Neubiberg:Hilferuf aus der Traglufthalle

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Bei ihrer Eröffnung zeigte sich die Traglufthalle in Neubiberg noch von ihrer schönsten Seite. (Foto: Stephan Rumpf)

Ein Flüchtling aus der Neubiberger Notunterkunft prangert öffentlich hygienische Missstände an. Der Helferkreis kennt solche Klagen, sieht sich selbst jedoch machtlos. Das Landratsamt verspricht Abhilfe

Von Martin Mühlfenzl, Neubiberg

Die E-Mail liest sich wie eine Klageschrift. Ehan (Name geändert) hat sie an Landrat Christoph Göbel (CSU), Neubibergs Bürgermeister Günter Heyland (Freie Wähler) und die Süddeutsche Zeitung geschickt, in bestem Englisch und mit einer klaren Botschaft: Die hygienischen Zustände in der Traglufthalle auf der ehemaligen Landebahn könnten zu "kritischen und ernsthaften Krankheiten" führen. Seit Monaten funktionierten Toiletten und Duschen nicht, fielen Armaturen ab und würden nicht ersetzt. Manchmal müssten Bewohner tagelang warten, um überhaupt duschen zu können.

Ehan, der aus dem vorderasiatischen Raum kommt und schon über acht Monate in der Gemeinschaftsunterkunft wohnt, erklärt im persönlichen Gespräch, er erhoffe sich Hilfe von den zuständigen Stellen: "Denn es geht hier um sehr technische Details, die leicht gelöst werden könnten." Wenn sie denn gesehen und registriert werden. Denn Zugang zu den Sanitärbereichen, wie auch zu den Schlafräumen, haben ausschließlich die Bewohner selbst sowie die Sicherheitskräfte und die Putzkolonne.

Bei ihrer Eröffnung zeigte sich die Traglufthalle in Neubiberg noch von ihrer schönsten Seite. (Foto: Stephan Rumpf)

Verdreckte Toiletten, kaputte Duschen

Das bestätigt Uwe Kreßner, der im Helferkreis Neubiberg für die Traglufthalle verantwortlich zeichnet: "Wir dürfen da auch nicht rein, das ist Privatsphäre. Aber mir sind diese Beschwerden über verdreckte Toiletten und kaputte Duschen natürlich bekannt." An diesem Freitag findet daher zu diesem Thema auch ein Treffen des Helferkreises Neubiberg mit der Stabsstelle Asyl im Landratsamt statt. "Wir werden das zur Sprache bringen. Denn etwas ändern kann nur das Landratsamt."

Die Bilder, die Ehan der SZ zugeschickt hat, lassen indes kaum Zweifel daran aufkommen, dass die hygienischen Zustände in der Traglufthalle wenig erbaulich sind. Der anerkannte Flüchtling Ehan, der nicht zuletzt dank seines hohen Bildungsgrades einen Job in München gefunden hat, aber weiter in der Traglufthalle wohnt, weil er noch keine eigene Wohnung hat, sagt: "Es liegt zum Teil auch an den Bewohnern.

Aber es sind einfach zu viele für den wenigen Raum." Es sei meist nur eine Reinigungskraft im Einsatz, sagt Ehan; die müsste eigentlich jeden Tag kommen, lasse aber manchmal auch Tage aus, so sein Vorwurf. Warum die Flüchtlinge dann nicht selbst putzen und sauber machen? "Das tun viele, nur nicht alle. Aber der ganze Zustand der Anlage ist so schlecht, dass es kaum zu schaffen ist." Auch Toilettenpapier sei nicht immer zur Hand. Das trage auch nicht zur Sauberkeit bei.

"Wir wussten, dass es keine optimale Form der Unterbringung ist."

Auch gibt es in Neubiberg, anders als bis vor kurzem in der Traglufthalle Unterhaching, keine Minijobs für Flüchtlinge. "Wir sind aber gerade dran, zehn solcher Stellen für Neubiberg zu schaffen", sagt eine Sprecherin des Landratsamts. "Das kann helfen, die Situation zu verbessern." Die Stabsstelle Asyl im Landratsamt verweist darauf, dass die beauftragte Reinigungsfirma angewiesen sei, "zwei Mal pro Tag" zu reinigen. Eine vorgeschriebene Zahl an Mitarbeitern gebe es aber nicht.

Den Landrat selbst hatten bis Mittwoch keine Beschwerden bezüglich massiver Verschmutzungen und Schäden der sanitären Anlagen in Neubiberg erreicht. "Aber wir nehmen diesen Hinweis auf. Und wenn das tatsächlich so ist, wird es auch zum Thema", versichert Göbel. "Es ist so, dass in der Halle ja Sozialarbeiter, Objektbetreuer und Sicherheitsleute im Einsatz sind.

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Das sind zunächst die Ansprechpartner bei Problemen." Natürlich gebe es immer wieder Klagen von Bewohnern der sieben Traglufthallen im Landkreis, räumt der Landrat ein. "Das ist ganz normal. Wir wussten von Anfang an, dass es keine wirklich optimale Form der Unterbringung ist. Deshalb wollen wir sie ja auch schnellst möglich beenden."

Auch, um Menschen wie Ehan, der einen Job und geregelten Tagesablauf hat, ein würdiges und angemessenes Zuhause zukommen zu lassen. Dafür, sagt Göbel, müsse aber die Staatsregierung ihre Blockadehaltung und den Baustopp von Flüchtlingsunterkünften wieder aufheben. "Ich erwarte von der Staatsregierung keine Hilfe. Ich erwarte grünes Licht", sagt der Landrat und erhält Unterstützung von Neubibergs Bürgermeister Heyland: "Unsere Traglufthalle wird im August dicht gemacht. Wir müssen dann 303 Flüchtlinge unterbringen. Das könnten wir auch. Aber wir dürfen nicht."

© SZ vom 20.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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