Kreis und quer:Himmelfahrtskommando am Vatertag

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Im Landkreis München gibt es viele Menschen, die nach Höherem streben. Ausgerechnet an Christi Himmelfahrt aber geht es einigen vor allem um Hochprozentiges.

Kolumne von Udo Watter, Landkreis München

Die Ludwigshöhe bei Kleindingharting. Die ersten Erhebungen zwischen Baierbrunn und Ebenhausen. Eine Aussichtsbank bei Aying. Wer hier seinen Blick bei klarem Wetter gen Süden schweifen lässt, entlang der nördlichen Alpengalerie, der wird Horst Seehofer - auch wenn er den früheren Ministerpräsidenten sonst womöglich für einen Vollhorst hält - zustimmen in seinem Bonmot von Bayern als "Vorstufe zum Paradies". Schee is scho. Anders gesagt: Wer den Himmel der Bayern über dem Kopf hat, der braucht keine Angst vor transzendentaler Obdachlosigkeit zu haben.

Das schließt freilich nicht aus, dass sich auch die Menschen hierzulande zu Höherem berufen fühlen, ambitioniert nach oben streben: mitunter sogar bis in die Weiten des Alls. Kaum eine Region in Deutschland ist weltraum-affiner als der Landkreis München: In Ottobrunn und Taufkirchen haben sich etliche Start-ups und Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrtindustrie angesiedelt, hinzu kommen Universitätseinrichtungen von TU und Bundeswehr in Ottobrunn und Neubiberg, die sich mit Weltraumforschung und Raumfahrttechnik beschäftigen (manche sprechen vom "Space Valley" im Münchner Süden). Der Sitz der Europäischen Südsternwarte ist am Gelände des Garchinger Forschungszentrums, wo überdies Astrophysiker Schwarzen Löchern auf den Grund gehen und Nobelpreise dafür gewinnen. Und nicht zuletzt ist das Kurt-Huber-Gymnasium in Gräfelfing Kooperationsschule des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen, eine 9. Klasse hat sich jüngst an einem experimentellen Projekt mit dem deutschen Astronauten Matthias Maurer beteiligt

Bei Christi Himmelfahrt vor rund 2000 Jahren handelt es sich nicht um einen frühchristlichen Versuch, Astronaut zu werden. Das haben Bibel-Exegesen ergeben. Jesu Bedürfnis, 40 Tage nach seiner Auferstehung gen Himmel zu fahren, könnte man eher so deuten, dass er seinem Vater (von dem er sich ja an Karfreitag verlassen fühlte) wieder näher sein wollte. Insofern gäbe es sogar einen sakral-psychologischen Zusammenhang zwischen dem alten christlichen Feiertag und dem säkularen Vatertag, den es in Deutschland seit Ende des 19. Jahrhunderts gibt, und der am selben Tag (oft mittels trinkfreudiger "Herren"-Ausflüge) gefeiert wird. Wahrscheinlich war dieser aber eher eine Idee von findigen Brauereiunternehmen.

Das Wetter rund um München soll ganz gut werden an Christi Himmelfahrt alias Vatertag. Auf welche Art ihn aber zelebrieren? Als spirituellen Höhenflug oder hochprozentigen Ausflug? Wer sich für letzteres entscheidet, für den wird der Tag mit zunehmender Dauer vielleicht eh zum Himmelfahrtskommando. Es soll indes auch Väter geben, die ihn zusammen mit Frau und Kindern feiern.

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