Die Zahl der an Covid-19 Erkrankten in München steigt weiter an. Am Dienstag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Inzidenz von 1497,4 für die Landeshauptstadt. Das Institut zeigte 7125 neue Corona-Fälle und fünf weitere Todesfälle an. Am vergangenen Freitag hatte das RKI noch einen Wert von 1057,3 ausgewiesen. Über das Wochenende melden kaum noch Gesundheitsämter Zahlen, so dass die Werte von Montag ungenau sind. Im gesamten Freistaat lag die Inzidenz am Dienstag bei 1096,8.
Allerdings liefern auch die Zahlen vom Dienstag nur ein sehr unvollständiges Bild der Infektionszahlen. Experten gehen von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - vor allem, weil bei Weitem nicht alle Infizierten einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung einzelner Tageswerte führen.
Das städtische Gesundheitsreferat geht davon aus, dass es in München zusätzlich eine Dunkelziffer von mindestens dem Dreifachen der offiziell gemeldeten Infizierten gibt. Man rechnet damit, dass die Fallzahlen "noch einige Tage auf hohem Niveau bleiben und der Gipfel der Klinik-Aufnahmen demnach noch nicht erreicht ist". Zudem gebe es eine deutliche Zunahme von Influenza-Meldungen.
In den Kliniken sind 637 Betten durch Corona-Fälle belegt
In den Münchner Krankenhäusern sind aktuell 637 Betten mit bestätigten Covid-19-Fällen belegt, davon 30 Intensivbetten und 17 Betten in der Intensivüberwachungspflege. Das sind insgesamt 159 Coronabetten mehr als vor einer Woche. Laut dem Divi-Intensivregister liegt der Anteil von Covid-Patienten auf Intensivstationen in der Landeshauptstadt bei etwa zehn Prozent. In 41 der 403 verfügbaren Intensivbetten liegen Patienten, die mit dem Coronavirus infiziert sind.
Hans Theiss, CSU-Fraktionsvize im Stadtrat, warnt: "Die Corona-Fallzahlen in München explodieren, und das Gesundheitssystem steht in dieser Stadt kurz vor dem Kollaps." Dies liege vor allem an der hohen Zahl von Covid-infizierten Ärzten und Pflegekräften bei ausgeprägtem Fachkräftemangel, so der Kardiologe und Intensivmediziner in einer Twitter-Botschaft: "Die Wiesn ist zum Superspreader-Event geworden, da beißt die Maus kein Faden ab." Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bekräftigte am Dienstag, dass die Wiesn aus seiner Sicht insgesamt ein Erfolg gewesen sei. Es sei klar gewesen, dass danach die Zahlen hoch gehen. "Wir müssen schauen, wie es da jetzt weitergeht."
Zuvor hatte schon der Betriebsrat der München Klinik mit drastischen Worten auf die Situation in den Krankenhäusern aufmerksam gemacht. "Die Notfallzentren sind überfüllt, die Patienten stapeln sich auf den Fluren", hieß es in einem Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter, Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (beide SPD), die Aufsichtsräte sowie an Geschäftsführung und Klinikleitung. Aus Kreisen des Betriebsrats war zu hören, in den Notaufnahmen hätten zuletzt "chaotische Zustände" geherrscht. Einen solchen Anstieg der Patientenzahlen bei gleichzeitig derart großem Personalmangel habe es seit Jahrzehnten nicht gegeben. Reiter teilte mit, dass er eine dringende Stellungnahme der städtischen Klinik angefordert habe und Vorschläge erwarte, wie mit der "unbestritten schwierigen Situation" umgegangen werden soll.