Sicherheit:Wie die Telekom auf Drohnenfang geht

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Drohnenalarm: Ein Abwehrsystem kann erkennen, dass die Fernsteuerung einer Drohne eingeschaltet wird. (Foto: N/A)

Das Unternehmen hat ein Schutzschild entwickelt, nachdem es Opfer eines Angriffs aus der Luft geworden war. Das Innovationslabor in München zeigt, wie sich Drohnen stoppen lassen.

Von Julian Hans

Das Anzapfen war gerade erst ein paar Stunden her, da entdeckte die Polizei in diesem Jahr die erste Drohne über dem Oktoberfest. Als die Beamten den Piloten gefunden hatten, beschlagnahmten sie nicht nur das Flugobjekt und die Fernbedienung, sondern auch sein Mobiltelefon, auf dem die Bilder gespeichert waren, als Tatmittel. Der amerikanische Tourist, der die Luftbilder gemacht hatte, musste außerdem eine Sicherheitsleistung in Höhe der zu erwartenden Strafe von 500 Euro machen, bevor er die Wiesnwache wieder verlassen durfte und seinen Ärger mit einem Bier runterspülen konnte.

Dass es anderen Drohnenpiloten in diesem Jahr ähnlich erging, dürfte ihn kaum getröstet haben. Trotz aller Hinweisschilder mit durchgestrichenen Drohnen rund um das Gelände war vor allem Touristen aus dem Ausland nicht immer klar, dass das Flugverbot auf dem Oktoberfest ernst gemeint ist und auch streng verfolgt wird. Ein Chinese, ein Franzose und ein weiterer US-Amerikaner mussten ihre Geräte ebenfalls abgeben und bekamen Anzeigen nach dem Luftverkehrsgesetz. Abgesehen davon, dass es ohnehin verboten ist, über Menschenansammlungen zu fliegen, galt für die Dauer des Oktoberfestes zusätzlich eine Luftraumbeschränkung für ein Gebiet von etwa elf Kilometern Durchmesser.

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Wenn andere Abwehrtechniken nicht reichen, dann wäre der in Deutschland nicht erlaubte Abschuss der Drohne das letzte Mittel.

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Auf dem Bildschirm werden Informationen des Schutzschilds zum Angriff bereit gestellt.

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Das Ende einer Drohne: Eine spezielle Waffe holt das unerwünschte Flugobjekt vom Himmel.

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Schon wenn eine Fernsteuerung in der Nähe der überwachten Gebäude eingeschaltet wird, erkennt dies das hoch empfindliche Abwehrsystem und löst daraufhin dann Drohnenalarm aus. Fotos: Alessandra Schellnegger

Wie dieses Verbot für so ein großes Gelände überwacht wird, darüber hält sich die Polizei bedeckt. Drohnen sind klein und inzwischen so leise, dass man sie im Lärm der Karussells, Achterbahnen und Bierzeltbands unmöglich hören kann. Und wenn man sie dann doch entdeckt hat, wie will man im Gedränge Hunderttausender Besucher den Piloten finden?

Der Absturz einer Drohne ist noch das harmloseste Szenario, das man sich ausmalen kann. Eine Beule holen sich viele Besucher auf der Wiesn auch auf anderen Wegen. Aber was, wenn der Pilot nicht nur Erinnerungsfotos machen will, sondern einen Sprengsatz in die Menge steuert oder Pulver herabrieseln lässt, das genug Leute zum Beispiel für den Milzbranderreger Anthrax halten, um eine Massenpanik auszulösen? Die Detektion und Abwehr der Drohnen liegt bei der Münchner Polizei in den Händen der Hubschrauberstaffel, soviel ist bekannt. Aber in die Karten schauen lässt die sich nicht gern.

Das ist bei der Privatwirtschaft ein bisschen anders. Die Telekom-Tochter Telekom Security verkauft Schutz vor ungebetenem Besuch aus der Luft an Unternehmen und Behörden und führt die Technik zu diesem Zweck auch gern vor. Entwickelt habe die Deutsche Telekom ihren "Magenta Drohnenschutzschild", nachdem sie vor vier Jahren selbst angegriffen wurde, erzählt Rainer Knirsch, ein Mann in Sakko und magentafarbenen Sneakers. "Unsere Reputation war in Gefahr", erklärt er. Das weltweit agierende Technologie- und Kommunikationsunternehmen ist bedeutend genug, um ein attraktives Ziel für Spionage und Sabotage zu sein. Drohnen sind ein neues Mittel dafür, das vergleichsweise wenig Aufwand erfordert und billig ist. Ein Ausfall eines Großservers, ein infiltriertes Rechnernetz, der Zusammenbruch des Mobilfunks - und sei es nur für eine Stunde - würden große Verunsicherung in der Bevölkerung auslösen.

Ein Industriegelände im Münchner Norden. Die genaue Adresse soll nicht bekannt werden. Das Gebäude fällt unter den umliegenden Möbelhäusern und Werkshallen nicht auf. In einem Rückgebäude ihres Rechenzentrums hat die Telekom ein Innovationslabor eingerichtet, in dem Entwickler und Verkäufer Firmenkunden vorführen, was alles möglich ist. Der Presslufthammer da in der Ecke zum Beispiel stammt von einer Zusammenarbeit mit einer Verleihfirma für Baumaschinen. Die wollte zu jedem Zeitpunkt wissen, wo ihre Kunden die geliehenen Maschinen hinbringen und wie oft sie im Einsatz sind, um die Wartung vorausplanen zu können. Oder die Dampfmaschine auf der anderen Seite des Präsentationsraums. Die ist an sich technologisch nicht unbedingt der neueste Schrei, aber die eingebauten Sensoren, die Fehlfunktionen und Verschleiß überwachen und rechtzeitig einen Techniker anfordern, davon stand noch nichts in dem Patent, das James Watt vor 250 Jahren anmeldete.

Draußen vor dem geheimen Rechenzentrum lässt nun ein Mitarbeiter eine Drohne aufsteigen. Auf einem großen Bildschirm kann man dem Drohnenschutzschild bei der Arbeit zusehen. Der Schutz vor Drohnen besteht aus zwei Elementen: der Detektion und der Abwehr. Zunächst müssen die Flugobjekte erkannt werden, dann können geeignete Maßnahmen getroffen werden, um sie unschädlich zu machen. Der zweite Schritt ist vergleichsweise simpel. Die größte Herausforderung liegt in der Detektion. Es hilft ja wenig, wenn der Werksschutz rund um die Uhr in den Himmel starrt und die Ohren offen hält. Erst recht, wenn auf einem Firmengelände Motoren brummen, Maschinen hämmern oder Server rauschen.

Das System kombiniert mehrere unterschiedliche Technologien, um die Flugobjekte zuverlässig zu erkennen: Radar- und Wifi-Detektion, Funkfrequenzanalyse, Akustik und Video. "Schon wenn jemand in der Umgebung eine Fernsteuerung anschaltet, wird das erkannt, noch bevor die Drohne überhaupt aufsteigt", sagt Knirsch. Auf dem Bildschirm sind jetzt zackige Linien zu sehen, die den Flugweg der Drohne nachzeichnen. Die Kameras haben sie ins Visier genommen und folgen ihr. Ein Video davon wird in einem extra Fenster eingeblendet.

Mit einer speziellen Waffe aus der Schweiz kann die Drohne auf 30 Meter Entfernung eingefangen werden. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Sensoren müssen ständig dazulernen. Jedes neue Gerät, das auf den Markt kommt, wird analysiert. Damit die Audio-Sensoren zum Beispiel eine Drohne von einem Laubbläser unterscheiden können. Ein Alarmsystem, das dauernd Fehlalarme gibt, verfehlt seinen Zweck. Was dann passiert, hängt von den Anforderungen des Objekts ab, das geschützt werden soll. Bei Forschungseinrichtungen oder Entwicklungsabteilungen von Unternehmen, die sich gegen Spionage absichern wollen, kann es schon genügen, wenn bei einem Drohnenalarm automatisch die Jalousien geschlossen werden und damit der Blick in Labore oder auf Computerbildschirme verhindert wird. Eine Vernebelungsanlage kann die Sicht auf geheime Objekte trüben oder Störsender können dem Piloten die Kontrolle entziehen.

Ein Abschuss wäre die Ultima Ratio, ist in Deutschland aber nicht erlaubt. Die Schweizer Firma Droptec hat dafür eine spezielle Waffe entwickelt, die Drohnen auf 30 Meter Entfernung mit einem Wurfnetz einfängt und vom Himmel holt. Im Jahr 2016 wurde es erstmals eingesetzt, um das Weltwirtschaftsforum in Davos zu schützen. Inzwischen zählt das Unternehmen aus Chur diplomatische Vertretungen, Kraftwerksbetreiber und Justizvollzugsanstalten zu seinen Kunden. Für Gefängnisse sind die Drohnen zum ernsthaften Sicherheitsproblem geworden, die Drogen, Mobiltelefone oder Waffen in die Hafträume schmuggeln können.

Auch deutsche Sicherheitsbehörden interessieren sich für das Netzgeschoss. Für das Oktoberfest wäre es wohl trotzdem keine schöne Lösung, wenn plötzlich ein eingewickelter Flugapparat in die Zuckerwatte stürzt.

© SZ vom 04.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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