Wer in diesem Sommer ein Eis essen möchte, muss tief in die Tasche greifen: Preise von zwei Euro für eine Kugel Eis sind, zumal in München, keine Seltenheit mehr. In Ottobrunn darf es in dieser Saison sogar noch ein bisschen mehr sein: An Sonn- und Feiertagen kostet etwa in der Eisdiele Cremagelato die Kugel Eis noch einmal zehn Prozent mehr als wochentags - damit liegt der Preis dann für eine Kugel bei stolzen 2,75 Euro. Wie kommt der Preis zustande und ist er gerechtfertigt?
Mitte der Achtzigerjahre kostete eine Kugel Eis im Durchschnitt noch 30 Pfennige, das sind umgerechnet 15 Cent, was einer Preissteigerung um das Zwanzigfache entspricht. Die erste kräftige Erhöhung gab es 2002: Mit Einführung des Euro verdoppelte sich vielerorts der Preis von den damals üblichen 50 Pfennig auf 50 Cent. Für die seither ständig steigenden Kugelpreise spielen viele Faktoren eine Rolle wie Portionsgrößen, erhöhte Betriebskosten, teurere Zutaten und höhere Netto-Löhne.
Letzteres ist auch der Grund, warum Cristiano Vinsenti in seiner Ottobrunner Eisdiele die Preise am Sonntag noch einmal um zehn Prozent erhöht hat. Der Aufwand, gutes Personal zu finden, werde oft unterschätzt, sagt der italienische Gelatiere. Auf Schüler und Studenten sei wegen der vielen Ferien während der Hochsaison kein Verlass, Erwachsene wollten den Job kaum noch machen. Mit der Preisanpassung möchte der Eisverkäufer für seine Mitarbeiter die Arbeit an Feiertagen lukrativer gestalten. Gute Arbeitskräfte seien die "Lebensqualität der Gastro", sagt Vinsenti. Um gutes Personal zu behalten, müsse er die Löhne an Sonn- und Feiertagen erhöhen.
Die Entscheidung habe bei seinen Kunden allerdings gemischte Reaktionen ausgelöst, räumt der Ottobrunner Eisdieleninhaber ein. "Die Erhöhung von zehn Prozent hat leider zu vielen negativen Bewertungen geführt." Dazu beigetragen haben dürfte auch, dass mehrere Fernsehsender bereits über seinen Sonntagszuschlag berichtet haben. Dabei stand immer das Motiv im Vordergrund: faire Bezahlung für die Mitarbeiter.

Rückendeckung bekommt der Ottobrunner Eishändler vom Deutschen Konditorenbund (DKB). Die Preise von früher wären heutzutage nicht mehr rentabel, erklärt dessen Präsident Gerhard Schenk: "Sehr oft werden nur die Zutaten in Betracht gezogen, aber der große Faktor sind nicht nur die Inhaltsstoffe, die Zutaten, sondern das ganze Drumherum." Vor allem Energiekosten und die Bürokratie sorgten für höhere Preise. So sei der Strompreis für die Herstellung von Eis um rund 300 Prozent gestiegen. "Das ist dem Verbraucher überhaupt nicht bewusst", sagt Schenk.
Günstige Preise und faire Löhne - das geht nicht zusammen
Hinzu komme der Aufwand des Dokumentationsprozesses. "Das ist Arbeitszeit, die dahintersteckt". Den Arbeitsaufwand, um nur die Lieferkette, Warenannahme, Temperaturmessung und Lagerung zu dokumentieren, schätzt der Vorsitzende des Berufsverbands auf 30 Prozent der gesamten Arbeitszeit. "Das war früher sehr viel anders." Und auch ein fairer Mindestlohn für alle Beteiligten der Produktionskette habe Auswirkungen auf die Preise. "Wir reden hier von einer Preisanpassung, keiner Preiserhöhung", sagt Schenk. Wenn man wolle, dass es jedem in dieser Kette gut gehe - Stapelfahrer, Müllentsorger, Eislieferanten - dann verteuere das eben das Endprodukt, so der gelernte Konditormeister. Die Kunden wollten aber vor allem günstige Preise.
Für industriell hergestelltes Eis aus der Kühltruhe seien Kunden jedoch bereit, drei Euro und mehr zu bezahlen, dabei habe ein solches Steckerleis gerade einmal 86 Gramm mit etwas Schokolade außen herum. "Da beschwert sich kein Mensch", sagt DKB-Präsident Schenk. In der Eisdiele werde das Eis dagegen von Hand qualitativ hochwertig hergestellt und ausgegeben. "Wenn das dann zehn oder 20 Cent teurer wird, dann bricht die Welt zusammen."