Am Vormittag des Heiligabends 2015 verfestigte sich auf der Wache der Freiwilligen Feuerwehr Ismaning eine Idee, die sich beharrlich im Ort gehalten hatte, aber bis dahin nicht konkretisiert worden war: Ismaning braucht etwas, um nicht nur Feuer zu löschen, sondern auch den Brand in der Kehle, kurz gesagt, eine eigene Brauerei.
Aus Spaß wurde Ernst und in den folgenden Monaten war man auf der Suche nach Mitstreitern. Und am 28. März 2017 konstituierte sich tatsächlich eine Brauereigenossenschaft mit 25 Mitgliedern. Drei Monate später wurde dann zum ersten Mal das "Ismaninger Hell" ausgeschenkt. Sofort zeigte sich: Das Interesse in der Gemeinde ist riesig.
Christian Dobmaier, einer von drei Vorsitzenden der Genossenschaft und stellvertretender Chef des Feuerwehrvereins in Ismaning, hatte das Gefühl, die Leute hätten nur auf ein eigenes Bier gewartet. Doch mit dem ersten Erfolg ließen auch erste Probleme nicht lange auf sich warten: Das Leergut wurde knapp. Deshalb kam es im Gründungsjahr immer wieder zu Lieferengpässen, wenn Träger und Flaschen nicht schnell genug zurückgegeben wurden.
Das Ismaninger Bier wird bis heute nicht in der Gemeinde gebraut. Für eigene Brauanlagen ist der Umsatz von etwa 100 Hektolitern pro Jahr noch viel zu gering. Deshalb wird der Gerstensaft in der Hallertauer Schlossbrauerei in Au im Landkreis Freising hergestellt, wo er auch gelagert werden kann. Einerseits konnte man so direkt mit Industriestandards und somit reproduzierbar in größeren Mengen brauen. Andererseits profitiere man von der Erfahrung der professionellen Braumeister, sagt Max Reisinger, Mitglied des Aufsichtsrats.
Denn es gibt eine Unzahl von Dingen zu beachten, bevor ein Bier tatsächlich marktreif ist, das hat Dobmaier schnell festgestellt. "Woher bekommt man einen Strichcode, welcher Zapfanschluss passt bei örtlichen Wirten, wie viele Kronkorken müssen bestellt werden?" Fünf bis zehn Stunden investiert Dobmaier heute pro Woche in die Brauereigenossenschaft, zu Beginn des Projekts war es deutlich mehr. Auch deshalb wollte man sich, neben den drei Brauern schnell Experten für verschiedene andere Bereiche ins Boot holen. Neben der reinen Braukunst gehören schließlich auch Felder wie Finanzierung, Marketing und Branding sowie im Ismaninger Fall Genossenschaftsrecht zum erfolgreichen Auftritt einer Biermarke.
Wahrzeichen auf dem Etikett
Reisinger, von Beruf IT-Berater, bringt beispielsweise seine technische Expertise ein. Eine weitere Spezialistin, die sofort von dem Projekt begeistert war, ist Irmgard Hesse. Die Mitbegründerin einer Designagentur arbeitete schon für Firmen wie BMW oder SAP und entwarf die Etiketten und Logos der Biermarke. Das Design des Hellen, der ersten gebrauten Sorte, wurde mehrfach ausgezeichnet und findet sich immer etwas abgeändert auch auf den anderen Sorten. Wahrzeichen des Ortes wie der Wasserturm und das Schloss zieren das Etikett ebenso wie kleine Kohlköpfe, die an das "Krautdorf" erinnern, das Ismaning einst war.
Eine Schnecke soll die bayerische Beharrlichkeit symbolisieren. Den Gedanken an ein Ismaninger Bier gibt es nämlich schon deutlich länger, wenn er auch zwischenzeitlich in Vergessenheit geriet. Bereits 1880 wurde einem Wirt der Gemeinde bescheinigt, selbst Bier brauen zu dürfen. Zuvor war man auf Lieferungen aus München und Freising angewiesen. Ob der Wirt je Gebrauch von seinem Privileg gemacht hat, ist jedoch nicht überliefert.
Heute sind zwei Biersorten fest im Sortiment. Das Helle und ein Weißbier, in der Festsaison kommt ein stärkeres Festbier, im November der malzig-dunkle Winterbock hinzu. Wichtig war für die Bierfreunde aus Ismaning, dass sich das selbstgebraute Helle zwar von den "Massenbieren" abhebt, dennoch sollte es einen milden, süffigen und etwas malzigen Geschmack bekommen. "Unfiltriert, ohne Ecken und Kanten", lautet die Beschreibung der Brauer. Sie bestehen zudem auf eine ursprüngliche Herstellung - natürlich nach dem Reinheitsgebot von 1516. Auf Zusatzstoffe, die moderne Brauereien oft verwenden und vor der Abfüllung wieder abfiltern, verzichten die Ismaninger bewusst. So behält das Bier eine gewisse Hefetrübung. Beim Weißbier setzen sich Schwebstoffe und Hefe nach einiger Zeit am Boden des Glases ab.
"Mittelfristig gibt es das Ziel, eine eigene Brauanlage in Ismaning aufzubauen", sagt Dobmaier, allerdings sei man erst im zweiten vollständigen Geschäftsjahr und wolle die Entwicklung der kommenden Jahre abwarten. An eine solche Investition bräuchte man bei einem Brauvolumen von unter 1000 Hektolitern jährlich auch gar nicht erst zu denken. Bislang ist der Markt auf Ismaning beschränkt, für eine eigene Brauerei bräuchte man deutlich größere Vertriebsstrukturen, mehr Kunden, mehr Leergut. Doch die Vision ist vorhanden und mit bayerischer Beharrlichkeit wird Flasche für Flasche auf dieses Ziel hingearbeitet.