Energiewende:Brennstoffzelle auf der Überholspur

Lesezeit: 2 min

Bei Bussen soll Wasserstoffantrieb in zehn Jahren führend sein. In der Modellregion HyBayern, zu der der Landkreis München zählt, wird er eifrig getestet

Von Bernhard Lohr, Brunnthal

Wer am Dienstag auf das Gelände des Busunternehmens Geldhauser in Hofolding fährt, könnte meinen, die Zukunft habe schon begonnen. Aufgereiht stehen da Wasserstoff-Autos und nicht zu übersehen ein Stadtbus mit Werbeaufschriften, die unmissverständlich zeigen: Da ist einer mit Brennstoffzelle unterwegs. Das Ganze bietet den Hintergrund für einen Besuch der Landräte aus Landshut, Ebersberg und München, die in der Modellregion HyBayern gemeinsam zeigen wollen, wie Wasserstoff den Busverkehr revolutionieren kann. Wobei die Zukunft eben doch auf sich warten lässt. Erst im Juli 2022 ist im Raum Ebersberg und München der Einstieg in den Regelbetrieb geplant.

Jedenfalls war man bei der Einführung der Wasserstoff-Technologie im Verkehrssektor noch nie so weit wie jetzt. Die drei Landkreise haben sich eine straffe Agenda verordnet und wollen in der vom Bund geförderten Modellregion demonstrieren, wie regional Wasserstoff von der Produktion bis zum konkreten Einsatz im Verkehr nutzbar gemacht werden kann. Federführend steuert das Tobias Brunner, Geschäftsführer der Firma Hynergy in Grasbrunn, der am Dienstag mit viel Elan Landrat Christoph Göbel sowie dessen Kollegen Robert Niedergesäß aus Ebersberg und Peter Dreier aus Landshut bei dem Vorhaben auf den aktuellen Stand bringt und nebenbei in die Technik einführt; inklusive kurzer Rundfahrt um die Busgaragen und eine Demonstration an der mobilen, aus Containern bestehenden Wasserstoff-Tankstelle.

Dass der Bus der Firma VanHool mit Kölner Kennzeichen zu Demonstrationszwecken von weit her angefahren werden musste, zeigt allerdings ebenso wie die Tatsache, dass einige Mühe notwendig war, die Wasserstoffautos der Marken Hyundai und Toyota aufzutreiben, dass der Durchbruch beim Wasserstoff erst bevorsteht. Deutsche Hersteller sind bisher, bei Pkw wie bei Bussen, faktisch nicht auf dem Markt. Ein Mercedes mit Stuttgarter Kennzeichen steht neben den anderen Fahrzeugen. Er gehört Martin Geldhauser selbst und ist geleast. Zu Kaufen gebe es den Wasserstoff-Benz nicht, sagt er.

Tobias Brunner versprüht derweil in Hofolding viel Zuversicht, weil die Politik angesichts des Klimawandels gerade fleißig Förderprogramme auflegt und den Wasserstoff preist. Sogar konkrete industriepolitische Entscheidungen stehen Brunner zufolge dieser Tage an, wie die Frage, wo ein Deutsches Technologie-Anwenderzentrum Wasserstoff (WTAZ) entstehen soll. Außer Landshut gebe es einen Bewerber im Raum München. Wo das sein könnte, dazu hält sich am Dienstag auch Landrat Göbel bedeckt. Der Landkreis München böte sich mit der TU in Garching, der Bundeswehruniversität in Neubiberg und der starken Stellung bei Luft- und Raumfahrt in Taufkirchen/Ottobrunn an, sagt Göbel, der zudem daran erinnert, dass der Bund auch ein "Deutsches Mobilitätszentrum" plant. Aber nicht alles könne im Landkreis München stattfinden, sagt der Landrat, und nicht alles in Bayern.

Erste konkret Schritte wollen die Landkreise jetzt unternehmen. Landrat Göbel hat sich einen Prospekt eines Brennstoffzellen-Autos genommen und sagt, seine Behörde plane, solche Fahrzeuge einzusetzen. Der Busunternehmer Ettenhuber möchte in Glonn im Landkreis Ebersberg wie Geldhauser in Hofolding fünf Brennstoffzellen-Busse stationieren. Dort und am Ettenhuber-Betriebshof in Feldkirchen sollen Wasserstoff-Tankstellen entstehen. Die in der Stadt Landshut geplante Tankstelle ist aber angeblich vom Tisch, weil man dort Zweifel an der Rentabilität im Stadtverkehr hat.

Dass dem Wasserstoff gerade bei längeren Strecken die Zukunft gehört, ist laut Brunner sicher. Die "Roadmap" sei klar, sagt er. Der Unternehmer hält den Busverkehr für die "goldene Zwischenlösung", um den Antrieb bei Großfahrzeugen zu etablieren. Der Markt für grünen Wasserstoff werde sich auch durch Importe entwickeln. 2030 sei die Brennstoffzelle bei Bussen betriebswirtschaftlich vorn. "In zehn Jahren werden wir den Diesel schlagen."

© SZ vom 28.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: