Lufthansa-Streik:Die Stunde der Konkurrenz

Lesezeit: 2 min

Stornieren, umbuchen, umsteigen: Viele Münchner gehen trotz des Streiks auf Reisen. Wenn die Piloten nicht arbeiten, müssen eben alle anderen einspringen.

Michael Tibudd

Die Menschen, die seit Ende vergangener Woche ihr Reisebüro am Münchner Hauptbahnhof stürmten, kamen Claudia Volk gerade recht. "Lauter Leute, die im Internet gebucht haben", sagt die Inhaberin. "Da haben die möglichst günstig online ihren Flug gekauft, und jetzt erzählen sie mir ihre Lebensgeschichte, damit ich ihnen helfe." Claudia Volk hat dann schon mal den einen oder anderen abblitzen lassen, "vor allem die Unverschämten", sagt sie - und sich voll und ganz ihren ureigenen Kunden gewidmet. "Wir als Reisebüro haben eigene Ansprechpartner bei der Lufthansa, wir können in so einem Fall viel schneller etwas ausrichten als Einzelkunden an der allgemeinen Hotline."

Lufthansa-Schalter in München: Der auf vier Tage angesetzte Streik der Lufthansa-Piloten wird große Teile des Flughafens lahmlegen. (Foto: Foto: AP)

So ein Fall, das ist in diesem Fall der Streik der Lufthansa-Piloten, der vom heutigen Montag an gute Teile des Flugverkehrs von Deutschlands größter Airline lahmlegt. Nur wenige dürften dieser Situation etwas Gutes abgewinnen wie Reisebüro-Chefin Claudia Volk: "Jetzt kann ich meinen Kunden wieder mal zeigen, warum es sich lohnt, etwas mehr Geld für guten Service auszugeben."

"Es rufen pausenlos Kunden an"

Jegliche Servicekompetenz muss man auch bei AOT Travel Management in der Nymphenburger Straße ausschöpfen. Dort ist man auf Geschäftskunden von mittelständischen Unternehmen spezialisiert. "Es rufen pausenlos Kunden an", berichtet der Leiter der Touristikabteilung Robert Drotleff.

Die Informationspolitik der Fluglinien ist dabei auch für Profis wie ihn nicht ohne weiteres zu durchschauen: "Swiss hat mitgeteilt, dass alle Swiss-Flüge operated by Swiss starten", berichtet Drotleff. "Aber was ist mit den Swiss-Flügen operated by Lufthansa?" Die Swiss gehört der Lufthansa, man bietet häufig ein und denselben Flug unter unterschiedlichen Namen an - was das im Falle dieses Streiks bedeutet, weiß zunächst einmal niemand.

Es sind insbesondere Geschäftsreisende, die um jede Möglichkeit kämpfen, Termine etwa im Ausland wahrnehmen zu können. Ein Kunde von AOT etwa muss am Montag unbedingt nach Ankara. Statt im Nonstop-Flug mit der Lufthansa muss er jetzt mit Turkish Airlines fliegen, wohin er sicherheitshalber umgebucht wurde, "mit Umsteigen und stundenlanger Wartezeit in Istanbul - nicht gerade ideal, wenn man einen wichtigen Termin hat", bedauert Drotleff.

So wie er im kleineren Maßstab muss auch BCD Travel mit entsprechendem Unmut von Geschäftsleuten fertig werden. BCD zählt zu den Großen der Branche, zu den 7500 betreuten Kunden zählen auch viele aus München. Bei einer Reisezeit unter vier Stunden prüft man dort in der Regel, ob eine Bahnfahrt als Alternative möglich ist. Oder die Berater empfehlen, ein Auto zu mieten.

Sonderschichten am Samstag

"Wir richten uns auf eine höhere Nachfrage ein", sagt entsprechend ein Sprecher des Vermietkonzerns Sixt. Man werde einen größeren Teil der deutschlandweit 40.000 Fahrzeuge starken Flotte an Flughäfen und Bahnhöfen bereitstellen als sonst. Einen etwas geringeren Spielraum haben da die vielen kleinen Autovermieter, die im Stadtgebiet verteilt sind.

Bei der Autovermietung Pasing allerdings könnte man bei Bedarf den Teil der 160-Fahrzeuge-Flotte in den Vermietbetrieb nehmen, der sonst für das Car-Sharing bereitsteht. Wie hoch dieser Bedarf sein könnte, dazu konnte zum Ende vergangener Woche auch bei der Hertz-Filiale an der Leopoldstraße niemand Auskunft geben. "Das zeigt sich oft auch ganz kurzfristig", heißt es dort. Kurzfristig will auch die Deutsche Bahn auf die Folgen des Streiks reagieren: Das Unternehmen werde "im Rahmen seiner Möglichkeiten kurzfristig einzelne zusätzliche Züge einsetzen", hieß es.

Ohne viel Vorlauf umplanen mussten indes bereits die Mitarbeiter von Studiosus-Reisen zahlreiche Arrangements. Zwei der typischen Gruppenreisen hat der Münchner Anbieter für die vier Streiktage über die Lufthansa organisiert, rund zwei Dutzend Flüge nach St. Petersburg und Kairo galt es umzubuchen.

"Es hat funktioniert, aber es war ein großer Aufwand für uns", schildert Habib Kandemir, Leiter der Verkehrsabteilung. Immerhin drei Mitarbeiter mussten dazu am Samstag eine Sonderschicht einlegen, nachdem die Lufthansa erst am Freitagabend ihren Notflugplan veröffentlicht hatte. Und die Extraarbeit geht weiter: "Es gibt ja auch viele Kunden, die im Moment verreist sind. Für die müssen wir jetzt Rückflüge organisieren", sagt Kandemir.

© SZ vom 22.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Streik bei der Lufthansa
:Die Rechte der Passagiere

Von Montag an streiken die Lufthansa-Piloten und ein Großteil der Flieger bleibt am Boden - die Rechte der betroffenen Passagiere im Überblick.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: