Streit über Klimaneutralität:In die nächste Runde

Lesezeit: 1 Min.

Am Isartorplatz versammelten sich etwa 150 Menschen, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Entscheidung über ein klimaneutrales München bis 2035 wird vertagt. Demonstranten fordern "klare Ansagen"

Von Heiner Effern

Manche Stadträte kennen das schon, dass sie ihren Weg zwischen scheinbar leblos am Boden liegenden Demonstranten suchen müssen, um in den Sitzungssaal zu gelangen. Es ging auch beim ersten Mal im Juli um den Vorwurf, dass die Stadt zu wenig für den Klimaschutz unternehme. Ein sogenanntes "Die in" (das englische "Die" steht für "Sterben") soll klar machen, wie das enden könnte.

Diesmal traf es die Mitglieder des Umweltausschusses, die vor wegweisenden Entscheidungen standen: Soll München 15 Jahre schneller klimaneutral werden als bisher geplant? Und soll die Stadt dafür den Klimanotstand ausrufen? Das hatten zuvor am Isartorplatz etwa 150 Demonstranten gefordert, mit einem Klimalied und klaren Ansagen: Viele Gruppen wie Fridays for future gingen seit mehr als einem Jahr immer wieder auf die Straßen und an die Grenze des Machbaren, was die Proteste betreffe, sagte Lisa Poettinger von Extinction Rebellion, die das "Die in" organisierte. Nun sei die Politik damit an der Reihe, die Grenzen für den Klimaschutz zu verschieben. Das klimaneutrale München bis 2035 müsse "Realität" werden.

Der Umweltausschuss tendierte kurz darauf mehrheitlich zu einem solchen Beschluss, vertagte die Entscheidung aber in die Vollversammlung des Stadtrats am kommenden Mittwoch. Das lag nicht am mangelnden Willen, sondern an Änderungswünschen der Beschlussvorlage von Umweltreferentin Stephanie Jacobs. Diese hatte nochmals in der Sitzung sehr emotional ihren Vorschlag verteidigt, die Verwaltung schon 2030, die gesamte Stadt aber erst 2050 klimaneutral zu stellen. Sie habe ein "reelles Konzept" vorgelegt, bis 2035 sei Klimaneutralität für die gesamte Kommune nicht möglich. Diese könne nur 40 Prozent der nötigen Entscheidungen beeinflussen. In diesem Rahmen will sie die Vorgaben für eine klimaneutrale Stadt "zu 100 Prozent erfüllen". Unterstützung dafür erhielt sie von CSU, FDP und Bayernpartei.

Die Mehrheit im Umweltausschuss und wohl auch im Stadtrat kommende Woche sieht das anders. SPD, Grüne, ÖDP und Linke wollen den Klimanotstand ausrufen und München bis 2035 klimaneutral stellen. Die Umweltreferentin schlage gute Initiativen für mehr Klimaschutz vor, sagte ÖDP-Stadträtin Sonja Haider, in der Gesamtschau sei das aber "viel zu kurz gegriffen". Sie monierte zudem, wie die Grünen, dass kein Vorschlag des Umweltreferats mit Geld oder den nötigen Stellen hinterlegt sei. "Da passiert nichts, das reicht nicht", sagte Haider. Noch bestehe die Möglichkeit zu handeln - doch müsse das nun schnell passieren.

© SZ vom 11.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: