Bezirksausschuss Altstadt/Lehel:Corona leert die Kasse - und die Kultur in den Stadtteilen muss bangen

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Wenn es um Zuschüsse aus dem BA-Budget geht, wird abgestimmt - wie hier im Frühjahr 2020 im Haderner Stadtviertelgremium. (Foto: Stephan Rumpf)

Weil die Stadt spart, werden die Budgets der 25 Münchner Bezirksausschüsse um 6,5 Prozent gekürzt. Das ist nicht unproblematisch, denn just aus diesem Topf wurden zuletzt viele Kulturschaffende unterstützt.

Von Julian Raff, Altstadt/Lehel

Dass die Coronakrise eine kommunale Finanzmisere zur Folge haben wird, zeichnet sich immer klarer ab - und damit auch ein Dilemma für Münchens 25 Bezirksausschüsse: Einerseits müssen sie eine 6,5 prozentige Kürzung ihrer erst vor zwei Jahren aufgestockten Budgets hinnehmen, andererseits mutieren gerade diese Eigenmittel derzeit zu einer Art Nothilfefonds für die Stadtteilkultur, der lokalen Künstlern zwar nicht das Überleben sichert, aber immerhin den einen oder anderen Freiluftauftritt in kargen Zeiten ermöglicht. Entsprechend gemischt fallen erste Reaktionen auf die Sparmaßnahme aus, wie zum Beispiel im Bezirksausschuss (BA) Altstadt-Lehel.

Bereits am 13. Mai hatte der Stadtrat ein "Sicherheitspaket Haushalt 2020" beschlossen, das eine Finanzierungslücke von rund 200 Millionen Euro im laufenden Etat schließen soll. Vorgesehen ist dort, alle "disponiblen Haushaltsansätze im Bereich der laufenden Verwaltungstätigkeit" fürs laufende Jahr um 6,5 Prozent zu kürzen.

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In ihrer Marathonsitzung am 22. Juli hatten die Stadträte eine Reihe von Konkretisierungen dieses Sparziels beschlossen, darunter auch eine Kürzung der Stadtbezirksbudgets. Deren Gesamtsumme reduziert sich also von 4,034 auf 3,772 Millionen Euro. Michael Schlachter, Bezirksausschuss-Koordinator im Direktorium, blieb anderntags nichts anderes übrig, als die BAs ohne nochmalige Anhörung um Verständnis zu bitten. "Uns ist bewusst, dass Ihr Budget gerade in der aktuellen Zeit zusätzlich an Bedeutung gewonnen hat", heißt es in seinem Schreiben vom 23. Juli.

Der BA Altstadt behandelte das Thema in der nur fünfköpfigen Runde seines Ferienausschusses. Verständnis fürs städtische Spardiktat forderte dabei Stefan Blum (CSU). Die Kürzung sieht er als ein Stück "Solidarität gegenüber der Stadtgemeinschaft, die man von uns verlangen kann". Die BA-Vorsitzende Andrea Stadler-Bachmaier (Grüne) schlug demgegenüber vor, der BA solle eine Sonderregelung anregen und auf eine gedämpfte Kürzung um die drei Prozent dringen.

Als nach Einwohnern kleinster Stadtbezirk verfügt Altstadt-Lehel über ein Budget von 72 000 Euro, das nun um 4680 Euro gekürzt wird. Große Bezirke, wie etwa Ramersdorf-Perlach, können knapp das Vierfache ausgeben, was zwar ihrer Einwohnerzahl entspricht, nicht aber der Dichte unterstützenswerter Sozial- und Kulturinitiativen, so zumindest die City-Perspektive. Auch der BA-Vize Wolfgang Püschel (SPD) stellt sich hinter die Forderung nach differenzierter Behandlung, schließlich habe der BA jahrelang nicht ausgeschöpfte Mittel zurücküberwiesen, nur eben nicht in den letzten Jahren. Für Blum bleiben 6,5 Prozent Kürzung "Peanuts" in Zeiten, wo "manche Bürger vor dem Nichts stehen".

Was kann man sich noch leisten? Und was nicht mehr?

Der BA hatte zuletzt unter anderem Freiluftauftritte des Hofspielhauses im Lehel subventioniert und beschloss nun Zuschüsse von 4500 Euro für eine Konzertreihe im Innenhof des Stadtmuseums. An vier Abenden bis Mitte September werden dort Christoph Theußl mit seinem satirischen "Welthitz" auftreten, sowie die Mezzosopranistin Cornelia Lanz, "Peace Rebell Radio" mit Saxofonistin Carolin Breuer und das Mandy & Ronny-Musikkabarett. Weitere Zuschüsse, etwa für ein Programm im Hof des Valentin-Musäums, dürften folgen.

Ein Budget-Engpass, wie etwa auf der Schwanthalerhöhe, zeichnet sich aber nicht ab. Überhaupt hätten, zumindest unter Vor-Corona-Bedingungen "bei weitem nicht alle" BAs ihr Budget ausgeschöpft, bleibt Schlachter zuversichtlich, dass die Kürzungen verkraftbar bleiben. Auf baldige Rücknahme braucht man in den Vierteln nicht zu hoffen, eher im Gegenteil: Stadtkämmerer Christoph Frey rechnet für 2021 mit einem weiteren "Sicherheitspaket", mit Einsparungen von rund 240 Millionen Euro.

© SZ vom 13.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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