Landtagswahl:Der Kampf ums Rathaus hat begonnen

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Sichtlich blass geworden: Oberbürgermeister Dieter Reiter mit SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen nach Bekanntgabe der ersten Prognosen der Landtagswahl. (Foto: dpa)

Dass die SPD in München fast 20 Prozentpunkte verliert und auf den dritten Platz hinter CSU und Grünen zurückfällt, das ist unfassbar brutal für die Partei. Das muss sie schockieren - und alarmieren.

Kommentar von Kassian Stroh

Ist ein Schmerz weniger schlimm, wenn er sich ankündigt, ein Schock weniger schwer, wenn er in Zeitlupe daher kommt? Dass die Sozialdemokraten bei der Landtagswahl auch in München miserabel abschneiden würden - das war nach den Umfragen abzusehen. Dass sie aber in der Landeshauptstadt nur noch den dritten Platz einnehmen nach CSU und Grünen, dass sie fast 20 Prozentpunkte verlieren, das ist unfassbar brutal für die SPD. Das muss sie schockieren. Nicht zuletzt mit Blick auf die für sie so immens wichtige Kommunalwahl in nicht einmal mehr eineinhalb Jahren.

Man darf aus einer Landtagswahl nicht zu viel ableiten für andere Wahlen. Ob Europa-, Bundestags- oder Stadtratswahl - stets geht es um eigene Themen, um andere Kandidaten, andere politische Großwetterlagen. Aber das Ergebnis vom Sonntag reiht sich für die Münchner SPD ein in eine Serie von Wahlsonntagen, die eine stete Abwärtsspirale illustrieren. Schon bei der Bundestagswahl vor einem Jahr wurde sie von den Grünen auf Platz drei verwiesen, schon bei der Stadtratswahl 2014 war sie erstmals nur zweite Kraft hinter der CSU. Jahrzehntelang konnte sich die SPD daran aufrichten, dass sie vielleicht im Land Bayern stetig an Bedeutung verliert, ihre Hochburg München aber eisern verteidigen konnte. Diese Gewissheit ist dahin. Das ist alarmierend. Zumal da die SPD ja einen Wahlkampf vor allem mit dem Thema Wohnen geführt hat - und in Sachen Mieterschutz ist sie in München ohne Frage die am klarsten positionierte und glaubwürdigste Partei.

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Die Grünen holen fünf der neun Direktmandate, die übrigen gewinnt die CSU. Die Sozialdemokraten gehen leer aus, sie verlieren im Vergleich zur Wahl von 2013 fast 20 Prozentpunkte.

Von SZ-Autoren

Sie hat es sich viel zu lange bequem gemacht hinter dem breiten Rücken ihres unangefochtenen Oberbürgermeisters Christian Ude, dessen Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl vor fünf Jahren ja zumindest in der Stadt ihr Ergebnis stabilisierte. Nun führt zwar Dieter Reiter das Rathaus, der gute Chancen haben dürfte, den OB-Posten 2020 zu verteidigen. Das aber reicht nicht, um die SPD, die von ihrem Verlierer-Image zu Boden gedrückt zu werden droht, auch zur bestimmenden Kraft im Rathaus zu machen.

Die Partei und die Stadtratsfraktion müssen sich profilieren und Gehör verschaffen, im Landtag werden die Münchner Sozialdemokraten künftig weit weniger Abgeordnete stellen, die ihre Anliegen dort vertreten können. Mit diversen Initiativen für drastisch sinkende Kita-Gebühren zum Beispiel oder für günstigere Mieten haben sie das zuletzt begonnen. Und gerade letzteres ist ein Thema, mit dem sie auch den Grünen begegnen können, die sich zur neuen Volkspartei in München aufschwingen wollen. Denn wenn es darum geht, neues Baurecht zu schaffen, ist deren Position mitnichten eindeutig. Die SPD muss, wenn sie sich nicht selbst aufgibt, den Kampf aufnehmen. Der Kampf ums Münchner Rathaus hat am Sonntagabend begonnen.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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