Baumschutz:Damit München nicht noch grauer wird

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Reste einer Platane am Sendlinger Tor: Doch auf öffentlichem Grund wurden vergangenes Jahr sogar 70 Bäume mehr gepflanzt als gefällt. (Foto: Stephan Rumpf)

20 000 Bäume wurden in den vergangenen zehn Jahren in der Stadt bei Bauprojekten gefällt und nicht ersetzt. Nun soll auf Immobilienfirmen und private Bauherren mehr Druck gemacht werden.

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Mehr für den Baumschutz zu tun und ein zeitgemäßes "Konzept für Baumersatz" zu erstellen - dazu hat der Bezirksausschuss (BA) Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt einstimmig die Stadt aufgefordert. Um das stark verdichtete Viertel grüner zu machen, schlägt das Gremium vor, dafür die Kautionen einzusetzen, die bei Baumfällungen anfallen, um einen Ersatz zu garantieren. Der BA-Vorsitzende Benoît Blaser (Grüne) wünschte sich dazu "eine städtische Offensive".

Zwar ist die Bilanz auf öffentlichem Grund seit Jahren positiv, am Dienstag meldete das Rathaus, im Jahr 2020 seien 70 Bäume mehr gepflanzt als gefällt worden - in Parks und Grünanlagen, auf Friedhöfen und entlang von Straßen. Doch auf Privatgrund sieht die Lage anders aus: In den vergangenen zehn Jahren habe die Stadt 20 000 Bäume verloren, hieß es in der BA-Sitzung. Angesichts solch hoher Verluste müsse ein Konzept her, Baumschutz könne da "keine Sache von Einzelfallentscheidungen" sein.

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Die drei Baumschutzbeauftragten Arne Brach (Grüne), Katrin Nesemann (FDP) und Kristian Greite (SPD) hatten einen Katalog von Fragen an die Verwaltung und die Untere Naturschutzbehörde zusammengestellt. Wie oft wird nicht nachgepflanzt? Wie viele Bäume hat der Stadtbezirk in den letzten Jahren verloren? Wie viel Kaution ist zusammengekommen? Was wurde damit gemacht? Gibt es Pläne, diese Mittel im Sinne einer Stadtbegrünung oder des Grünerhalts zu nutzen?

Zudem möchte der BA erreichen, dass die Kautionen steigen. Arne Brach sagte in der Sitzung, für Bauunternehmen seien 750 Euro für die Kaution "ein Witz" angesichts von Millionenprojekten. Unternehmen sollten mindestens 5000 Euro pro gefälltem Baum bezahlen. Das Geld könne für Begrünung genutzt werden. Auch Privatpersonen sollen mehr zahlen, eine Verdopplung auf 1500 Euro schlugen die Baumschutzbeauftragten vor. Als "Ansporn, schneller nachzupflanzen", sagte Brach - oder sogar dafür, auf eine Fällung ganz zu verzichten. Auch in den Vorschlägen enthalten ist eine "Verpflichtung zur Mehrfachpflanzung", um verlorenes Volumen auszugleichen. Und eine Ausweichmöglichkeit an andere Stellen im Viertel, sollte dort, wo ein Baum gefällt wurde, keine Nachpflanzung möglich sein. Auch sollen Bäume zügiger ersetzt werden - möglichst binnen sechs Monaten, spätestens nach zwölf Monaten.

Den vorgeschlagenen "Ausgleich des Baumvolumens" hat das Gremium nun bereits in einem Antrag im Nachgang zu den 14 kürzlich gefällten Bäumen an der Thalkirchner Straße aufgenommen. Danach soll etwa auf Höhe des Viehhofs, wo die Bäume gefällt wurden, nicht nur lediglich die Anzahl der gefällten Bäume ersetzt werden, sondern der ökologische Verlust. Auch sollen möglichst schon ältere und größere Bäume gepflanzt werden. Man wolle an der Stelle "ein Zeichen setzen gegen den jährlichen Baumverlust in der Stadt" - mehr und größere Pflanzgruben anlegen, ein neues Straßenprofil, das Pflanzen priorisiert, Parkplätze für Autos reduziert und Fußgängern und Radfahrern mehr Platz bringt. Auch dieser Beschluss auf Antrag der Grünen wurde vom Gremium einstimmig gefasst.

Weitreichende Sanktionen bei ungenehmigten Grundstücksrodungen fordert unterdessen die Rathaus-CSU. Im Planungsausschuss am 3. Februar wird über den Antrag verhandelt, künftig ein Baustopp von zwölf Monaten zu veranlassen, sollte ein Bauwerber ohne Genehmigung Bäume gefällt oder das Grundstück gerodet haben.

© SZ vom 29.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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