Nahverkehr:Die Pendler haben resigniert

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Die Absage des Ausbaus der S 7 ist nur der nächste von vielen Tiefschlägen - allem Gerede von der Verkehrswende zum Trotz.

Kommentar von Wolfgang Krause

Nur mal angenommen, es ginge nicht um die S-Bahn, sondern um der Deutschen liebstes Kind: Was gäbe es für einen Aufschrei, wenn der Chef der Autobahngesellschaft ankündigen würde, dass der geplante Ausbau der A 99 wegen des zu erwartenden Widerstands der Anwohner leider nicht durchsetzbar sei und man deshalb auf autonomes Fahren und die Digitalisierung setzen werde, um die Staus einigermaßen in den Griff zu bekommen? Dabei ist der Autobahnring in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach erweitert worden, die nächste Ausbaustufe sieht im Münchner Osten insgesamt zehn Fahrspuren vor.

Die Strecke der S 7 dagegen ist in vielen Abschnitten immer noch eingleisig, weshalb es erst vor wenigen Wochen bei Schäftlarn zu einem tödlichen Zugunglück kommen konnte. Und in dieser Situation stellt sich der Chef der Münchner S-Bahn hin und sagt quasi eigenmächtig die eigentlich beschlossene Erweiterung der ebenfalls eingleisigen Strecke über Ottobrunn und Aying Richtung Kreuzstraße mit genau jenem Argument ab. Von den betroffenen Bürgermeistern und den Politikern im Münchner Kreistag kommt ein pflichtschuldiges Murren. Die ehemalige Verkehrsministerin Kerstin Schreyer, die sich mehr als ihre Vorgänger für den Ausbau der S-Bahn eingesetzt hat, reagiert mit einer dürren Pressemitteilung, in der sie das zutreffende Wort "inakzeptabel" benutzt. Aber sonst? Kaum eine Reaktion.

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Die betroffenen Pendler und auch die Bürgerinitiativen und Fahrgastverbände haben offenbar resigniert. Jahrzehntelang haben sie ohne Erfolg um kleine Verbesserungen gekämpft und wurden immer wieder auf die Zeit vertröstet, wenn endlich die zweite Stammstrecke fertig ist. Dabei bringt der zweite S-Bahn-Tunnel unter der Münchner Innenstadt für die Pendler im Großraum München an sich gar nichts, wenn die Außenäste nicht erweitert werden. Das wird, wie man nun gesehen hat, auf absehbare Zeit nicht geschehen. All das Gerede von der Verkehrswende ist also Makulatur. Hauptsache, die Autobahn wird erweitert.

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