Klage der Deutschen Umwelthilfe:Diesel-Urteil in München: Stadt muss Fahrverbot verschärfen

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Das Dieselfahrverbot gilt auf und innerhalb des Mittleren Rings. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Damit die Luft sauberer wird, bevorzugt das Gericht, möglichst schnell auch Euro-5-Diesel auf und innerhalb des Mittleren Rings auszusperren. Die Stadt will die Autofahrer schonen - und bringt eine andere Maßnahme ins Spiel.

Von Andreas Schubert

Die Stadt München muss das Fahrverbot für Dieselfahrzeuge verschärfen. Künftig sind auch Autos der Abgasklasse Euro 5 davon betroffen. Wann das Verbot kommt, ist noch offen. Am Donnerstag hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) entschieden, dass die Stadt schnellstmöglich Maßnahmen ergreifen muss, mit denen die Belastung der Luft durch Stickstoffdioxid (NO₂) an der Landshuter Allee und an der Moosacher Straße deutlich gesenkt wird. An beiden Messstellen wurde 2023 der Grenzwert von 40 Mikrogramm NO₂ pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel überschritten.

Eine konkrete Anweisung für das Fahrverbot sprach das Gericht zwar nicht aus, machte aber deutlich, dass an einem zonalen Fahrverbot wohl kein Weg vorbeiführen wird. Die Stadt habe zwar einen gewissen Spielraum bei den Maßnahmen zur Luftreinhaltung. Von einem streckenbezogenen Fahrverbot aber hält der Senat nicht viel, unter anderem, weil dadurch Ausweichverkehr in Wohnvierteln zunehmen könnte - und weil sich das zonale Fahrverbot schneller umsetzen ließe, da es bereits im Luftreinhalteplan enthalten sei.

Ein Streckenfahrverbot würde nach Ansicht des VGH in Kombination mit dem bestehenden zonalen Verbot für Euro-4-Fahrzeuge auf dem Mittleren Ring und der innerhalb des Rings liegenden Umweltzone zwar grundsätzlich zu einer Einhaltung des Grenzwerts führen. Dafür müsse aber der Luftreinhalteplan neu aufgestellt werden und es brauche eine Öffentlichkeitsbeteiligung.

Die Maßnahme könnte deshalb erst später eingeführt werden. "Eine Kombination von zonalem und streckenbezogenem Fahrverbot hätte zudem komplexe und möglicherweise wenig praktikable verkehrsrechtliche Anordnungen zur Folge, die wiederum die Effektivität der Maßnahme beeinträchtigen könnten", so der VGH. Geklagt hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD), die mit dem Beschluss des Stadtrats vom Juli 2023, das Dieselfahrverbot nicht zu verschärfen, ganz und gar nicht einverstanden waren.

Zur Erinnerung: Das Dieselfahrverbot war das Resultat eines Vergleichs in einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen DUH, VCD und der Stadt. Im Oktober 2022 hatten sich die Parteien dann auf ein dreistufiges Fahrverbot für Dieselfahrzeuge geeinigt. Seit Februar 2023 gilt das Fahrverbot in der Umweltzone, zu der seither auch der Mittlere Ring gehört, für Diesel der Abgasklasse Euro 4.

Im Oktober 2023 hätte es dann auch für Diesel-5-Fahrzeuge gegolten, was der Stadtrat aber wegen einer positiven Prognose zur Belastung mit Stickstoffdioxid (NO₂) bis Mai 2024 aussetzte. Die dritte Stufe, welche von April 2024 an die Abschaffung aller pauschalen Ausnahmen etwa für Handwerker oder Anwohner vorgesehen hätte, wurde ganz verworfen.

Doch die Prognose war zu optimistisch: Der Grenzwert von 40 Mikrogramm NO₂ pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel wurde an der Landshuter Allee noch immer deutlich überschritten, ebenso an der erst 2023 geschaffenen städtischen Messstelle an der Moosacher Straße. Dass der Messwert erneut nicht eingehalten wird, zeichnete sich schon im August vergangenen Jahres ab. DUH und VCD sahen im Beschluss des Stadtrats einen Vertragsbruch und reichten im vergangenen Oktober erneut Klage ein, um weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung durchzusetzen.

Vergangenen Donnerstag schließlich fand die Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof statt. Eine Entscheidung hatte das Gericht allerdings um eine Woche vertagt, da es noch ein Gutachten zur Luftreinhaltung sichten wollte, das zur Verhandlung nur auszugsweise vorlag. Dieses Gutachten soll auch dem Stadtrat Ende April als Beschlussvorlage vorgelegt werden. Darin enthalten sind unter anderem verschiedene Szenarien, wie sich die Abgasbelastung verringern ließe.

VCD und DUH zeigten mit dem Urteil zufrieden. Er hoffe nur, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch, dass es auch wirklich schnell umgesetzt wird. Am 24. April könnte der Stadtrat in seiner Vollversammlung bereits ein Fahrverbot beschließen. Was die Stadt in der Moosacher Straße unternimmt, ist offen. Für diese hat das Gericht kein zwingendes Dieselfahrverbot vorgegeben.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) teilte nach dem Urteil mit, selbstverständlich habe der Gesundheitsschutz der Menschen oberste Priorität. "Nachdem die Grenzwerte allerdings nur noch an zwei Messstellen überschritten werden, halte ich einen Ausschluss aller Diesel-5-Fahrzeuge aus der gesamten Umweltzone nicht für verhältnismäßig." Auch ein streckenbezogenes Verbot, das sich nur auf den betroffenen Straßenabschnitt bezieht, werde zu einer Verbesserung der Luftwerte und Einhaltung der Grenzwerte führen, so Reiter.

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SPD-Fraktionschefin Anne Hübner schließt sich dem OB an. Man habe den Menschen härtere Fahrverbote ersparen wollen, teilte sie mit. "Leider zwingt das Urteil uns nun zu weiteren Maßnahmen." Man werde darauf achten, dass diese sich auf das "absolut Notwendige" beschränken. Am bestehenden Ausnahmenkonzept wolle man nicht rütteln.

Die Grünen dagegen halten es mit dem VGH und sprechen sich für die rasche Einführung des zonalen Fahrverbots aus. Stadtrat Florian Roth, der die Verhandlung im Gerichtssaal verfolgt hat, erklärte, das Urteil sei "eine klare Absage an all jene, die sich wie die CSU auf Landes- und Stadtebene mit Händen und Füßen gegen Fahrverbote gewehrt haben und sogar das bestehende Dieselfahrverbot Stufe 1 abschaffen wollten - unter Missachtung des Gesundheitsschutzes für die Anwohnenden etwa an der Landshuter Allee, der schmutzigsten Straße Deutschlands."

Eine Revision hat der VGH ausdrücklich ausgeschlossen. Dennoch fordert die CSU die Stadtverwaltung auf, zu prüfen, ob sie nicht doch Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen kann. "Sollte dies nicht möglich sein, müssen die Auswirkungen für die Münchner Dieselfahrer möglichst gering ausfallen", so Fraktionschef Manuel Pretzl. Ein zonales Fahrverbot habe das Gericht nicht angeordnet, sondern ausdrücklich bestätigt, dass der Stadtrat einen Beurteilungsspielraum bei der Fortschreibung des Luftreinhalteplans habe. "Die bisherigen Ausnahmeregelungen müssen auf jeden Fall weiter gelten", so Pretzl.

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