Kulturpreis des Landkreises München:Kreativ, kindgerecht und kernbayerisch

Lesezeit: 3 Min.

Die drei Musen warten im Kleinen Theater Haar auf ihre Empfänger. (Foto: Sebastian Gabriel)

Landrat Christoph Göbel ehrt die Familienmusik Demmel, die Künstlerin Veronika Schattenmann und die Autorin Petra Breuer - und er findet bei der Feier im Kleinen Theater Haar bedenkenswerte Worte zur Rolle der Kultur in der Gesellschaft.

Von Udo Watter, Haar

Die Schönheit kann sich auf vielerlei Art offenbaren: im intimen Klangzauber von Zither, Geige und Harmonika, in rätselhaft-mythischen Farbkompositionen, in Kinderbüchern, die Geschichte lebendig werden lassen. Die Familienmusik Demmel aus Aying, die Künstlerin Veronika Schattenmann aus Riemerling sowie die Autorin und Herausgeberin Petra Breuer aus Aschheim haben 2023 den Kulturpreis des Landkreises München erhalten. Die Auszeichnung ist jetzt in einem feierlichen Akt im Kleinen Theater Haar verliehen worden.

"Die kleine Muse, die da gemütlich sitzt, mit einem bunten Farbklecks drauf", so beschrieb Landrat Christoph Göbel (CSU) die anmutige Holzfigur mit blauer Haarhälfte, welche er an diesem Abend dreimal vergab: in zwei kleineren Varianten und einer größeren - letztere an Hauptpreisträgerin Petra Breuer. Die Auszeichnung ist von Landkreis-Kulturreferent Rainer Klier initiiert worden und wurde zum zweiten Mal vergeben. Der Hauptpreis ist mit 1000 Euro dotiert, die beiden anderen Preisträger erhalten je 500 Euro.

In seiner Rede hob Göbel das hohe Niveau und den Reichtum des kulturellen Lebens im Landkreis München hervor. Abgesehen von diesen erwartbaren Elogen fand er auch bedenkenswerte Worte. Er zitierte Albert Schweitzer und dessen Analyse "kulturhemmender Umstände in unserem wirtschaftlichen und geistigen Leben" und verwies mit Blick auf fragwürdige Begriffe wie "Echtzeit" darauf, dass man heute schon mal "kapitulieren" könne "vor der Vielfalt der Nachrichten". Eine Kritik an Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit, während dagegen Humanität nur entstehe, "wenn sie sich Zeit lässt" - im Verbund mit Kultur. "Sie macht unsere Gesellschaft menschlich." Man müsse Kultur sehen, erkennen und pflegen.

Im Kleinen Theater Haar ging es an diesem Abend jedenfalls kultiviert und niveauvoll zu. Die Laudatoren - BR-Moderator Stefan Semoff, die oberbayerische Bezirksheimatpflegerin Astrid Pellengahr und Rudolf Neumaier, Geschäftsführer des Landesvereins für Heimatpflege - fanden bewegende Worte, wenngleich nicht jede Pointe saß und mitunter auch ein Hauch Pathos durchs Jugendstil-Ambiente wehte. Gewürdigt wurden vor den geladenen Gästen aus Kultur und Politik Protagonisten aus recht unterschiedlichen Genres. "Wurzelecht und kernbayerisch", nannte Semoff die Familienmusik Demmel, die in der Quintett-Besetzung Harmonika, Zither, Geige, Harfe und Cello ihr klangschönes Scherflein - neben dem Ignatius-Quartett - zum Gelingen des Abends beitrugen.

Das Lächeln der Preisträger: Veronika Schattenmann (Zweite von links), Maxi, Katharina und Max Demmel sowie Petra Breuer (rechts) freuen sich über die von Landrat Christoph Göbel (ganz links) überreichten Auszeichnungen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Während Semoff eine Lanze für die Volksmusik brach und die Empfindsamkeit, die sich in ihr ohne Beat und Groove entfalte, sowie die Qualität der Demmels lobte, die in den vergangenen Jahren mehrere Preise abgeräumt haben, verwies Neumaier nicht nur auf die seit vielen Jahren erfolgreiche, vom Stil her gern mit Marc Chagall verglichene Künstlerin Veronika Schattenmann, sondern auch auf die "Fantasie-Pädagogin". Schattenmann, die in Riemerling lebt, künstlerisch aber vor allem in Ismaning wirkt, wo sie ihr Atelier seit 1983 im Wasserturm hat, hat eben auch viele junge und ältere Menschen in ihrer Kreativität gefördert - an der VHS, mit Performances oder in der "Schule der Phantasie", die vom Kallmann-Museum initiiert wurde. Dessen langjährige Leiterin Gisela Hesse sowie ihr Nachfolger Rasmus Kleine begleiteten Schattenmann an diesem Abend quasi als Ismaninger Entourage. Zu sehen waren in Haar auch Bilder der von Neumaier wegen ihrer auffallenden "Herzlichkeit" gelobten Künstlerin, in denen sich ihre charakteristische märchenhaft-mythologische Welt in dichter, farbenfroher Atmosphäre zeigt - angereichert mit exotischen Wesen, rätselhaft und zugleich beschwingt.

Zum Hauptpreis gibt es ein Hörbeispiel

Als "außergewöhnliche Autorin und Herausgeberin" lobte Astrid Pellengahr die Hauptpreisträgerin Petra Breuer. Die Aschheimerin gilt als einfallsreiche, fantasiebegabte Kinderbuchautorin, die Schülern und Schülerinnen in ihren originellen Büchern die Geschichte von München und Umgebung auf spielerische Weise nahebringt. Unter anderem gibt es von ihr Ortschroniken, die sich mit der Aschheimer, der Ismaninger und der Kirchheimer Geschichte beschäftigen. Ihre Figuren wie der Drache Wiggerl, die Römerin Silva und der Bajuware Tassilo sind bei Aschheimer oder Kirchheimer Grundschülern alles andere als Unbekannte. Auch bei der Realisierung von historischen Hörpfaden in Kooperation mit BR und VHS war sie beteiligt. Einem besonders hübschen Beispiel durfte das Publikum in Haar lauschen, der "Athene von Dornach" - einer bronzenen Statuette, die 1994 entdeckt wurde. "Wie kann man eine Schönheit wie mich vergessen?", fragt die mehr als 2000 Jahre alte Statuette respektive Göttin Athene in dem Hörstück. "Werde ich jetzt endlich gerettet?" Sie wurde - und ist im Aschheim-Museum ausgestellt.

Ja, die Kultur, die Schönheit, sie müssen wohl immer wieder mal gerettet werden und es ist nicht das Schlechteste, dabei auch auf den Nachwuchs zu setzen. "Kinder sind das kritischste, aber auch das liebenswerteste Publikum", sagt Breuer.

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