SZ-Serie "Läuft mit uns":"Ich bin im Flow"

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Gelehriger Schüler: Manfred Schwabl, Präsident der SpVgg Unterhaching, mit Hedy Nguyen, Leiterin der Nordic-Walking-Gruppe beim TSV. (Foto: Claus Schunk)

Manfred Schwabl, Ex-Fußballprofi und Präsident der SpVgg Unterhaching, schließt sich für eine Übungseinheit der Nordic-Walking-Gruppe des TSV an. Richtig warm wird der frühere Dauerläufer mit der Disziplin nicht.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Perfekt ausgestattet ist Manfred Schwabl nicht gerade, als er zum Treffpunkt der Nordic-Walking-Gruppe des TSV Unterhaching kommt. Weißes Hemd, schwarze Hose - alles andere als sporttauglich. Und dann noch nicht einmal eine Regenjacke im Gepäck, obwohl es doch ständig schauert an diesem Donnerstag. "Wenn Engel reisen, scheint die Sonne", sagt Schwabl - und er soll Recht behalten: Während sich der Präsident des Fußballklubs Spielvereinigung Unterhaching in die Geheimnisse des Walkens einführen lässt, bleibt es tatsächlich trocken, allerdings spitzt die Sonne nur sehr dezent durch die beinahe geschlossene Wolkendecke.

Nein, mit dieser Art der Fortbewegung habe er bislang noch keinerlei Erfahrungen gemacht, räumt der 56 Jahre alte frühere Fußballprofi ein, sehr wohl aber kennt er das Gelände, in dem die TSV-Walkerinnen sich treffen: Am Rande des Perlacher Forsts, in der Verlängerung der Isartalstraße, die am Unterhachinger Rathausplatz beginnt. "Dort drüben ist der Perlacher Mugl", sagt Schwabl und deutet mit erschrockenem Blick zu dem Hügel im Westen. "Den hat uns beim FC Bayern der damalige Co-Trainer Egon Coordes immer und immer wieder hochgejagt, das war schon grenzwertig. Und vor allem ohne irgendeinen wissenschaftlichen oder medizinischen Hintergrund." Coordes assistierte Udo Lattek und später Jupp Heynckes und war als Schleifer gefürchtet. Seine heftigen Konditionseinheiten gingen auch am damaligen Dauerläufer Schwabl nicht spurlos vorbei, deshalb appelliert er sogleich an Kursleiterin Hedy Nguyen: "Bitte nicht in Richtung Mugl walken, sonst ist meine mentale Verfassung eine Katastrophe."

Ruhepuls 56: Die Mutter des zweifachen Silbermedaillengewinners Marcel Nguyen misst Schwabls Herzfrequenz. (Foto: Claus Schunk)

Schwabl ist bestens gelaunt, was womöglich auch an den Ereignissen des Vorabends liegen könnte: Da wurde er mit seinen Vorstandskollegen bei der Jahreshauptversammlung der SpVgg mit 110 Stimmen von 110 anwesenden Vereinsmitgliedern für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt und für seine nunmehr zehn Jahre andauernde Präsidentschaft mit stehenden Ovationen gefeiert. "Wir sind stolz, für diesen Verein arbeiten zu dürfen und werden alles daran setzen, das absolute Maximum aus den kommenden Jahren heraus zu holen", sagte Schwabl nach seiner Wiederwahl.

Beim Walken zeigt der Klubchef dann nicht ganz so viel Enthusiasmus: Zwar lässt er sich von Hedy Nguyen, der Mutter des zweifachen olympischen Silbermedaillengewinners im Turnen, Marcel Nguyen, ganz genau zeigen, wie die federleichten Walking-Stöcke anzulegen sind. Sein Ruhepuls vor dem Start der Übungseinheit liegt bei entspannten 56 - beste Voraussetzungen für ein Ausdauertraining. "Wenn wir im letzten Saisonspiel um den Aufstieg in die dritte Liga spielen, ist er wahrscheinlich bei 256", witzelt er. Auch die fließende Bewegung und das Abrollen der Füße beim Nordic Walking hat Schwabl schnell raus. "Ich bin im Flow", sagt er, muss sich aber dann doch die ein oder andere Korrektur der Kursleiterin gefallen lassen.

Hahn im Korb: Schwabl inmitten der bewegungsbegeisterten Damen der Walking-Gruppe. (Foto: Claus Schunk)

25 Jahre ist es her, dass Schwabl seine Karriere als Fußballer beendet hat - damals, er war Kapitän beim TSV 1860 München, kam es zu einem legendären Streit mit dem damaligen Löwen-Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser. Schwabl hatte eine Saison-Abschlussfeier für die Mannschaft organisiert, der Boss lud dann aber kurzfristig selbst ein. Der Spielführer boykottierte die Konkurrenzveranstaltung, der folgende Bruch ließ sich nicht mehr kitten, der damals 31-jährige Schwabl hörte auf. Und zwar nicht nur mit Fußball, sondern gleich mit jeder Art körperlicher Betätigung: "Ein Jahr habe ich gar nichts gemacht", verrät er. Dann sei er, der in der Bundesliga als einer der konditionsstärksten Spieler gegolten hatte, langsam wieder ins Laufen gekommen, "aber daheim in Holzkirchen kann ich keine zehn Meter joggen, bis mich wieder jemand anspricht, da hatte ich keine Ruhe". Also hat er sich ein Laufband zugelegt, das er mittlerweile auch wieder dreimal wöchentlich beackert. "Ich habe im Gegensatz zu vielen meiner früheren Kollegen keine Probleme mit Knien oder Knöcheln. Und das Laufen liegt einfach in meinen Genen."

Das gilt nicht unbedingt fürs Walken, weshalb Schwabl die Einheit dann doch recht bald abbricht - freundlich, aber bestimmt, "mein Sport ist es nicht", außerdem erfordere ein Termin im Sportpark seine Anwesenheit. Und eine Einladung gibt's dann auch noch für Hedy Nguyen und ihre Mitstreiterinnen: Irgendwann nach dem "Run for Trees" sollen sie ihn im Wirtshaus am Sportpark besuchen, die Rechnung geht natürlich aufs Haus. Und mit einer Portion "Mannis Schinkennudeln" im Bauch hat man dann ja auch wieder genügend Kraft zum Walken - womöglich sogar so viel, um den Perlacher Mugl zu bezwingen.

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