Verbesserungen im Öffentlicher Nahverkehr:Draußen wird drinnen

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Durch die MVV-Tarifreform könnten zahlreiche Haltestellen in Stadtrandgemeinden künftig zum Innenraum zählen. Dadurch würden sich die Fahrpreise für etliche Pendler verbilligen.

Von Stefan Galler, Landkreis

Die Chancen stehen offenbar gut, dass einige Bushaltestellen im Landkreis München, die bisher dem Außenbereich des Streckennetzes zugerechnet wurden, schon bald zum Innenraum zählen könnten.

Laut einem vorläufigen Plan zur Tarifreform des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes (MVV), der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, betrifft das Haltestellen in Ottendichl (Gemeinde Haar), Neukeferloh (Gemeinde Grasbrunn), Aschheim und Oberhaching sowie die Stationen in der Gemeinde Putzbrunn. Damit würden Gelegenheitsfahrer Richtung Innenstadt nur noch zwei anstelle von vier Streifen stempeln müssen, Dauernutzern würde eine Monatskarte für den Innenraum genügen, was laut gegenwärtigem Tarif einer Ersparnis von mehr als zehn Euro pro Monat entspräche.

Putzbrunns Bürgermeister Edwin Klostermeier (SPD) zeigt sich über die Entwicklung zufrieden: "Wir haben natürlich mehrfach versucht, auf alle relevanten Gremien Einfluss zu nehmen", sagt der Rathauschef über die Bemühungen des Umlands bei der geplanten Tarifstrukturreform. "Ich bin sicher, dass der MVV keinen Cent weniger einnehmen wird. Viele Putzbrunner fahren bislang mit dem Auto in den Innenraum, um sich zwei Streifen zu sparen."

Landrat Christoph Göbel (CSU) zeigt sich ebenfalls optimistisch: "So wie es aussieht, könnte es gelingen, besondere Härten abzufedern, also krasse Tarifsprünge, teilweise sogar innerhalb einer Gemeinde." Das gelte jedoch nur für den Südosten, in anderen Ecken des Landkreises habe man nicht die erhofften Zugeständnisse erreichen können, etwa im Norden. "Da sind wir von der Strecke her einfach zu weit weg von der Innenstadt." Göbel war ursprünglich sogar mit dem Ziel in die Verhandlungen gegangen, den gesamten Landkreis in den Innenraum aufnehmen zu lassen. "Das hätte jedoch Kosten in Höhe von 40 Millionen Euro verursacht."

Der Knotenpunkt Deisenhofen

Was die S-Bahnhöfe Furth und Deisenhofen auf Oberhachinger Gemeindegebiet angeht, hat der Landrat dagegen die Hoffnung noch nicht aufgegeben. "Allerdings muss man hier aufpassen", schränkt Göbel ein. Deisenhofen ist wegen des Regionalzugs nach Solln ein Knotenpunkt. Durch eine Einbeziehung in den Innenraum würde der Bahnhof womöglich noch beliebter für Pendler von außerhalb. "Dann würden noch mehr mit dem Auto dorthin fahren", so Göbel. Grundsätzlich aber sollen innerhalb einer Gemeinde nicht mehr verschiedene Tarifkreise gelten. Ausnahmen sind Flächengemeinden wie Aying.

Zur anstehenden Tarifreform, die am 24. November von der Gesellschafterversammlung des MVV beschlossen werden soll, ist bisher kaum Konkretes nach außen gedrungen. Bekannt geworden war lediglich, dass die Gesellschafter - der Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München sowie die acht Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg - ein neues Ring- beziehungsweise Kreissystem präsentieren wollen, das gerechter sein soll. So sollen die im Innenraum bestehenden vier Ringe zu einem einzigen Kreis verschmelzen. Eine "Flat-Monatskarte" könnte - so ein Vorschlag - dann 64,50 Euro kosten. Die Monatskarten für die Außenräume sollen zugleich günstiger werden, und zwar jeweils um fünf bis zehn Euro. Wie diese Woche bekannt wurde, könnte die Tarifreform jedoch erst im Dezember 2019 greifen und nicht wie geplant bereits Ende 2018.

Grünen-Kreisrat Markus Büchler geht die MVV-Tarifreform in dieser Form nicht weit genug: "Es sind Hühnertapperl in die richtige Richtung. Das kann man zwar nicht ablehnen, aber ich würde mir mehr Engagement für einen großen Wurf wünschen." Explizit nennt der Oberschleißheimer die Einführung eines elektronischen oder durch das Mobiltelefon gesteuerten Tickets, das nicht nur den Komfort bei der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs deutlich steigern würde, sondern auch für mehr Tarifgerechtigkeit sorgen könnte. Nach dem Beispiel der Londoner Oyster Card würde man Handy oder E-Ticket lediglich zum Ein- und Auschecken benutzen, anhand dieser Daten könnte dann kilometergenau abgerechnet werde. "Aber bei uns bitte nach Luftlinie", so Büchler. "Es kann ja nicht sein, dass man mehr bezahlt, nur weil wir im Großraum München zu wenige Tangentialen haben."

Momentan ist die Einführung derartiger Tickets keine Option, es ist lediglich ein Pilotversuch in diese Richtung. Womöglich auf der U-Bahnlinie 6, die von Garching in absehbarer Zeit bis nach Martinsried führt. Laut dem Landrat wäre eine streckenbasierte Abrechnung zwar gerechter, jedoch vor allem für Fahrgäste aus dem Außenbereich deutlich teurer. Auch deshalb fordern etwa Büchler oder Klostermeier finanzielle Hilfe vom Freistaat. Was die Sorge um die Erlöse nach einer Tarifreform angeht, ist Landrat Göbel im Gegensatz zu Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag gelassen: "Wenn der öffentliche Nahverkehr attraktiver wird, dann werden auch mehr Leute angezogen."

© SZ vom 10.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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