Haushalt 2024:Dem Landkreis fehlen 52,3 Millionen Euro

Lesezeit: 2 min

Am Kalkulieren: Landrat Christoph Göbel, hier beim Spatenstich für den Schulcampus Deisenhofen im Juli, muss ein enormes Haushaltsdefizit abmildern. (Foto: Sebastian Gabriel)

Auch das reiche Münchner Umland bekommt die Krisen jetzt zu spüren. Der Kreistag muss in allen Bereichen sparen und die Kommunen werden wohl über eine erhöhte Umlage zur Kasse gebeten.

Von Stefan Galler, Landkreis München

Inflation, Krisen, Insolvenzen - die wirtschaftlichen Probleme sind alles andere als ausgestanden. Selbst am traditionell prosperierenden Landkreis München geht die aktuelle Situation nicht spurlos vorüber. Und so wurde bei der ersten Debatte über das Jahresbudget 2024 am Montagnachmittag im Finanzausschuss des Kreistags klar, dass das Geld bei weitem nicht mehr so locker sitzt wie früher. Landrat Christoph Göbel (CSU) sprach von einem erheblichen Fehlbetrag und sagte: "Wir müssen uns mit der Konsolidierung auseinandersetzen." In einem umfangreichen Vortrag wurden der neue Kämmerer Felix Heinrich und sein Vorgänger Markus Kasper, der mittlerweile Büroleiter des Landrats ist, konkret: Im Verwaltungshaushalt liege ein Defizit von 52,3 Millionen Euro vor. Dieses Finanzloch sei nur durch erhebliche Einsparungen in allen Bereichen zu stemmen. In einer ersten Umfrage in den Referaten des Landratsamtes kamen bereits potenzielle Streichungen in Höhe von 17,3 Millionen Euro zusammen.

Zusätzlich müsse die Kreisumlage, die Abgabe der 29 Städte und Gemeinden an den Landkreis, von 48 auf 49,9 Prozentpunkte erhöht werden. Alleine diese Maßnahme bringt dem Landkreis laut Kasper Mehreinnahmen in Höhe von 27,7 Millionen Euro. Doch selbst damit wäre das "klaffende Loch" (Göbel) im Haushalt noch nicht gestopft, es wäre dann lediglich auf 7,3 Millionen Euro reduziert.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Schon zu Beginn der Sitzung hatte Landrat Göbel klargemacht, dass man etwa beim Personal deutlich einsparen müsse. Es werde nicht nur keine zusätzlichen Stellen geben, es würden sogar 22 Vollzeitäquivalente abgebaut: Im Haushalt 2024 stehen nun 1302 Stellen, für 2023 waren das noch 1324. Stellenmehrbedarf in einzelnen Bereichen würde durch interne Umstrukturierungen gedeckt. Dass das jedoch keineswegs dazu führen wird, dass die Ausgaben im Personalbereich sinken, liegt laut Göbel an den höheren Tarifabschlüssen. "Das sind gewaltige Summen, an denen wir nichts bewegen können", sagte der Landrat. Tatsächlich kalkuliert die Kämmerei für 2024 mit 107,7 Millionen Euro, im aktuellen Haushaltsplan für 2023 stehen 95,0 Millionen an Personalkosten.

Und das ist nur einer von vielen Posten, die in der Zukunft steigen. Alleine die Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr gehen um mehr als zehn Millionen Euro nach oben, bei der Jugendhilfe wird mit einem Anstieg von über 14 Millionen auf 89,4 Millionen Euro kalkuliert. Und auch die Bezirksumlage, die Abgaben des Landkreises an den Bezirk Oberbayern, steigen - und zwar mutmaßlich um etwa 14 Millionen auf 335 Millionen Euro.

Die SPD fordert den Landrat auf, sich auf den Hosenboden zu setzen und seine Hausaufgaben zu machen

Im Vermögenshaushalt laufen die Ausgaben ebenfalls aus dem Ruder: Alleine 199,5 Millionen Euro muss der Landkreis 2024 den Schulzweckverbänden für all die neu gebauten oder sanierten weiterführenden Schulen zuführen, in den Jahren 2025 bis 2027 werden hier insgesamt weitere 246,9 Millionen Euro fällig. Schon jetzt wird mit einer zusätzlichen Kreditaufnahme von weiteren 50 Millionen Euro in diesem Jahr und 100 Millionen Euro 2024 kalkuliert. Göbel versuchte, die Gemüter zu beruhigen: "Ich will hier keine Untergangsstimmung prägen: Unseren Investitionen, etwa in die Schullandschaft, stehen Werte gegenüber."

Einige Kreisräte, so die Freien Wähler Barbara Bogner und Otto Bußjäger, appellierten ans Gremium, alle Möglichkeiten auszureizen, um die Kreisumlage nicht erhöhen zu müssen und damit die finanziellen Spielräume der Kommunen nicht zu beschneiden. Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) attackierte den Landrat frontal, nannte die Umlageerhöhung auf 49,9 Prozent werbewirksam ("klingt besser als 50 Prozent") und mahnte Göbel, seine "Hausaufgaben zu machen und sich auf den Hosenboden zu setzen", damit das Defizit ausgeglichen werde. Der Angesprochene reagierte ungehalten: "Es ist Ihre verdammte Pflicht als Kreisrat, den Haushalt durchzugehen und Einsparungen zu finden", sagte der Landrat und bezeichnete es als "total naiv" zu denken, es koste nichts, wenn der Landkreis Aufgaben der Kommunen übernehme. So mache alleine die Investition des Landkreises in die U-Bahnlinie 6 in Garching einen Prozentpunkt bei der Kreisumlage aus. "Der Garchinger Haushalt wird entlastet, weil der Landkreis Kosten übernimmt", sagte Göbel.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusEnergiewende
:36 000 Euro für einen Fernwärme-Anschluss

Nur wenige Meter liegt ein Haus in Ottobrunn vom Geothermie-Fernwärmenetz entfernt - doch die Stadtwerke München verlangen eine hohe Summe für einen Anschluss. Offenbar kein Einzelfall. Wie kann das sein?

Von Anna-Maria Salmen

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: