Ehrenamt:Willig freiwillig

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Nicht nur Freiwillige für den Sanitätsdienst, die Bergwacht oder die Wasserwacht sucht das Bayerische Rote Kreuz, sondern auch für das kurzfristige Engagement bei Veranstaltungen wie etwa dem Flohmarkt auf der Theresienwiese. Der findet am 20. April statt. (Foto: Leonhard Simon)

Von Seniorenbegleitung bis Tierschutz ist vieles möglich: Bei der Münchner Freiwilligenmesse stellen sich 75 Organisationen vor. Hunderte Besucher nutzen die Gelegenheit, um sich von denen anstecken zu lassen, die sich schon engagieren.

Von Ekaterina Kel

Ratschen mit einer alten Dame, Mathe lernen mit einem Grundschulkind oder doch lieber Müll aufsammeln an der Isar? Die Qual der Wahl haben an diesem Sonntag alle, die sich zur Freiwilligenmesse am Marienplatz begeben haben. Hunderte von Menschen tummeln sich in der Galerie und im großen Sitzungssaal des Rathauses, ebenso im Saal des Alten Rathauses, wo sich die insgesamt 75 Vereine und Initiativen mit kleinen Ständen vorstellen. Die Menschen wollen in ihrer Freizeit helfen, etwas Sinnstiftendes tun. Und sie stehen vor der schwierigen Aufgabe, sich für eine Organisation zu entscheiden, die ihnen besonders zusagt. Sie kommen, "um zu schauen, wofür das Herz brennt", wie die Dritte Bürgermeisterin Venera Dietl bei der Eröffnung der Messe es ausdrückt. Das freiwillige Engagement ist laut Dietl "der Kit unserer Gesellschaft". Die Messe findet bereits zum 18. Mal statt. Die SZ hat mit einigen Engagierten und Suchenden gesprochen.

Daniela Groksch

Daniela Groksch (Foto: Stephan Rumpf)

Die 21-jährige Studentin engagiert sich in der offenen Anlaufstelle Open.med an der Dachauer Straße des Vereins "Ärzte der Welt" und hilft ein paar Mal im Monat am Empfang. Dort werden Menschen ohne Krankenversicherung medizinisch anonym versorgt. Sie habe zuvor schon als Praktikantin mitgearbeitet und sich danach entschieden, ehrenamtlich weiterzumachen, erzählt Groksch. Man müsse nicht zwingend Arzt oder Ärztin sein, um im Verein mitzuhelfen. Sie selbst habe zunächst Gesundheitsmanagement studiert und wechselte danach zu Jura. Der Verein habe auch ein Auslandsprogramm, sagt ihre Kollegin am Stand, aber momentan suchen sie verstärkt Freiwillige für das Inlandsprogramm.

David Ludwig

David Ludwig (Foto: Stephan Rumpf)

Im vergangenen Jahr habe er Abi gemacht, eine Bewerbung an der Hochschule sei allerdings bisher nicht erfolgreich gewesen, erzählt der 19-Jährige. Er sei schon mal ehrenamtlich in seinem Tischtennisverein engagiert gewesen, wollte aber mehr tun. Deshalb sei er hierher zur Messe gekommen, um sich mal alle Möglichkeiten anzuschauen. Und auch, um die Zeit bis zur erneuten Hochschulbewerbung sinnvoll zu verbringen.

Er interessiere sich für medizinische Themen, so Ludwig. Aber er glaubt auch, dass er "gut mit älteren Leuten" könne. Es überrasche ihn, so viele am Ehrenamt interessierte Menschen zu sehen, die offenbar alle Lust hätten, zu helfen. "Die Bereitschaft ist groß. Das motiviert mich." Er hofft, dass die Freiwilligenmesse noch lange weitergeführt werde. "Hier wird man gut informiert und kriegt Süßigkeiten", sagt Ludwig lächelnd.

Ulrike Dahme

Ulrike Dahme (Foto: Stephan Rumpf)

Zusammen mit einer Kollegin steht Dahme am Stand der Telefonseelsorge, die gemeinsam von der Erzdiözese München und Freising und dem Evangelischen Beratungszentrums München geführt wird, und wirbt um Ehrenamtliche. Die 59-Jährige ist seit 2011 im Verein tätig, hat selbst als Ehrenamtliche angefangen und arbeitet dort mittlerweile hauptamtlich, wie sie sagt. Sie betreut die Ehrenamtlichen - schließlich müsse die freiwillige Arbeit ja auch koordiniert werden. Die Kollegin neben ihr gibt nur den Vornamen Claudia an, verzichtet aber auch auf das Foto, weil sie nicht erkannt werden möchte. Schließlich könnte jemand, der sie kennt, gehemmt sein, bei der Telefonseelsorge anzurufen.

Die Arbeit sei nicht einfach, man müsse bereit sein, mit schwierigen Themen konfrontiert zu werden, sagt Dahme. Die Ausbildung für die Freiwilligen sei deshalb umfangreich und dauere ein Jahr lang. Das schrecke zwar einige ab, die auf der Suche nach etwas Kurzfristigem, weniger Zeitintensivem sind, so Dahme. Die Frage des Nachwuchses werde "zunehmend problematisch". Dafür werde man aber, wenn man sich dafür entscheidet, Teil eines vertrauten und beständigen Kreises von Engagierten und könne Menschen in Not zur Seite stehen. Willkommen seien Menschen aller Glaubensrichtungen, heißt es auf der Homepage des Vereins.

Olaf Siedle

Olaf Siedle (Foto: Stephan Rumpf)

In der Rathausgalerie herrscht Trubel. Neben dem Stand von dem Verein "Kinderhelden", die Mentorinnen und Mentoren für Grundschulkinder vermitteln, steht Olaf Siedle. "Ich bin Pensionist und möchte mich ehrenamtlich engagieren", sagt der 56-Jährige, der bis vor Kurzem noch als Techniker bei der Telekom gearbeitet hat. Seine 22-jährige Tochter Melanie hat ihn hierher begleitet. Sie engagiere sich bereits und spiele Tischtennis mit Menschen mit Behinderung, erzählt sie. Nun möchte sich der Vater auch etwas Passendes aussuchen. Er sei offen für vieles, sagt Siedle, könne sich etwas mit Jugendlichen oder im Familienbereich vorstellen, würde aber auch seine handwerklichen Fertigkeiten einbringen. Und auch Umweltthemen fände er interessant.

Heike Wimmer

Heike Wimmer (Foto: Stephan Rumpf)

"Ich wollte mich schon immer sozial engagieren", sagt die 43-Jährige. Das Buch "The Big Five for Live", in dem es darum geht, zu wissen, welche fünf großen Ziele man im Leben erreichen will, habe ihr den Anstoß gegeben, sich nun nach einem passenden Verein umzuschauen. Es falle ihr schwer, allein übers Internet nach etwas Geeignetem zu suchen, deshalb sei sie hierher zur Messe gekommen, sagt Wimmer. Beruflich mache sie Qualitätsmanagement für medizinische Software.

Hier seien alle so herzlich und erzählten gleich so viel, das gefalle ihr. Jemanden im Alter zu begleiten, fände Wimmer beispielsweise sehr schön. Sie mache so etwas ohnehin schon mit ihrer Nachbarin. Diese sei 80 Jahre alt und "super fit", sie verbrächten gern Zeit zusammen, tränken Kaffee. Außerdem sei sie an der Hospizpflege interessiert. Sie habe schon einmal eine Woche lang eine Sterbebegleitung übernommen, erzählt Wimmer, das sei außergewöhnlich gewesen. Was es schlussendlich wird, ist ihr aber noch nicht klar. Sie hält einen ganzen Stapel Flyer und Broschüren von den einzelnen Vereinen in den Händen und zieht weiter zum nächsten Stand.

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