Münchner Norden:Angst vor noch mehr Durchgangsverkehr

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Die Kreisstraße M 3 ist eine viel befahrene Verbindung zwischen dem Föhringer Ring und der Autobahn A 99. (Foto: Florian Peljak)

Die Pläne für einen vierspurigen Ausbau der Verbindung zwischen Föhringer Ring und A 99 stoßen in Unterföhring überwiegend auf Ablehnung. Kommunalpolitiker fürchten, dass damit das neue Münchner Stadtviertel bei Johanneskirchen erschlossen werden soll.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

In Unterföhring gibt es starke Vorbehalte gegen einen vierspurigen Ausbau der Kreisstraße M 3. Weil die Verbindung zwischen Föhringer Ring und neuer Autobahnanschlussstelle der A 99 am Ende die einzige veritable Erschließung des großen Wohn- und Geschäftsquartiers der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) in München-Johanneskirchen sein könnte, sind im Gemeinderat die Gegner der Ausbaupläne in der Mehrheit. Mit der Verbreiterung der Straße verbunden ist das Vorhaben, die M 3 zur Staatsstraße umzuwidmen und so dem Freistaat zu unterstellen; im Gegenzug könnte die bisherige Staatsstraße 2053 zwischen Ismaning und Unterföhring herabgestuft werden.

Landrat Christoph Göbel (CSU) wurde in der Unterföhringer Bürgerversammlung mit dem Thema konfrontiert. Josef Trundt, der Vorsitzende der lokalen Agenda, hatte schriftlich angefragt, wie weit die Überlegungen zum Ausbau der M 3 auf vier Fahrstreifen gediehen sind und ob das Verfahren zur Umstufung besagter Straßen bereits beantragt ist. Während Göbel zu Planungsstand und Planreife nichts sagen konnte, bestätigte er die beantragte Umstufung. Diese sei sinnvoll, so der Landrat, denn die Verkehrsbelastung der M 3 sei so hoch, dass sie enorm von jener einer Kreisstraße abweiche.

Außerdem habe die M 3 bereits heute ihre Kapazität erreicht, was sich wochentags zu den Stoßzeiten beobachten lässt. Morgens quälen sich unzählige Autos von der A 99 ins Unterföhringer Gewerbegebiet oder in die Stadt München, abends das gleiche Spiel in Gegenrichtung. Für Göbel ist der Ausbau der M 3 deshalb unabdingbar: "Die Zahl der Fahrzeuge steigt und was wir heute tun, wirkt sich in 20 Jahren aus." Dennoch ist auch der Landrat der Ansicht, dass die so wichtige Verbindung nicht als einzige Anbindung der SEM fungieren kann. Wird die M 3 hochgestuft, dann biete sich eine Umwidmung der Staatsstraße 2053 an, die Ismaning und Unterföhring verbindet, was "üblicherweise der Zweck einer Kreisstraße" sei, meinte der Landrat.

Im Staatlichen Bauamt Freising weiß man seit geraumer Zeit von diesen Überlegungen, wie die zuständige Mitarbeiterin Tanja Scheibel berichtet. Momentan würden die Anträge geprüft. "Auf den ersten Blick sieht es so aus, dass eine Umwidmung der M 3 sinnvoll ist", bei der Staatsstraße 2053 sei dies ebenfalls denkbar. Beide Verkehrsverbindungen müssten natürlich "in Zusammenhang" gesehen werden, sagt Scheibel, ohne ein Zeitfenster für die zwei unabhängigen Verfahren nennen zu können. "Corona tut sein Übriges", so Scheibel, die Pandemie habe auch Auswirkungen auf die Straßenbaubehörde und deren Projekte.

Darauf verweist auch der Unterföhringer Bürgermeister. Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) ist zwar offen für eine Umwidmung der M 3 zur Staatsstraße, den vierspurigen Ausbau lehnt er dagegen rundweg ab: "Die Voraussetzungen haben sich durch die Corona-Krise geändert, eine Vielzahl von Beschäftigten arbeitet im Home-Office." Dadurch habe der Verkehr abgenommen, eine Erweiterung der Verbindung "ist aktuell nicht notwendig", sagt Kemmelmeyer. Und: "Als Erschließung für die SEM steht die M 3 mit mir nicht zur Verfügung", kündigt der Unterföhringer Rathauschef an. Nach Kemmelmeyers Worten sollte sich die Verkehrspolitik ohnehin anderen Wegen öffnen: Seilbahnen etwa oder Carsharing-Modellen.

Die PWU-Fraktion im Gemeinderat teilt diesen Standpunkt. Vorsitzende Simone Spratter betont, dass es wenig sinnvoll wäre, die M 3 zu ertüchtigen, während alle anderen Knotenpunkte außen vor blieben, wie etwa die B 471 zwischen Ismaning und Garching. Da müsse man mit den Nachbarn reden, um ein Konzept für den ganzen Bereich zu finden, so Spratter.

Keinen "akuten Handlungsbedarf" zum Ausbau der M 3 angesichts des derzeit tendenziell eher rückläufigen Kfz-Verkehrs sieht auch die CSU-Fraktion. Wichtig ist ihrem Sprecher Manfred Axenbeck, hier die Entscheidungen der Stadt München hinsichtlich der Erschließung des SEM-Gebietes abzuwarten. Für die Unterföhringer CSU gibt es andere Prioritäten wie die Ertüchtigung des Allguth-Kreisels und den Bau eines weiteren Bypasses von der Dieselstraße auf den Zubringer des Föhringer Rings in südwestliche Richtung, um den Verkehr in den Abendstunden aus dem Gewerbegebiet zu entzerren.

Einzig die SPD begrüßt die Pläne

Die Unterföhringer Grünen-Gemeinderäte betrachten die Pläne mit Sorge: Man sei nach wie vor der Auffassung, dass wer "Straßen sät, Verkehr erntet", heißt es in einer Stellungnahme. Sollte der Ausbau tatsächlich kommen, müsse es unbedingt parallel dazu weitere Maßnahmen geben, wie beispielsweise mehr Buslinien oder Schnellradwege. Die Grünen machen sich keine Illusionen: "Im Grunde" diene die Erweiterung der M 3 doch der Anbindung SEM mit ihren 30 000 Einwohnern. Trotz eines Ausbaus werde die Straße schnell wieder volllaufen, mit weitreichenden Folgen für die Verkehrsflüsse nach Unterföhring, vor allem ins Gewerbegebiet.

Was die Straße zwischen Ismaning und Unterföhring angeht, haben sich die Grünen bereits vor drei Jahren festgelegt. Sie wollen aus der Ortsdurchfahrt keine Kreis-, sondern eine Gemeindestraße machen. Unter welchen Bedingungen das möglich werden könnte, ist unklar: Das Staatliche Bauamt habe sich dazu noch nicht geäußert.

Eine Umwidmung der Staats- in eine Gemeindestraße kommt hingegen für die örtliche SPD überhaupt nicht in Frage. Fraktionsvorsitzender Philipp Schwarz versteht nach eigenen Worten "einfach nicht", warum Dritter Bürgermeister Johannes Mecke (Grüne) ständig von einer "Ortsstraße" spricht, "wenn wir unsere Finanzen dadurch unnötig belasten werden". Was die M 3 angeht, sei eine Hochstufung zur Staatsstraße sinnvoll, genau wie der vierspurige Ausbau mit einem zweiten Kreisel im Norden zur Anbindung des Unterföhringer Gewerbegebiets, so Schwarz.

Die Verbindung zwischen Ismaning und Unterföhring von der Staats- in eine Kreisstraße umzuwandeln, begrüßt die SPD. Auf diese Weise wäre der Landkreis Baulastträger, Unterföhring hätte dann aber trotzdem die Möglichkeit, die Ortsdurchfahrt nach seinen Vorgaben umzugestalten und zurückbauen. Für die Sozialdemokraten ist es zudem unbedingt erforderlich, mit der Gemeinde Ismaning einen gemeinsamen Weg finden, um die Anbindung des Agrob-Medienparks zu optimieren.

"Sonst wächst das Ismaninger Gewerbegebiet weiter und ist rein über die Münchner Straße durch Unterföhring von Süden erschlossen", befürchtet Schwarz. Und: Vor einem Ausbau der M 3 muss nach Meinung der SPD endlich die unerträgliche Ampel am Kieswerk verschwinden. Durch die Ampel werde die M 3 als Umfahrung unattraktiv und "die Chancen sinken, dass wir den Verkehr aus der Münchner Straße und unserem Ort herausbringen", klagt Schwarz.

© SZ vom 04.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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