Kleinkunst-Gipfel:Man spricht weanerisch

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All-Star-Group der österreichischen Kabarettszene: Thomas Maurer, Florian Scheuba und Robert Palfrader (von links) sind als "Wir Staatskünstler" unterwegs. (Foto: Ingo Pertramer)

Im März wird das Lustspielhaus zur Dependance österreichischer Kabarettisten

Von Oliver Hochkeppel, München

Im Frühjahr 2019 sprach Schwabing schon mal wienerisch: "Wean Oida" stand groß auf Plakaten, die diverse österreichische Kleinkünstler und Musiker ankündigten. Denn seit Münchens Kleinkunst-Mogul Till Hofmann 2011 den Stadtsaal mitbetreibt, Wiens wohl schönsten Kabarett-Tempel, sind die Szenen der beiden Städte enger denn je miteinander verbunden. Das zeigt sich in diesem März erneut, wenn das Lustspielhaus wieder quasi zur Wien-Dependance wird.

Wir Staatskünstler

Los geht es am 3. März mit Wir Staatskünstler. Ursprünglich ein Fernsehserientitel, behielt die All-Star-Group der österreichischen Kabarettisten den Namen auch für ihre gemeinsamen Bühnenauftritte. Mit Thomas Maurer, Florian Scheuba und Robert Palfrader sind drei der kreativsten und kritischsten Köpfe des Landes versammelt. Ihre Rolle haben sie hier als Investigativ-Organ gefunden, das die vielen kleinen und großen Skandale im politischen Betrieb Österreichs beleuchtet, mitunter sogar aufdeckt. Ihre zuhause berühmten "Saisonbilanzen" finden bei ihrem als Deutschland-Premiere ins Lustspielhaus gebrachten aktuellen Programm eine Fortsetzung. Das liefert eine klare Antwort auf die Frage, ob es politisches Kabarett noch braucht: "Jetzt erst recht!"

Robert Palfrader

Solo ist Robert Palfrader zwei Wochen später noch einmal zu Gast, die schillerndste Figur unter den vielen bunten Wiener Kabarett-Vögeln: Aus einer ladinischen Familie mit Heiligen und prominenten Wintersportlern in der Ahnenreihe stammend, arbeitete er sich vom "Chef de Rang" im Wiener Hotel Marriott und Betreiber des Café Torbergs zu einem der bekanntesten Darsteller des Landes hoch. In Fernsehfilmen und Serien wie "Braunschlag" und "Altes Geld", vor allem aber als Gallionsfigur des ORF-Kabarettformats "Wir sind Kaiser". In seinem ersten Solo-Programm "Allein" nimmt sich der ehemalige Jesuitenschüler, heute bekennende Atheist - "meine Ersatzreligion ist die Wissenschaft" -, höchst aktuell die Glaubensgrundsätze, Verkündigungen, Offenbarungen und Verfehlungen insbesondere der römisch-katholischen Kirche zur Brust.

Michael Buchinger

Generell sind österreichische Kabarettisten in ihrer Medienlandschaft weit präsenter als die deutschen in unserer. So wurde der 26-jährige Wiener und studierte Anglizist Michael Buchinger zunächst durch seine Youtube-Podcasts zu einem der wichtigsten Influencer Österreichs. Der früh die Landesgrenzen sprengte: Schon 2015 bekam er für seinen Video-Blog "Michaels Hass-Liste" den Deutschen Webvideopreis, 70 Prozent seiner Fan-Base sind heute Deutsche, schätzt seine Managerin. Von den neuen Medien aus eroberte er auch die alten. Sein erstes Buch "Der Letzte macht den Mund zu" stieg auf Platz 11 der Spiegel-Bestsellerliste ein. Inzwischen ist er beim dritten Buch, das nun auch sein zweites Bühnenprogramm - im Lustspielhaus ebenfalls als Deutschland-Premiere zu sehen - speist: Mit "Ein bisschen Hass muss sein" heizt er seinen Fans wieder mit einer gehörigen Prise Zorn ein.

Science Busters

Wie innovativ die österreichische Kleinkunstszene ist, zeigt auch die Erfolgsgeschichte der Science Busters . 2007 fanden der Wiener Kabarettist Martin Puntigam und die beiden Physiker Heinz Oberhummer und Werner Gruber zu diesem damals völlig neuen, bis heute einzigartigen Wissenschaftskabarett zusammen. Von Puntigams piesackender Moderation zusammengehalten und inzwischen als Kollektiv von acht Forschern und Kabarettisten aufgestellt, werden ernsthafte wissenschaftliche Fragen verständlich und für gesellschaftliche Grundsatzfragen anwendbar gemacht. In mehr als 70 Bühnenprogrammen, seit 2011 auch im ORF-Fernsehen wurden so diverse Themen physikalisch-technisch abgeklopft, von James Bond bis Game Of Thrones, vom Oktoberfest bis zur Mondlandung. Im aktuellen Programm "Global Warming Party" geht es um den Klimawandel, bis zu Corona, dem "Posterboy" der Weltprobleme, wie Puntigam sagt. Wer sich vorbereiten will: Im Hanser-Verlag ist bereits das Buch dazu (sowie das von Thomas Loibl eingelesene Hörbuch) erschienen.

Manuel Rubey

Vom Kino zum Kabarett: Manuel Rubey hat mit "Goldfisch" eine dämonische Parabel geschrieben (Foto: Wolf Silveri)

Eigentlich ein Filmstar ist auch Manuel Rubey. Der gelernte Schauspieler und Sänger hat in Österreich durch zahllose Fernseh- und Filmauftritte, vor allem aber durch seine Kino-Rolle als Falco (2007 war das) einen großen Namen. Zum Bühnenkabarett fand er durch zwei Duo-Programme mit Thomas Stipsits, die mit allen verfügbaren Preisen überschüttet wurden. Nun ist Rubey in seinem ersten Soloprogramm "Goldfisch" zu erleben. Das steht in der besten Tradition der großen Monolog-Stücke eines Helmut Qualtinger oder Josef Hader: Scheinbar das eigene Leben rollt sich da zur großen, dämonischen Parabel aus, garniert mit fantastischen und musikalischen Exkursen.

Stermann & Grissemann

Zum Schluss ist das erfolgreichste österreichische Satiriker-Duo an der Reihe, passenderweise zugleich ein Monument deutsch-österreichischer Kabale und Freundschaft: Stermann & Grissemann. Im Hörfunk des ORF begannen der Österreicher Christoph Grissemann und der Deutsche Dirk Stermann 1991 ihr Treiben mit der Sendung "Salon Helga". Von 1997 an waren sie dann regelmäßig im Fernsehen präsent, seit 2007 bis heute jeden Donnerstag mit der Late-Night-Show "Willkommen Österreich". Seit 1999 machen sie auch Bühnenprogramme, deren Titel wie "Karawane des Grauens" oder "Ohrfeigenanstalt" nicht übertrieben sind. Gerne packen die beiden den Holzhammer aus, auch mal gegeneinander, so wie jetzt in "Gags, Gags, Gags."

Wir Staatskünstler, Do., 3. März, Michael Buchinger, Sa., 5. März, Robert Palfrader, Fr., 18. März, Science Busters, Sa., 19. März, Manuel Rubey, Sa., 26. März, Stermann & Grissemann, Mi. und Do., 30. und 31. März, jeweils 20 Uhr, Lustspielhaus, Occamstr. 8, Tel. 34 49 74

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