizinische Karriere keine Domäne der Männer sein muss.

Subklewe gründet im Jahr 2022 Fame, das englische Wort für Ruhm. Als Akronym steht es für "Female Academic Medicine Excellence", also weibliche akademische medizinische Exzellenz. Professorinnen haben sich in diesem Netzwerk zusammengeschlossen, um Ansprechpartnerinnen zu sein für den akademischen Nachwuchs. Um zu motivieren, zu begeistern. Regelmäßig werden Workshops veranstaltet und Vorträge gehalten. Fame informiert Frauen darüber, welche Förderprogramme es gibt, wie sie genutzt werden können und wo die Anträge gestellt werden müssen. Fame soll dabei helfen, etwas zu bewegen. Denn die Entwicklung, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, dauere einfach zu lange, kritisiert Subklewe.

Wenn sie Vorträge über die Gleichstellung von Frauen in der deutschen Universitätsmedizin hält, dann zeigt sie gerne eine Karikatur:

Die Karriere als Schwimmbecken. (Foto: bsa Marketing GmbH/Maximilian Bachmeier)

Im Schwimmbecken des medizinischen Lebens muss man ordentlich kraulen, um alles zu schaffen: die Habilitation, regelmäßige Publikationen, den Facharzt. Mitten im Becken eine Frau: Sie zieht eine Luftmatratze hinter sich her. Darauf vier Kinder. Frau hat also ordentlich zu tun, um den Beckenrand zu erreichen.

Aber noch etwas zeigt das Bild: Drei Männer und drei Frauen schwimmen im selben Becken. "Exzellent ausgebildete Ärztinnen müssen die Zukunft in der Medizin viel mehr mitgestalten", sagt Marion Subklewe.

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