Die Münchner CSU hat sich bei der Landtagswahl am Sonntag gleich in zweierlei Hinsicht von ihrer Mutterpartei abgehoben: Zum einen legten die Christsozialen in der Landeshauptstadt entgegen dem bayernweiten Trend an Stimmen zu im Vergleich zu 2018, um 3,7 Prozentpunkte auf nun 28,5 Prozent. Und zum anderen kamen zumindest einige Teilnehmer bei der Sitzung ihres Bezirksvorstands am Montagabend zu der Erkenntnis, dass eine Koalition mit den Grünen durchaus eine Perspektive ist - zumindest im hiesigen Stadtrat.
"Der Niedergang der SPD ist offenbar von Dauer", stellte beispielsweise Hans Theiss bei der Analyse der Wahlergebnisse fest. Der stellvertretende Fraktionschef von CSU/Freien Wählern im Stadtrat zog daraus den Schluss: "Wenn in München mittelfristig als einziges Zwei-Parteien-Bündnis Schwarz-Grün rechnerisch möglich sein sollte, wird man sich mit Blick auf die Kommunalwahl 2026 politisch intensiver mit dieser Option beschäftigen müssen." Und Fraktionschef Manuel Pretzl bekräftigte: "In München gibt es keine apodiktische Absage an ein Bündnis mit den Grünen." Ganz im Gegensatz zur Einstellung des CSU-Vorsitzenden Markus Söder.
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Pretzl hält es in diesem Fall lieber mit seinem Parteifreund Josef Schmid, dem ehemaligen Bürgermeister und jetzigen Landtagsabgeordneten, der einmal formuliert hat: "Demokratische Parteien sollten untereinander koalitionsfähig sein." Wobei eine gemeinsame Regierungsarbeit mit den Grünen eine "sehr große Herausforderung" darstelle, wie Pretzl einräumte, angesichts etlicher doch sehr unterschiedlicher politischer Positionen. Sein Münchner Parteichef Georg Eisenreich geht noch weiter. Er konnte in der Vorstandssitzung keine Tendenz erkennen, eine Festlegung gebe es auch nicht, sagt er. Inhaltlich lägen die beiden großen Parteien in München "weit, weit auseinander". Man dürfe die Situation "nicht rein arithmetisch betrachten".
Aber grundsätzlich weisen Teile der Münchner CSU darauf hin, dass man zwischen der Wählerschaft in der Stadt und auf dem Land differenzieren müsse: Für Münchner CSU-Wähler sei die Aussicht auf eine Kooperation mit den Grünen mutmaßlich nicht so abschreckend wie für die christsoziale Anhängerschaft in den ländlichen Regionen, heißt es. Und angesichts des Umstands, dass die Münchner Grünen auf einem offenbar stabilen Wählersockel den Gegenwind überstanden haben, der ihnen wegen der Ampel-Regierung in Berlin entgegenblies, müsse die CSU wohl auf längere Sicht mit ihrem politischen Rivalen leben.
Das Ergebnis bedeutet immerhin eine gewisse Erholung
Insgesamt habe jedenfalls eine sehr aufgeräumte Stimmung geherrscht bei der Sitzung des Münchner CSU-Bezirksvorstands am Montagabend, so erzählen es Teilnehmer. Tatsächlich kann man sich gut vorstellen, wie sie sich gegenseitig und vor allem ihrem Stadtchef Georg Eisenreich auf die Schultern geklopft haben angesichts eines Landtagswahlkampfes, der aus ihrer Sicht ja ein durchaus erfolgreiches Ende gefunden hat. Der Zuwachs der Münchner Christsozialen führte zwar noch nicht zurück auf das Niveau der Landtagswahl von 2013 (36,7 Prozent), als sie es immerhin mit dem populären Münchner Oberbürgermeister Christian Ude als SPD-Spitzenkandidaten zu tun bekommen hatten. Aber nach dem Absturz von vor fünf Jahren bedeutet das Ergebnis immerhin eine gewisse Erholung.
Vor allem hat in der Landeshauptstadt im Vergleich zu 2018 keine andere Partei ähnlich viel dazugewonnen, auch nicht die im Freistaat mächtig aufgekommene AfD (in München nur 7,1 Prozent, ein Plus von 0,7 Prozentpunkten) oder die Freien Wähler (6,9 /plus 0,8). Und die CSU-Kandidaten haben ja auch wieder die meisten Direktmandate in der Stadt geholt, fünf von neun. Insofern war die Münchner CSU vielleicht nicht der ganz große Gewinner dieser Landtagswahl, aber eine positive Bilanz ist durchaus gerechtfertigt.
"Tolle Mannschaftsleistung"
Manuel Pretzl, der auch als stellvertretender Bezirksvorsitzender amtiert, führte das erfreuliche Wahlergebnis darauf zurück, "dass wir uns mit einer bürgerlich-liberalen Politik als verlässlicher Partner präsentiert haben". Parteikollege Theiss würdigte in diesem Zusammenhang die Geschlossenheit, welche die Partei in diesem Jahr gezeigt habe. "Das war früher anders", erinnerte er und resümierte: "Der starke Zugewinn der CSU in München ist das Ergebnis einer tollen Mannschaftsleistung, die wir vor allem unserem Vorsitzenden Georg Eisenreich zu verdanken haben." Bayerns amtierender Justizminister habe eine thematische Klammer über alle Stimmkreise der Landeshauptstadt gelegt und so für einen einheitlichen Eindruck gesorgt.
In München hielten sie sich jedenfalls fern von populistisch vorgetragener Kritik an der Politik der Regierungs-Ampel in Berlin. "Wir haben eigene Themen gesetzt, und die haben gezogen", resümierte Pretzl: Bezahlbarkeit und Sicherheit des Lebens in München standen im Vordergrund; "Vernunft statt Ideologie" lautete der vielleicht noch kontroverseste Slogan. Die Münchner CSU verfolge "bewusst eine bürgerlich seriöse, großstädtische Politik", erklärte Pretzl und nannte als Beispiel die Zurückhaltung beim Thema der Unterkünfte für Geflüchtete. Da haben die Münchner Christsozialen keine populistische Kampagne gefahren, sondern versucht, einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Thema zu pflegen.