Lokal "Tal 1":Digital Detox und nachhaltiges Essen im Schutzbunker

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"Bei mir Zuhause wird auch nichts weggeschmissen": Wenn Holger Stromberg kocht, nutzt er alle Teile des Selleries. (Foto: Robert Haas)

In Ruhe essen statt permanent aufs Handy schauen: Holger Stromberg eröffnet sein neues Lokal Tal 1 und will die Gäste vom schonenden Umgang mit Ressourcen überzeugen.

Von Laura Kaufmann

Ähnlich wie für Mieter ist es auch für Gastronomen nicht leicht, ein erschwingliches Objekt in zentraler Lage zu finden. Aber manchmal kommt so etwas wie Glück ins Spiel. Und so gelangte Holger Stromberg durch ein paar Zufälle - eigentlich war er auf der Suche nach einem neuen Ort für seine Wurstbude Curry 73 - an seine neueste Event-Location. Benannt ist sie nach ihrer Adresse: Tal 1. Unter dem denkmalgeschützten Gebäude der Stadtsparkasse liegt ein Keller, den die Bank lange Zeit selbst gelegentlich für Veranstaltungen nutzte.

Früher war der Keller ein Schutzbunker. Die Mauern sind dick, kein Handyempfang. "Digital Detox", sagt der Starkoch. Das passt zu seiner Philosophie des achtsamen und nachhaltigen Umgangs. Wer im Tal 1 zu Gast ist, konzentriert sich auf das, was er gerade erlebt: gute Gespräche, gutes Essen. Und er genießt, ohne nebenbei sein Smartphone zu checken.

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Nach Kounge, Kutchiin und Campus Loft ist es die vierte Event-Location Strombergs in München. Umgesetzt wird alles: Firmen-Events, Kochkurse, Hochzeiten. Für das Tal 1 hat sich Stromberg geführte Streifzüge über den Viktualienmarkt überlegt, die er hier ausklingen lassen will. Den Leuten nachhaltigen Umgang mit Ressourcen nahezubringen, in einem solchen Rahmen funktioniert das gut. Als eines der Food-Konzepte schwebt ihm für den verwinkelten Gewölbekeller, der mit einem Mix aus bayerisch gedrechselten Tischen und modernen Stühlen eingerichtet ist, Sellerie vor. Mit Blue Cheese zum Beispiel. Und so fungiert dieser auch in dekorativen Glaskübeln gebettet als Dekoration.

"Mit Sellerie kann man viele Leute davon abhalten, Fleisch zu essen", sagt er. Noch eines dieser Anliegen. Nicht jeder soll zum Vegetarier mutieren, er ist selbst keiner. Aber die Leute sollen Fleisch wieder als etwas Besonderes ansehen. Ein Gericht hat Holger Stromberg für sein Catering erfunden, das allein aus den verschiedentlich zubereiteten Teilen einer Selleriepflanze besteht. Die Leute sind begeistert - und Stromberg auch, weil er die ganze Pflanze verwerten kann.

"So koche ich. Bei mir Zuhause wird auch nichts weggeschmissen." Dort bekocht er zum Beispiel den vierjährigen Junior. Die Familie ist mit ein Grund, warum er dieses Jahr angefangen hat, kürzer zu treten. Wobei mit kürzer treten immer noch mindestens ein Vollzeitjob gemeint ist: 45 Mitarbeiter hat er, ein Cateringunternehmen und eine Consultingfirma, mit der er Speisekonzepte zum Beispiel für das Cotidiano entwirft. Aber es heißt auch, eben nicht mehr der Koch der deutschen Fußballnationalmannschaft zu sein. Nach zehn Jahren hat er sich von dieser Aufgabe verabschiedet. Er war 250 Tage im Jahr unterwegs, hatte sechseinhalb-Tage-Wochen, und die Tage dauerten oft 18 Stunden.

"Ich bin ein Freizeitlegastheniker", sagt Stromberg. Aber er will jetzt lernen, wie das geht. Freie Zeit genießen. Mal das Residenztheater besuchen und eine Pinakothek. Vorhin kaufte er noch CDs für die Eröffnungsfeier des Tal 1, und in der Musikabteilung stand einer mit Kopfhörern auf, völlig versunken zuhörend. So etwas will Holger Stromberg auch können.

Wenn er dazu kommt, natürlich. Ein neuer Ort für die Currywurstbude will gefunden, die Idee der Ressourcenschonung verbreitet werden. Ein modernes, zeitgemäßes Wirtshaus mit kreativen, vegetarischen Gerichten wäre eine Idee. Jetzt muss er erst einmal neue Glühbirnen für die Lampen im Gewölbekeller besorgen. Könnte er natürlich delegieren. Aber er ist eben Macher.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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