Mittlerer Ring:Der Stau wandert weiter

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Mit dem Bau des Luise-Kiesselbach-Tunnels ist den Anwohnern sicher geholfen. Doch für weite Teile Münchens erwarten Experten neue Verkehrsprobleme.

Von Marco Völklein, München

Der Mittlere Ring auf Höhe der Donnersberger Brücke (Foto: Florian Peljak)

Im Trappentreutunnel bereiten sie sich schon vor auf die Blechlawine, die vom 27. Juli an auf sie zurollen wird. Vergangene Woche erst hat der Stadtrat beschlossen, dass das Baureferat die aktuell laufenden Bauarbeiten dazu nutzen soll, die Ausfahrt in Richtung Norden umzugestalten. Statt bislang zwei sollen dort dann drei Fahrspuren auf die Donnersbergerbrücke führen. Das soll verhindern, dass sich lange Staus bilden - entweder im Tunnel oder weiter südlich davon in der Garmischer Straße. Damit werde der "Verkehrsfluss verbessert", sagt Bürgermeister Josef Schmid (CSU), der sich mit seinem Stadtratskollegen Otto Seidl diese Lösung vor ein paar Jahren hatte einfallen lassen.

Was die Politiker auf jeden Fall verhindern wollen

Verhindern wollen die beiden Politiker so, dass mit der Eröffnung des neuen Tunnels rund um den Luise-Kiesselbach-Platz eine ähnlich unschöne Situation entsteht wie vor ein paar Jahren nach der Eröffnung des Richard-Strauss-Tunnels im Münchner Osten. Dort registrierten die städtischen Verkehrsplaner 45 Prozent mehr Autos - und die standen dann an der Einfädelspur von der Ifflandstraße auf dem Isarring im Stau.

Und nicht nur dort: Insbesondere zu den Spitzenzeiten ziehen sich die Staus bis weit in den neuen Tunnel hinein. Ein solches Nadelöhr will die Stadt beim Tunnel Südwest verhindern. Die von ihr beauftragten Gutachter kommen zu dem Schluss, dass sich mit der zusätzlichen Spur im Trappentreutunnel befürchtete Staus zumindest "abbauen" lassen.

Die Fachleute des Planungsreferats warnen aber: Nach der Untertunnelung des Rings wird der Autoverkehr im Bereich der Garmischer Straße bis zum Jahr 2025 um 40 Prozent wachsen. Im Bereich der Heckenstallerstraße prognostizieren die Experten einen Zuwachs um 33 Prozent. Auch auf anderen Ring-Abschnitten dürfte es eng werden: Im Bereich Trappentreutunnel/Donnersbergerbrücke wird die Zahl der Autos nach den Simulationen des Planungsreferats von 150 000 Fahrzeugen täglich auf 166 000 im Jahr 2025 steigen.

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Welche Auswirkungen der Tunnel auf Bus und Bahn haben kann

Am anderen Ende des Tunnels, auf der Brudermühlbrücke, erwarten die Planer eine Zunahme von jetzt 130 000 auf 149 000 Fahrzeuge. Besonders eng könnte es an einer jetzt schon neuralgischen Stelle werden - vor der Einfahrt zum Landshuter-Allee-Tunnel. Mit der von der CSU ausgetüftelten Drei-Spuren-Lösung am Nordende des Trappentreutunnels werde der Stau nur verlagert, kritisiert Grünen-Stadtrat Herbert Danner. "Aber gelöst werden die Verkehrsprobleme so nicht."

Auswirkungen könnte der neue Tunnel auch auf Busse und Bahnen haben. Manche Experten befürchten eine größere Verkehrsverlagerung im Münchner Südwesten: weg von Bus und Bahn hin zum Auto. Die Überlegung dabei: Wenn der neue Tunnel fertig ist, werden viele Pendler aus der Gegend umsteigen und statt mit der S-Bahn wieder mit dem Auto unterwegs sein. Doch genaue Untersuchungen dazu gibt es nicht. Von den Fachleuten beim MVV, bei der S-Bahn wie auch bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) gibt es unterschiedliche Aussagen dazu. Gemein ist ihnen ein Grundtenor: "So richtig wissen wir es nicht."

Warum die Bahn die Sache entspannt sieht

Die Planungsabteilung des MVV glaubt, "dass jegliche größere Maßnahme, die die Fahrtzeit zugunsten des Autos verändert, dem öffentlichen Nahverkehr Fahrgäste entzieht". Detaillierte Untersuchungen im Bezug auf den neuen Tunnel lägen aber nicht vor. Die Messungen dazu wären "sehr aufwendig". Eine "seriöse quantitative Schätzung" könne man daher nicht abgeben. Auch die BEG, die im Auftrag des Freistaats die S-Bahnen bestellt und bezahlt, hat nach Auskunft einer Sprecherin keine Prognosen erstellt.

Relativ entspannt sieht man die Sache indes bei der Deutschen Bahn: Die Auswirkungen auf den Linien S 6 und S 8 dürften "nicht allzu negativ ausfallen", glaubt man dort. Selbst wenn "einige Verkehrsteilnehmer vom Zug auf das Auto wechseln", so ein Bahnsprecher, würden die allgemein steigenden Bevölkerungszahlen diesen Rückgang schon ausgleichen. Mit Mindereinnahmen rechnet der Konzern jedenfalls nicht. Auch die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) erklärt: "Wir haben zu dem Thema keine Prognosen." Dafür aber die Hoffnung, so MVG-Sprecher Matthias Korte, "dass die baustellenbedingten Verspätungen dann erledigt sein werden". Darunter hatten vor allem die Fahrgäste der Buslinien X 30, 54 und 63 zu leiden.

© SZ vom 22.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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