Schulbeginn:Fast wieder Normalbetrieb

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Trotz Schutzvorkehrungen gibt es am Gymnasium in Neubiberg die ersten Corona-Fälle. (Foto: Patrick Scheiber/imago images)

Maskenpflicht, gestaffelter Unterrichtsbeginn und bessere IT-Ausstattung - die Schulen haben sich zum Ferienende auf die Corona-Regeln vorbereitet. Lehrer und Eltern aber wissen, dass der ersehnte Alltag schnell wieder eingeschränkt werden kann.

Von Daniela Bode

Noch ein Tag, dann startet auch für die Schüler im Landkreis München das neue Schuljahr. Wie viele Lehrer, Eltern und Kinder vermutlich herbeigesehnt haben, wird es im Regelbetrieb, aber mit besonderen Hygieneauflagen losgehen. Das heißt für alle Kinder: Präsenzunterricht im normalen Klassenverbund. Damit das auch in diesen Zeiten möglich ist, in denen die Infektionszahlen wieder ansteigen, hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vorige Woche eine umfassendere Maskenpflicht als bisher festgelegt.

Die Schüler weiterführender Schulen im Landkreis und die Lehrer werden daher zunächst in den ersten zwei Wochen auch im Unterricht einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen haben. Für die Grundschulen gilt das nicht. Trotz der besonderen Situation scheinen die Schulen im Landkreis gut vorbereitet auf das neue Schuljahr zu sein, auch wenn sie manche Details erst Ende voriger Woche festzurren konnten, da erst da die Vorgaben des Kultusministeriums feststanden. Herausforderungen sehen sie zum Teil darin, wie im Winter vorschriftsgemäß gelüftet werden soll. Klar ist: "Wir gehen davon aus, dass es wieder kein normales Schuljahr wird", sagt Achim Lebert, Direktor des Gymnasiums Ottobrunn.

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Regelbetrieb bedeutet nun: Die Kinder dürfen ohne besonderen Abstand nebeneinander sitzen. Direktor Lebert begrüßt es besonders, dass Gruppen- und Partnerarbeit wieder möglich ist. Die Schüler sollen sich wie bisher regelmäßig die Hände waschen. Auf die Hygienevorgaben haben sich die Schulen längst eingestellt. Wie in vielen anderen Einrichtungen stehen in der Grundschule an der Jahnstraße in Unterhaching an den Eingängen Spender mit Desinfektionsmitteln, wie Rektorin Gabriela Löffelmeier sagt. In der Johann-Andreas-Schmeller-Realschule in Ismaning sind die Treppenhäuser jeweils von bestimmten Klassen zu nutzen, wie Schulleiter Stefan Ambrosi berichtet.

Um die Ansteckungsgefahr auf dem Schulweg, etwa in Schulbussen, zu minimieren, hat die Staatsregierung vorige Woche den Schulen empfohlen, den Schulbeginn wenn möglich zu staffeln. Die Grundschule an der Jahnstraße in Unterhaching will das so umsetzen, dass die Jahrgangsstufen um zehn Minuten versetzt kommen, "damit wir keine Ansammlung von 400 Schülern haben", sagt Rektorin Löffelmeier. Das heißt, die Viertklässler sollen nach Möglichkeit um 7.25 Uhr kommen, die Drittklässler um 7.35 Uhr, et cetera. Am Gymnasium Ottobrunn sollen die Schüler verschiedene Eingänge benutzen - die Zehnt- bis Zwölftklässler einen separaten Zugang und der Rest den Haupteingang. Auch an der Realschule in Ismaning soll die Nutzung von Zugängen in die verschiedenen Gebäudeteile eine Entzerrung bringen. Ein gestaffelter Schulbeginn ist laut Ambrosi - Stand heute - wegen der Schulbusse nicht hinzubekommen. Lediglich die fünften Klassen werden am ersten Tag gestaffelt eingeführt.

Die Maskenpflicht auch im Klassenzimmer wird akzeptiert. Um die Ansteckungsgefahr möglichst gering zu halten, zumal viele von Reisen zurückgekehrt sind, hält Schulleiter Ambrosi es "aus Infektionsschutzgründen für nötig und sinnvoll". Pädagogisch wünschenswert sei, dass die Maskenpflicht nach neun Schultagen ende. Ähnlich sieht es Lebert: "Es findet sie niemand schön, aber man kann damit leben", sagt er. "Am Anfang können sie schon eine gewisse Sicherheit geben."

Das Kultusministerium hat einen Stufenplan festgelegt, um auf das Infektionsgeschehen reagieren zu können. In der Stufe drei besagt er: Wenn die Infektionszahlen eine Sieben-Tage-Inzidenz von 50 pro 100 000 Einwohner erreichen, müssen erneut Masken im Unterricht getragen werden und gilt zusätzlich wieder der Mindestabstand von 1,5 Metern. Sollte dieser an einer Schule aus baulichen Gründen nicht eingehalten werden können, muss wieder auf einen Wechsel aus Präsenz- und digitalem Unterricht umgestellt werden. Darauf sind die Schulen im Landkreis so gut wie möglich vorbereitet. Das Gymnasium Ottobrunn hat nun eine schnellere Internetverbindung, zudem steht den Lehrern ein eigenes Lan-Kabel zur Verfügung. "Das Wlan war anfällig", sagt Lebert. Auch die Lehrer dürften gut gewappnet sein, da ihnen ein Selbstlernkurs zum Wechsel von Homeschooling und Präsenzunterricht in geteilten Gruppen zur Verfügung stand, den das Ministerium hat erstellen lassen. Lebert hat seinen Lehrern empfohlen, diesen zu besuchen. Auch die Ausstattung mit Geräten dürfte an den meisten Schulen, zumindest bald, in Ordnung sein. Ambrosi sagt, sie hätten genügend Geräte. "Der Zweckverband hat uns gut versorgt", sagt er. Sie haben den Bedarf zuvor bei den Eltern abgefragt. Ebenso handhabte es das Gymnasium Ottobrunn. Die bestellten Laptops seien bereits in der Schule eingetroffen, bei den iPads gebe es allerdings Lieferverzögerungen, sagt Lebert. Die Grundschule an der Jahnstraße könnte laut Rektorin Löffelmeier noch ein paar Geräte mehr gebrauchen als zugesagt. Kommt es zum Online-Unterricht, wird die Grundschule an der Jahnstraße wohl auch wieder Materialpakete, also ausgedruckte Wochenpläne und Arbeitsblätter, an manche Schüler verschicken. "Gerade von Familien mit mehreren Kindern gab es bei uns den Wunsch nach Materialpaketen", sagt Löffelmeier.

Freilich sehen die Schulen einige Herausforderungen durch den besonderen Schulbetrieb in Zeiten der Pandemie. Lebert sieht den Mangel an sozialen Aktivitäten an der Schule skeptisch. Fahrten, Ökoveranstaltungen, Weihnachtsbasar - das alles findet nicht statt. "Eine Schule ist ja nicht nur über Lehrpläne, sondern auch gemeinsame Aktivitäten aufgestellt", sagt Lebert. Rektorin Löffelmeier sieht es als besonders knifflig an, wie "richtig gelüftet werden kann, wenn es kühler wird". Im Sommer hätten sie einfach Türen und Fenster offen gehabt. Realschulleiter Ambrosi sorgt sich unter anderem ein wenig wegen der fünften Klassen. Es werde eine Herausforderung, "dass sie uns als ihre Schule erfahren", ohne die Dinge wie den Willkommenstag, der normalerweise an der Schule stattfindet.

Trotz der offenbar passablen digitalen Ausstattung der Schulen sieht SPD-Kreisvorsitzender Florian Schardt den Freistaat weiter in der Pflicht: "Ich erwarte mir vom Kultusministerium, dass das kommende Schuljahr intensiv dazu genutzt wird, unsere Schulen endlich flächendeckend auf einen zeitgemäßen und einheitlichen digitalen Stand zu bringen", sagt er. Zudem findet er es angesichts des unvorhersehbaren Infektionsgeschehens im Winter und der Auswirkung auf den Schulbetrieb wichtig, dass es einen engen und regelmäßigen Austausch zwischen Lehrern und Eltern gibt. Von den Arbeitgebern erwartet er sich Verständnis, "wenn Kinder - anders als gewohnt - auch mit kleineren Beschwerden zuhause bleiben und die Eltern einspringen müssen". Für die Kreis-Grünen steht beim Schulstart mehr Bildungsgerechtigkeit im Fokus. Stichwort von Kreisvorsitzender Sabine Pilsinger ist "smart distancing". Nicht immer müssten alle Kinder im Klassenzimmer lernen, Gruppenteilung, eine Verzahnung von Unterricht in der Schule und digitalem Lernen seien "flexible Optionen". Weitere Schulschließungen sollen ihrer Ansicht nach verhindert werden. Die meisten Eltern dürften es erst einmal positiv sehen, dass der Unterricht im Regelbetrieb startet. So vermutet es jedenfalls Eva Möbius, neue Vorsitzende des Elternbeirats der Realschule Neubiberg, auch ohne dass sie ein aussagekräftiges Stimmungsbild abgefragt hat. Auch, weil der gewohnte Alltag in der Familie wieder gelebt werden könne.

© SZ vom 07.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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