Ottobrunn:Echter Verdi-Sound

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Vorzügliche Gesangssolistinnen: Anne-Fleur Werner und Aline Quentin (vorne von links). (Foto: Claus Schunk)

Der Ars Musica Chor Ottobrunn, die Chorgemeinschaft Pöcking und das Kammerorchester Stringendo lassen die "Messa da Requiem" zu einem eindringlichen Klangerlebnis werden - dabei kommen sie mit einem deutlich reduzierten Orchester aus und kämpfen mit der Akustik.

Von Angela Boschert, Ottobrunn

"Diese Musik vermittelt uns, nicht nur ausgeliefert zu sein, sondern auch gerettet und befreit werden zu können", schreibt Norbert Groh im Programmheft zur Aufführung der "Messa da Requiem" von Giuseppe Verdi. Der Ars Musica Chor Ottobrunn, die Chorgemeinschaft Pöcking und das Kammerorchester Stringendo taten unter seiner Leitung am Sonntag im nahezu ausverkauften Saal des Wolf-Ferrari-Hauses Ottobrunn alles, um dieses Versprechen einzulösen.

Die Zuhörer erlebten einen eindrucksvollen Abend. Doch saß kein großes Verdi-Orchester auf der Bühne. Dirigent Groh hatte sich für eine Kammerorchester-Version entschieden. Sie reduziert die eigentlich 22 von Verdi vorgesehenen Bläser auf nur sieben, tastet aber den weiteren Notentext nicht an. Der Kammerensemble-Klang passte in den Ottobrunner Saal, auch die Balance zwischen den Klanggruppen stimmte. Das 32-köpfige Orchester begleitete weise, zurückhaltend, wusste dennoch die klangmächtigen Sätze, etwa das "Dies Irae" oder das abschließende "Libera me", auszufüllen.

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Hoch anrechnen darf man Groh, dass er nicht auf die Ferntrompeten verzichtete oder sie auf zwei reduzierte. Die vier Musiker standen auf der Empore und führten gemeinsam mit dem Orchester zum "Tuba Mirum" hin. Da entstand das bekannte Schaudern angesichts der auskomponierten Furcht, von Trompeten gerufen vor den Richterthron treten zu müssen.

Der wie Richard Wagner im Jahr 1813 geborene Opernkomponist Verdi wandte sich erst spät im Leben geistlicher Musik zu. Ein "Libera me", das er 1868 für eine Gemeinschaftskomposition zum Tode Rossinis komponierte, wurde zur Keimzelle seiner Totenmesse. Verdi schrieb es zum ersten Todestag des von ihm hoch verehrten Dichters Alessandro Manzoni. Am 22. Mai 1874 fand die Uraufführung der riesigen "Messa da Requiem" in der Mailänder Chiesa di San Marco statt - als Teil eines festlichen Gottesdienstes. Inzwischen hat sich die konzertante Aufführung durchgesetzt.

Einen dramatischen, echten Verdi-Sound bewirkten in Ottobrunn die vorzüglichen Gesangssolisten, allen voran Anne-Fleur Werner, Sopran, und die aus Frankreich stammende Mezzosopranistin Aline Quentin. Beide überzeugten vom ersten Ton an mit angemessener Dramatik und nahezu immer blitzsauberer Intonation. Werner erreichte mit Leichtigkeit die höchsten Töne und hielt sie scheinbar mühelos. Sie kommunizierte aktiv mit Quentin im "Agnus Dei", das der Chor von beiden Solistinnen übernahm und lupenrein fortführte. Der noch junge Tenor Luca Gotti gab mit seiner vollen, aber vibratoarmen Stimme einen überraschenden Kontrast, fügte sich aber immer besser in das Solistenensemble ein. Das stützte Niklas Mallmann mit seiner schlank geführten Bassstimme unaufdringlich von unten.

Dirigent Norbert Groh hat sich für eine Kammerorchester-Version entschieden. (Foto: Claus Schunk)

Der Chor zeigte sich sicher - in der doppelchörigen "Sanctus"-Fuge, in der die Stimmen in flottem Tempo gekonnt einander ergänzen, ebenso wie in den vielen unbegleiteten (Sprech-)passagen des "Dies Irae" und "Libera me". Doch verhinderte die trockene Akustik des Saales, dass die Altistinnen und Bässe trotz geflissentlich präziser Diktion an solistischen Stellen genügend durchdrangen. Dennoch waren die ganz leisen, beschwörenden "Requiem"-Rufe gut zu verstehen. Der Chor nahm die hohen Hürden im über 30-minütigen "Dies Irae" souverän, hätte es aber mit mehr Marcato noch angsteinflößender und als Schrecken vor dem Tod gestalten können.

Angeführt von den Solisten gestaltete das Ensemble eindringlich das "Libera me" als Bitte um Absolution. So als ob es an die Welt appelliere, von Kriegen, Verfolgung, Hetze und Machtmissbrauch abzulassen. Ein Wunsch nach Frieden. Lange Stille - großer Applaus.

Wer Verdis "Totenmesse" in dieser Besetzung erneut erleben möchte, kann der Aufführung in der St.-Pius-Kirche in Pöcking am Starnberger See an diesem Sonntag, 19. November, 17 Uhr, beiwohnen. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.

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