SZ-Serie "Reife(n)prüfung":Genussradeln mit Beigeschmack

Lesezeit: 4 min

Um auf die Ludwigshöhe bei Kleindingharting zu kommen, muss man ein bisschen strampeln, aber die Aussicht ist grandios (Foto: Claus Schunk)

Auch in der Idylle des Isartals lauern neuralgische Ecken, an denen es im Sattel gefährlich werden kann. In Grünwald gilt die Situation rund um den Marktplatz als ziemlich unübersichtlich. Der Konflikt zwischen Mountainbikern und Naturschützern ist entlang des Flusses ein Dauerbrenner

Von Udo Watter, Isartal

Wer von Baierbrunn Richtung Schäftlarn radelt, der hat die Aussicht auf etwas Großes. Ähnlich geht es dem, der auf der Straße von Straßlach nach Großdingharting im Sattel sitzt oder die Ludwigshöhe bei Kleindingharting bezwingt. Der Blick taucht ein in eine sanft gewellte Hügellandschaft, während im Hintergrund die ersten hohen Berge des nördlichen Alpenrands posieren. Nicht ganz so bilderbuchmäßige Breitwandmomente eröffnen sich dem, der am Isarhochufer in Grünwald radelt, aber der Weg dort bietet ebenfalls schöne Perspektiven: Man fährt unter Bäumen an versteckten Villen vorbei, und darf immer wieder Blicke hinüber zum Pullacher Bürgerhaus, zur Burg Schwaneck oder runter zum blitzenden Fluss werfen.

Ja, das Isartal südlich von München ist kein schlechter Ort für Genussradler mit Sinn für schöne Aussichten. Und darüber hinaus bietet es auch für den, der unten entlang des Flusses fährt, ein optisches wie sportliches Vergnügen mit bunten Hangwäldern, weißen Kieselstränden, der wohl längsten Floßrutsche Europas oder dem Georgenstein.

Inmitten dieser idyllischen Gegenden gibt es - abgesehen von der Dauerkontroverse Mountainbiker versus Umweltschützer in den Naturwäldern des Isartals - allerdings auch gut frequentierte Straßen und neuralgische Ecken, an denen sich das Vergnügen für den Radler in Grenzen hält. Gerade in den Hauptorten der Gemeinden Grünwald, Baierbrunn und Straßlach-Dingharting könnte die Streckenführung zum Teil geschmeidiger, besser ausgeschildert respektive weniger gefahrenträchtig daherkommen.

Besonders bedenklich ist das Linksabbiegen, etwa von der Tölzer Straße in die Emil-Geis-Straße Richtung Grünwalder Brücke. (Foto: Claus Schunk)

Zur Absicherung soll der Weg rot markiert werden

Kinder sind im Straßenverkehr sehr gefährdet, vor allem, wenn sie mit Rad oder Roller unterwegs sind. (Foto: Claus Schunk)

Im Baierbrunner Ortsteil Buchenhain ist etwa die Situation mitunter unübersichtlich, wenn es um die Querung der Wolfratshauser Straße (B 11) geht, zum Beispiel von der Hochuferseite Richtung Forstenrieder Park. Auch die Ausfahrt vom Timberland Outletstore am Höllriegelskreuther Weg ist eine Problemstelle, da dort gerade ortsfremde Autofahrer Radlweg plus Radler öfter übersehen - hier kam es im vergangenen Herbst zu einem schweren Unfall.

Zur besseren Absicherung soll nun der Radweg rot markiert werden. Auch im Hauptort Baierbrunn ist die Streckenführung mitunter nicht ideal. Wer von München kommend, die Hermann-Roth-Straße benutzt, erreicht relativ kurz vor dem Ortsausgang die B 11 und wechselt dann oft nicht mehr auf die rechte Seite. Wer schon vorher, vom Waldgasthof Buchenhain kommend, kurz hinter dem Ortseingang an der B 11 entlang fährt, der muss sie an einer Stelle nach rechts überqueren, was ebenfalls nicht ungefährlich ist - obwohl inzwischen eine Verkehrsinsel als Querungshilfe fungiert. "Ja, es gibt die ein oder andere gefährliche Stelle", sagt Baierbrunns Bürgermeister Wolfgang Jirschik (ÜWG), "wir versuchen das aber schon immer in Zusammenarbeit mit Verkehrswacht, Landratsamt oder Polizei zu verbessern."

Ein wenig merkwürdig ist auch die Streckenführung für Radfahrer, die auf der B11 Richtung Süden kurz vor dem Ortsausgang rechts um die Kirche herumgeleitet werden, was doch einen kleinen, störenden Umweg bedeuten würde - wobei dann viele Pedaleure, um das zu vermeiden, vom Radweg einfach auf die Bundesstraße fahren. Ansonsten gibt es im Baierbrunner Raum eben auch das oft diskutierte Problem im Hangwaldbereich mit den Mountainbikern, die ungeniert steile Fußgängerpfade durch sensible Flora- und Fauna-Gebiete nutzen. "Die brettern da einfach runter", klagt Jirschik. Das Thema ist natürlich ein eigenes - die Mountainbiker und das Isartal - auf der anderen Seite in Straßlach-Dingharting und Grünwald gehört es ebenfalls zu den Dauerbrennern.

In der Gemeinde Grünwald ist aber vor allem die generelle Situation rund um den Marktplatz für Radfahrer unerquicklich. Drei überregionale Radwege verlaufen über diesen theoretisch hübschen, aber stark von Autos frequentierten Platz. "Verkehrs- und sicherheitstechnisch ist er kein Aushängeschild", erklärt Uwe Gross von der ADFC-Ortsgruppe. Die Lage dort ist in der Tat ziemlich unübersichtlich für Radler. Vor allem die suboptimale Beschilderung und mangelhafte Möglichkeiten für Linksabbieger ärgern SPD-Gemeinderätin Edith Wassermann, die auch beim örtlichen ADFC als Mitglied aktiv ist.

An der Ecke "Wildwechsler" wird die Seite gewechselt

Der Weg von und zur Grünwalder Brücke ist den Grünwalder Fahrradfreunden zudem ein Dorn im Auge. Speziell am Grünwalder Berg, wo es steil und eng ist und (anders als in Pullach) noch Tempo 50 gilt, findet es Wassermann unangenehm im Sattel. Sie wünscht sich außerdem, dass die Rathausstraße in beide Richtungen für Radler offiziell befahrbar wird. Dass es am Hochuferweg zu Konfliktsituationen mit Fußgängern kommen kann, sei kaum zu vermeiden, aber weniger schlimm in ihren Augen: "Es gibt Radfahrer, die da gnadenlos durchbrettern, aber auf diesem schönen, engen Weg muss man halt rücksichtsvoll sein."

Schön findet sie, dass es am Luitpoldweg bald überdachte Fahrradständer geben soll, wiewohl sie generell die Bedürfnisse und Konzepte der ADFC-Gruppe nicht für allzu gut umgesetzt hält. "Man kann schon sagen, die Wünsche der Radfahrer haben in Grünwald nicht höchste Priorität." Über eine bessere Verbindung nach Pullach - etwa die von den Grünen forcierte Idee einer Hängebrücke für Fußgänger und Radfahrer - würde sie sich ebenfalls freuen.

Die Verbindung zwischen Straßlach und Grünwald ist zwar nicht durch ein Flusstal unterbrochen, aber entlang der Tölzer Straße zumindest partiell verbesserungswürdig. Kommt man von Straßlach, ist am Ortsausgang eine Querung rüber zum Radweg auf der linken Seite nötig, die freilich nicht ganz ungefährlich ist. Und in Grünwald muss man kurz hinter Waldfriedhof an der Ecke "Wildwechsel" wieder zurück auf die rechte Seite wechseln - hier gibt's immerhin eine Fußgänger-Ampel zum Drücken.

In Straßlach selbst ist die Beschilderung nicht ideal und generell die Tölzer Straße eher "ungemütlich", wie Wassermann meint. Im unteren Bereich, an der Isar, ist zudem nahe dem Gasthaus zur Mühle eine neuralgische Stelle, wo die Mühlstraße in den Isarradweg mündet. "Eine unfallträchtige Ecke", nennt es Hartmut Schüler, der Landkreisbeauftragte des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), der in Straßlach wohnt. "Wir fordern dort schon lange Tempo 20-Schilder." Luft nach oben gibt es im Gemeindegebiet auch bei der Leitung der Radler auf schöne Wege. In Großdingharting hat man an der Ecke Alte Schulstraße/Deisenhofener Straße zudem einen kleinen, rot bemalten Kreisverkehr eingerichtet, der bremsende Wirkung auf Autoraser ausüben soll - aber gerne ignoriert wird. Ein paar Kilometer weiter, im malerischen Kleindingharting mit seinen diversen Stallungen, muss man dagegen allenfalls aufpassen, dass man beim Radeln nicht Pferd und Reiter in die Quere kommt.

© SZ vom 31.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: