Luciano in der Münchner Olympiahalle:Der Hahn und sein Hühnerhaufen

Lesezeit: 3 Min.

Gestählt und galant wie aus einer Netflix-Richkid-Serie: der Berliner Rapper Luciano. (Foto: Tim Adorf)

Der Berliner Luciano ist der reichweitenstärkste Rapper Deutschlands. Das reicht ihm nicht, deswegen lässt er jetzt auch Geflügel brutzeln.

Von Michael Zirnstein

Wer will auch "bis zu 250 000 Euro/Jahr dazuverdienen"? Einfach Kontaktformular ausfüllen - "und wir melden uns umgehend bei dir". Willkommen in der Business-Blase der Berliner der Hip-Hop-Bosse. Das sind die, die selbst mit den längsten Limousinen nie Parkplatzprobleme haben; die mit den knapp bekleideten Frauen auf dem Rücksitz. Drinks in Beverly Hills, Champagner-Frühstück mit Blick auf den Eiffelturm, Chillen im Privat-Jet nach Dubai - so posiert Luciano gerade auf seinem Instagram-Portal.

Nicht wenige seiner Fans dürften auch von solch Leben mit Schmaus und Braus, mit Bros und Pos träumen. Nun will Luciano seinem Gefolge nicht nur was vormachen, sondern es wirklich reich machen.

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Was also steckt dahinter: Der 30-jährige Selfmade-Millionär Patrick Großmann alias Luciano verkauft dank seiner Popularität nicht nur Musik ("Beautiful Girl") millionenfach, sondern bereits auch Cornflakes und Eistee. Jetzt hat er seine eigene Fast-Food-Kette "Loco Chicken" eröffnet, will also nicht nur "Mios mit Bars" wie in seinem Hit scheffeln, sondern auch mit Restaurants. Bisher stehen seine Fans nur an einem einzigen Laden in Friedrichshain Schlange, um frittierte Hühnchen mit Weißer-Trüffel-Geschmack im Papp-Eimer zu kaufen, aber noch 2024 sollen es 24 Filialen sein.

Wichtiger noch sind die jedoch die "virtuellen Restaurants". Was ist denn das schon wieder? Lucianos "Loco Chicken" (der Namen kommt von seiner ersten Hip-Hop-Truppe Loco Squad Gang) soll vor allem über "Ghost Kitchens" vertrieben werden: Unausgelastete Partner-Restaurants braten mit bereitgestellten Fritteusen und Zutaten nach Lucianos Rezepten die Speisen, die dann über die App "Lanch" geordert und per Lieferdienste verteilt werden. Derzeit sind das etwa 100, aber es sollen viel mehr werden. "Jetzt bewerben!"

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Kurz und gut: Patrice, Dagobert, Leony, Luciano, Dilla und Lena punkten nicht mit langen Namen, sondern mit Persönlichkeit.

Von Michael Zirnstein

Größenwachstum ist das Ziel des Sohns einer Deutschen und eines Mosambikaners: Mit dem Stück "Jagen die Mio" fing es an; ein Traum, den er mit Millionen Fans teilt und sich selbst längst erfüllt hat: Alle sieben Alben von "Eiskalt" bis zuletzt "Sedcutive" landeten in den Top Ten. Was aber viel einträglicher ist: In den vergangenen drei Jahren war Luciano nach Angaben seines Labels Universal mit etwa einer Milliarde Durchläufen der meistgestreamte Künstler Deutschlands.

"Trotz all dem Schmerz im Herz sind wir, wer wir sind", rappt Luciano. (Foto: Tim Adorf)

Er hat immer groß gedacht, sich nicht am Berliner Aggro-Klang orientiert, sondern zuerst am Trap-Sound französischer Banlieues, dann am "Drill-Rap", der von den Gang-beherrschten Vierteln Chicagos über Süd-London und New York um die Welt ballert - mit Puffs und Pengs im Stakkato wie aus einer kunstvoll choreografierten Bruce-Lee-Prügelei und brutalem Gossen-Slang. Aber Luciano wollte nie der Böseste, Krasseste sein, sondern ein Popstar: Er klingt also hart, ist aber harmlos, hat Gespür für Melodik und zeigt - auf seine machohafte Art - sogar so etwas wie Respekt vor dem weiblichen Objekt der männlichen Begierde.

München ist eine Marktlücke

Dass der deutsche Markt ihm auf Dauer zu klein ist, zeigt er aktuell auch wieder auf "Seductive". Dessen lähmende Länge von 29 Tracks inklusive zweier Intros und eines Outros lässt sich für viele nur damit erklären, dass er möglichst viele Kollaborationen mit Stars aus aller Welt darauf unterbringen musste ("Track-Massentierhaltung", urteilte das Pop-Portal laut.de): Er rappt mit dem Türken Uzi, mit Niska ("Blue Porsche") und Freeze Corleone ("Haaland") aus Frankreich, RAF Camora aus Österreich ("Kinder der Streets"), Morad aus Spanien, Sfera Ebbasta aus Italien und dem Briten Stefflon Don. Und auch Bia ("Mami"), Aitch ("Soldier"), Gzuz von 187 ("2 Germans") und Omah Lay aus Nigeria bringen "Another Vibe", also ihre Styles und ihre Zielgruppen mit.

Luciano zelebriert sich in seinen Videos meist als von irgendwelchen Geschäften geschleifter Businessman, gestählt, galant, glatt wie in einer Netflix-Rich-Kid-Serie, einsam, aber geborgen hinter dunklen Rolls-Royce-Scheiben oder in einem Streicherensemble: "Trotz all dеm Schmerz im Herz sind wir, wer wir sind."

Wer sich von einem brutalen Leben in Reichtum nicht abschrecken lassen möchte, könnte nun also eine Partnerschaft mit Luciano anstreben, wenn auch eher keine musikalische. München ist eine Marktlücke: "Loco Chicken Giesing" gleich neben Schinken Peter taucht in der Lanch-App nicht auf, die nächsten offiziellen Franchise-Filialen werden in Augsburg und Friedberg gelistet.

Luciano, München, Olympiahalle , Samstag, 24. Februar 2024, 20 Uhr, und 2. Dezember 2025

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