Flughafen München:Der Airport ist für lange Zeit ausgebremst

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Vor allem für die Lufthansa ist der Münchner Flughafen ein strategisch wichtiges Drehkreuz, wobei die Aussicht auf eine dritte Startbahn eine bedeutende Rolle spielte. (Foto: Sven Simon/imago)

Seit dem Umzug ins Erdinger Moos ist der Flughafen immer weiter gewachsen - und dieses Wachstum sollte mit dem Bau der dritten Startbahn weitergehen. Doch die Zukunft sieht nun eher düster aus.

Von Andreas Schubert

Die dritte Startbahn am Münchner Flughafen ist auf längere Zeit verschoben. Bis 2028 wird sie wohl nun auf Eis liegen, nachdem Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Mittwoch angekündigt hatte, in seiner Amtszeit werde sie nicht mehr gebaut. Viele glauben und hoffen nun, dass die Piste damit endgültig beerdigt ist. Und die Flughafengesellschaft FMG reagierte auf die Nachricht kurz und knapp. "Die Entscheidung über die dritte Start- und Landebahn am Flughafen München obliegt natürlich unseren Gesellschaftern", ließ sie wissen. Und die sei angesichts der pandemiebedingten Verkehrszahlen nachvollziehbar.

Dabei galt die Bahn stets als unabdingbar für weiteres Wachstum. Und Letzteres verfolgte die FMG kontinuierlich, indem sie einerseits ihre Geschäftsbereiche um Aspekte erweiterte, die nicht direkt mit der Fliegerei zu tun haben und den Airport nach und nach großzügig ausbaute. Heute rühmt sie sich, der einzige Fünf-Sterne-Flughafen Europas zu sein, der finanziell potente Vielflieger mit luxuriösen Lounges lockt.

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Gleich nach seinem Umzug von Riem ins Erdinger Moos war der Münchner Flughafen noch ein vergleichsweise überschaubarer und ein ganz anderer Ort als heute. 1992 gab es nur den Terminal 1, die Wege waren kurz, es gab nur wenige Läden und Gastrobereiche. Und dass man überall rauchende Menschen sah, ist heute auch kaum mehr vorstellbar. Heute sieht der Airport nicht nur besser aus, er riecht auch besser.

Der Flughafen hat sich nach und nach immer weiterentwickelt, und mit den Passagierzahlen wuchs auch die Infrastruktur. Im ersten Jahr wurden noch zwölf Millionen Passagiere abgefertigt, man zählte 192 000 Flugbewegungen. Seither verzeichnete der Flughafen ein jährliches Wachstum, bis auf wenige Jahre. 2002, nach den Anschlägen des 11. September 2001, flogen weniger Menschen von München ab, und nach den Jahren 2007 und 2008, in denen bis heute die meisten Starts und Landungen stattfanden, vermieste die Wirtschaftskrise 2009 die Bilanz. Seither ging es aber stetig aufwärts, und die Forderungen der Flughafengesellschaft nach einer dritten Startbahn wurden intensiver.

Schon seit 2003 ist der Terminal 2 in Betrieb, der dazu gehörige Satellit seit 2016. Und wenn man mit dem damaligen Flughafenchef Michael Kerkloh über das Thema Wachstum sprach, versäumte er es nie, recht wortreich und mit allem Nachdruck die Notwendigkeit einer dritten Startbahn zu erklären. Hauptargument war stets der internationale Wettbewerb und die Bedeutung des Flughafens als internationales Drehkreuz, die man nicht aufs Spiel setzen dürfe. Kerkloh stützte sich dabei immer auf Zahlen, in seinem letzten Jahr 2019 gab es die höchsten Passagierzahlen bisher - 48 Millionen - und die nach 2008 meisten Flugbewegungen, nämlich 417 000. Sein Nachfolger Jost Lammers vertritt dieselbe Linie.

Zum Wachstum beigetragen hat auch die Lufthansa, die zusammen mit der FMG Terminal 2 betreibt. Sie hat aus verschiedenen Gründen den Standort München, nach Frankfurt das zweitgrößte Drehkreuz im Lande, gestärkt, weil es dort günstigere Konditionen und mehr Raum für Entwicklung gab. Zuletzt wurde der Ausbau des Terminal 2 angepeilt, um künftig zehn Millionen Passagiere mehr abfertigen zu können.

Aber nun hat selbst die Lufthansa angedeutet, dass sich das Geschäft vielleicht nie wieder auf das alte Niveau begeben wird, sie reduziert Flotte und Personalstand, und auch die FMG will eine Menge Jobs streichen. Wie viele, das will sie von der weiteren Entwicklung in der Luftfahrt abhängig machen. Eine Prognose, wann sich das Geschäft erholt haben könnte, gibt es am Flughafen nicht, auch nicht dazu, ob die dritte Startbahn nicht vielleicht doch für immer obsolet geworden ist.

Im Sommer 2019 zählte der Airport noch mehr als 1200 Flugbewegungen täglich. Im April, als die Corona-Pandemie das öffentliche Leben lahmlegte, waren es im Schnitt 68, im Mai noch 74, jetzt gibt es immerhin wieder etwa 430 Starts- und Landungen pro Tag. Geht es bis Ende des Jahres so weiter, liegt die Zahl unter dem Niveau von 1992.

© SZ vom 18.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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