Alternativen für die Festtage:O du andere

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Der Weihnachtsmann seilt sich ab. Gesehen in Höhenkirchen. (Foto: Claus Schunk)

Sieben Tipps, wie man die Weihnachten auch ohne Verwandte und Konzertbesuche übersteht.

Von SZ-Autoren

Dieses Weihnachten wird anders: keine Verwandtenbesuche, kein Essengehen im Lieblingslokal, keine Konzert- oder Theaterbesuche, nicht einmal Kino. Selbst die Eisstadien sind geschlossen. Und Schnee liegt voraussichtlich auch nicht. Also kann die Völlerei daheim nicht einmal mit Schlittenfahren, Schneemannbauen oder wenigstens einem langen Winterspaziergang unterbrochen werden. Um die vier Tage von Heiligabend bis Sonntag dennoch herum zu kriegen, ohne dass der häusliche Frieden nachhaltig Schaden nimmt, hier ein paar Tipps aus der SZ-Redaktion.

Knobeln mit Fotos

Wer hat sie nicht im Fundus? Diese Fotos, die einem peinlich sind, weil man so doof darauf aussieht, die aber mit einem gewissen zeitlichen Abstand sehr lustig sind. Oder die Fotos, auf denen man sich eigentlich nicht wiedererkennt. Hatte ich jemals so einen gruseligen Stufenschnitt? Habe ich wirklich einmal Socken in Sandalen getragen? Warum nicht an den stillen Feiertagen ein Schnippchen aus den amüsanten papierenen Erinnerungen schlagen?

Alles, was man braucht, sind ein paar Freunde, die Lust auf eine weitere Videokonferenz und Spaß am Knobeln haben. Jeder sucht ein Foto von sich heraus, auf dem er möglichst nicht wiederzuerkennen ist und schreibt eine kleine Geschichte dazu auf. Einer der Freunde sammelt Bilder und Texte. In der Videorunde bekommt dann jeder ein Foto plus Geschichte vorgelegt und darf rätseln, wer darauf zu sehen ist. Wer könnten die schlammbeschmierten Jungs vor dem Militärwagen nur sein?

Hüttenbauen im Wald

Irgendjemand hatte die Idee im ersten Lockdown im Frühjahr - und dann machten immer mehr mit: Auf einmal standen in dem lichten Waldstück zwischen Neukeferloh und Möschenfeld jede Menge selbst gefertigte Tipis. Abgebrochene Äste, heruntergefallene Zweige - was sich auf dem Waldboden finden ließ, wurde von Kinderhänden geschickt zu Hütten und Zelten zusammengebaut. Baumstümpfe dienten in den Unterschlüpfen als Stühle, Mooskissen, um Lücken im Bauwerk zu stopfen. So entstand über Wochen ein richtiges Dorf und die Kinder waren an der frischen Luft. Inzwischen ist es verfallen, aber dafür wieder mehr Material vorhanden, um neue Tipis zu bauen - auch andernorts. Das geht auch, wenn es kälter ist. Und sogar im Schnee. In dem würden sich auch die bunt angemalten Steine schön machen, die im ersten Lockdown überall an den Wegen zu finden waren. Noch so eine Idee, die man wieder aufgreifen könnte.

Vamos a Youtube

Frohe Weihnachten. Feliz Navidad. Null Termine. Cero Citas. Kein Besuch. Sin visita. Kein Entenessen. No comer pato. Jeden Tag Zeit für Sinpuntocom. Der Youtuber aus Buenos Aires in Argentinien nimmt einen gerne mit in die zurzeit etwas leer gefegten Straßen seiner Stadt. Eine Stadt, in der man vor genau 20 Jahren einen wilden Tangourlaub mit durchtanzten Nächten verbracht hat, damals noch ohne jede Sprachkenntnis und mit Radebrechen nach Wörterbuch.

Jetzt, nach zwei Jahren Spanischkurs, kann man dem jungen Mann schon gut folgen, wenn er einem die günstigsten Empanadas seines Viertels vorstellt, mit in die Kamera gehaltenem Leckerbissen. Oder wenn er einem vorrechnet, wie viel Geld man in Argentinien während der Quarantäne - en cuarentena - braucht. Herrlich sind auch die noticias - Nachrichten - aus allen möglichen spanischsprachigen Ländern. Bei Youtube einfach eingeben: noticias peru oder noticias chile, mexico - und schon kann man rund um die Welt die beste Sprachpraxis absolvieren und ein bisschen Fernweh stillen. In der Hoffnung, dass der 2020 kurzfristig ausgefallene Sprachurlaub im nächsten Jahr doch noch wahr wird. Und wenn auch erst Mal "nur" auf Gran Canaria.

Ein Om fürs Ich

Sehen wir es mal so: Statt unter dem Druck, mit der Familie "the most wonderful time of the year" erleben zu müssen, hat man alleine immerhin die Freiheit, alleine zu sein. Aber ist man das überhaupt jemals? Es gibt ja außer "Ich" stets noch "Über-Ich" und "Es". Mit diesen beiden halten es viele Ichs oft gar nicht so gut aus, insofern sollte man an Weihnachten versuchen, einen inneren Dreiklang zu erreichen: Zunächst gilt es, sich der Stille auszusetzen. Alle Lampen ausschalten. Stille Nacht. Die Kälte der Einsamkeit mit warmen Kerzenschimmer bekämpfen.

Um sich der Erleuchtung zu nähern, hilft es, der kleinen Flamme beim Tänzeln zuzuschauen. Die Sadhus und Yogis in Indien machen das gerne so, aber statt innerlich "Om" zu deklamieren, kann man ja als christlich geprägter Mensch auch auf den Seelensaiten "Alle Jahre wieder" erklingen lassen oder noch besser: nach Minuten der meditativen, tonlosen Besinnung alle Klage und Elegie fahren lassen. Im Anschluss könnte man Bachs Weihnachtsoratorium lauschen, das mit dem mitreißenden "Jauchzet, frohlocket" beginnt. Bachs Musik gilt ja selbst manchen Atheisten als Beweis für die Existenz Gottes. Wann hat man an Weihnachten schon mal Zeit für einen Zwiegesang mit Gott? Ob man ihn hört, hängt von der Empfängnisbereitschaft ab. Unbefleckte Empfängnisbereitschaft selbstverständlich.

Kreidemalen im Westflügel

Woran erkennt man, dass immer noch Lockdown ist? Auch Menschen jenseits des Berufslebens wissen plötzlich, was Zoom ist und wollen sich zum Skypen verabreden, man macht den Lieferdienst-Radl-Rowdys auf der Straße inzwischen bereitwillig Platz - wer weiß, wann man selbst wieder Hunger bekommt? - und die Papiertonnen quellen über. Spätestens seit die Geschäfte am vergangenen Mittwoch wieder schließen mussten, werden alle übrigen Geschenke online bestellt.

Entsprechend hoch ist der Ausschuss an Kartons. Für die Tonne sind diese freilich viel zu schade, vor allem wenn man kleine Kinder zu unterhalten hat. Aus der Verpackung für den neuen Kindersitz oder die Waschmaschine wird da mit ein wenig architektonischer Kreativität und einem Teppichmesser flugs eine Ferienvilla, mit großzügigem Ein- und Ausgang und bodentiefen Fenstern. Kleinere Kartons dienen wahlweise als Treppenstufen (stabile) oder Blumenkästen (weniger stabile). Noch ein paar abgeschrägte Pappstücke oben drauf kleben und schon hat das Haus sogar, ganz vorbildlich, eine Solaranlage. So bekommt die Dreizimmer-Stadtwohnung endlich den ersehnten Westflügel. Und das beste: An die Wände dieser Häuser darf man sogar mit Wachsmalkreiden malen.

Alleine zusammen kochen

Selbst kochen statt essen gehen könnte dieses Weihnachten ein Motto sein. Einfacher wird es mithilfe von sogenannten Kochboxen, bei denen man die Zutaten für Menüs bestellt und sie dann nach der mitgelieferten Schritt-für-Schritt-Anleitung kocht. Etwas anders macht es Peter Schrott mit seiner Foodly GmbH, die ihren Sitz in Berlin hat und über Vertriebspartner in den Landkreis München liefert. Notwendig ist dazu die Foodly-App. Bei ihr kann man Vorlieben oder Abneigungen eingeben, etwa vegetarische oder pescetarische Küche, und dann aus geeigneten Rezeptvorschlägen auswählen, was man zubereiten möchte.

Man legt ein oder mehrere Rezepte in seinen Warenkorb und bestellt die Zutaten für zwei bis sechs Personen. Diese werden vom Lieferdienst zweier großer Supermarktketten geliefert. Je genauer man bestimmt, wann man die Ware erhalten möchte, desto teurer wird es. Das Besondere: Man kann weitere Waren aus dem Supermarkt-Sortiment bestellen, die mit dem Rezept nichts zu tun haben, aber sowieso auf dem Einkaufszettel stehen.

Spricht man sich mit Verwandten, Freunden oder Bekannten ab, kann gleichzeitig gekocht und über ein Konferenztool mit Videobild verbunden gemeinsam gegessen werden. Weihnachten daheim - aber nicht allein. Guten Appetit!

Ran an den Speck

Der Plan, endlich wieder mehr Sport zu machen, gehört in der Regel zu den guten Vorsätzen der Silvesternacht. Vorher ist dazu ja eh keine Zeit, weil die meisten von einem gedeckten Tisch zum nächsten Menü hetzen. Weil man sich bereitwillig vom Braten der Tante einen Nachschlag geben lässt und den Vanillekipferln von Oma nicht widerstehen kann. So war das in all den Jahren, in denen man es mit großem Völlegefühl als sportliche Herausforderung empfand, sich aus den Sessel zu erheben.

In diesem Jahr nun ist die Chance gekommen, bereits während der Weihnachtsfeiertage mit dem Training zu beginnen. Joggen statt Ente, Walken statt Knödel. Die Zeit hat man dafür, nachdem so viele Besuche gestrichen wurden. Schließlich sind die Kilos im Corona-Lockdown schon vor Heiligabend drauf. Wer anderes behauptet, war länger nicht auf der Waage. Also ran an den Speck. Laufen ist für viele natürlich eine fade Angelegenheit, eine Quälerei dazu. Und obwohl es gesund ist, vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt, den Blutdruck senkt und Kalorien verbraucht: Einen Sixpack bekommt man nicht davon. Aber man könnte die Runde kombinieren mit einem Abstecher zu einem der Outdoor-Fitnessgeräte, die Gemeinden inzwischen nicht nur für Senioren unter freiem Himmel aufgestellt haben. Am westlichen Ende des Landschaftsparks Hachinger Tal steht so ein Ding. "Body Weight Station" nennt sich dieses Gerät, das wie ein Klettergerüst für Erwachsene ausschaut und Wunder gegen die Wampe und für ein gutes Körpergefühl vollbringen kann. Stangen, Sprossen und Barren sollen zu Calisthenics animieren. Hangeln, Klimmzüge, Liegestütze und Beine heben - für einen flachen Bauch, muskulöse Arme und Beine - und einen schönen Po.

© SZ vom 23.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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